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Feuerbluete 01 - Feuerbluete

Feuerbluete 01 - Feuerbluete

Titel: Feuerbluete 01 - Feuerbluete
Autoren: Katja Brandis
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durch den Stoff seine Formen zu erahnen. Es würde wunderschön sein, das wusste sie. Wochenlang hatte ihr Vater daran gearbeitet und er war einer der besten Waffenschmiede auf Daresh. Was für Juwelen er wohl verwendet hatte? Welche Form der Griff hatte? Was für ein Gedicht in die Klinge eingraviert war?
    Die Versuchung, es auszupacken, im harten silbernen Licht der ersten beiden Monde einen ersten Blick darauf zu werfen, war fast übermächtig. Doch dann zwang sich Alena das Schwert wieder zurückzulegen. Zu gefährlich. Vielleicht konnte der Rat irgendwie merken, dass sie es schon vor der Übergabe berührt hatte. Und dann bekam sie einen Riesenärger. Halt durch, sagte sie sich. Ein paar Tage noch. Dann hast du es sowieso!
    Zwei Tage später kamen sie durch das Dorf Selojas, den letzten Ort vor dem Turm des Gildenrats. Dafür, dass hier nur dreißig Hütten standen, waren ungewöhnlich viele Leute da. In den Straßen wimmelte es von Schwertmeistern in ihrer schwarzen Tracht, stämmigen Erzschmelzern, Metallgießerinnen, Mädchen und jungen Männern mit der typischen kurzen Haartracht von Lehrlingen. Klar, dachte Alena, die sind alle wegen der Meisterprüfung da. Doch dann sah sie eine Ankündigung, eine Schriftrolle, die jemand an eine Wand genagelt hatte. »Ach so, hier soll morgen eine Kundgebung stattfinden«, meinte sie. »Irgendein weiser Mann.«
    »Wie nennt er sich?« Rena überflog die Ankündigung. »Heiler vom Berge ... kenne ich nicht.«
    »Er soll unglaublich sein«, sagte eine Frau, die neben ihnen stand. »Schon seit Tagen kommen Menschen her um ihn zu hören. Lasst euch das nicht entgehen!«
    »Klingt gut. Mal schauen - wenn wir Zeit haben«, sagte Rena. Alena nickte. Heiler klang nicht sehr spannend. Aber er musste einiges zu bieten haben um so viele Leute anzuziehen.
    Sie verließen das Dorf, überquerten eine flache Hügelkette und erreichten kurz darauf den Turm des Gildenrats. Massig und dunkel ragte er aus der Ebene auf. Er war viel größer, als Alena erwartet hatte. Ein Kreis silbrig heller Flammen loderte um ihn herum, schützte ihn vor Angriffen. Kaltes Feuer, dachte Alena und ihr Herz schlug schnell.
    Außerhalb des Feuers gruppierten sich Hunderte von schwarzen Zelten um den Turm - irgendwo mussten die vielen anderen Lehrlinge, die morgen ihre Meisterprüfung ablegen würden, ja bleiben.
    »Oje, wir haben gar kein Zelt mitgenommen«, sagte Alena. Sie würden sich blamieren, indem sie als Einzige auf den Boden schlafen mussten!
    »Wir brauchen auch keins - wir haben ein Zimmer im Turm«, sagte Rena. »Das ist so üblich, wenn ein Elternteil Meister vierten Grades ist. Und bei dir sind ... waren ... es ja sogar beide ...«
    Alena nickte verblüfft. »Ach so.«
    Wenn sie darüber nachdachte, war das eigentlich nicht weiter erstaunlich. Es gab nicht viele Meister vierten Grades, in jeder Gilde nur ein paar Hundert. Gemeinsam wählten sie den Hohen Rat, nur sie hatten ein Stimmrecht. Klar, dass sie dann auch besondere Privilegien haben, dachte Alena.
    Sie hatten sich schon an ihrem letzten Rastplatz umgezogen und ihre besten Kleider angelegt. Alena trug eine schlichte schwarze Tracht, Rena war ganz in Weiß. Viele erstaunte Blicke folgten ihnen, als sie durch das Lager in Richtung des Turms gingen. Alena war die Aufmerksamkeit, die sie bei den anderen Jugendlichen erregten, peinlich. Weiß, meine Güte! Da sah man ja sofort, dass sie als Einzige hier einer anderen Gilde angehörte! Doch Alena merkte schnell, dass viele Meister und Meisterinnen Rena respektvoll grüßten, zu wissen schienen, wer sie war. Rena grüßte freundlich zurück und tat so, als beachte sie die Blicke gar nicht.
    Am Tor meldeten sie sich an und bekamen Bescheid, dass die schriftliche Prüfung schon heute stattfinden würde und Alena am nächsten Morgen als sechsundzwanzigste Kandidatin für die praktischen Übungen dran sei. Sie gab das Messer, ihre Meisterarbeit, zur Beurteilung ab, dann kümmerte sich niemand mehr um sie.
    Das Zimmer im Turm war eins der Gästezimmer für Meister auf der Durchreise. Es war mit wertvollen schmiedeeisernen Möbeln ausgestattet, auf dem steinernen Boden lag ein schwarz-orangefarbener Teppich aus Kirwani-Wolle. Alena warf ihre Sachen auf eins der beiden Betten und ließ sich darauf nieder. Sie fühlte sich verloren und unruhig. Rena lächelte ihr zu. Alena schaffte es nicht, zurückzulächeln. Ihr ging zu viel durch den Kopf. »Erfährt man eigentlich vorher, wer einen prüfen wird?
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