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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition)
Autoren: Stefanie Simon
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ließ die Schlinge sinken und wandte sich wieder Royia zu. Er packte den Menschentöter und riss ihn aus seinem Arm. Dieser Schmerz war bedeutungslos. Auch Naaves Messer nahm er an sich. Der andere ließ den Speer los. Dann waren sie verschwunden.
    Naave kroch an seine Seite. Ihr Gesicht, so weiß wie die Schaumkronen auf dem tosenden Trennenden, schwebte dicht über seinem. Er spürte seinen Körper nicht mehr. Aber er sah in ihren Augen, wie schlimm es um ihn stand. Diesen Speer konnte er nicht wegbrennen. Der Schaft war aus Bronze.

    Er lag gekrümmt auf der Seite, die schweißnassen Hände um den Speer geklammert. Die Feuerzeichnung in seinem Gesicht war gänzlich verschwunden; sogar seine Narben waren kaum noch zu sehen. Naave versuchte eine seiner Hände zu lockern, aber das ließ sie schnell bleiben, da er bei der kleinsten Berührung aufstöhnte. Licht quoll zwischen seinen Fingern hervor und bildete unter ihm eine Lache. Naave beugte sich über ihn. Auch aus der schrecklich aufgerissenen Rückenwunde floss glühende Lava.
    Nein, nein, nein  …
    Sie hatten gewusst, dass es gefährlich werden würde. Doch dies … Naave würgte. Nicht vor Ekel. Vor Angst.
    »Es tut mir leid«, hörte sie die Stimme der Göttin durch das Dröhnen des Blutes in ihren Ohren.
    Naave hob den Kopf und wischte sich die tränennassen Haare aus dem Gesicht. »Es tut dir leid? Hättest du es nicht verhindern können?«
    Die erstarrte Miene der Göttin erinnerte an die Zois. Nur war sie von reifer, aber zeitloser und kalter Schönheit. Eine Statue hätte sie sein können, wie sie unbeweglich und erhaben auf ihrem Thron saß. Ihrem Thron? In einem Winkel ihres erschöpften Verstandes fiel Naave die Widersprüchlichkeit auf. Gab es keine Rettung? Er war doch ein Gott! Aber Götter konnten sterben. »Hilf ihm doch!«, schrie sie der kalten Göttin zu. »Bist du dazu nicht fähig?«
    Die Göttin ballte eine Hand zur Faust und öffnete sie wieder. »Ich bin die Herrin der Welt. Ich wäre fähig. Und bin es doch nicht.«
    Seine Hand, mit der er Naave berührte, war so glühend, dass sie beinahe zurückgezuckt wäre. Mühsam öffnete er die Augen. Das Weiße darin leuchtete wie Metall in der Glut. Unendlich behutsam berührte sie seine Wange. Sein Körper zuckte; er schwitzte und litt, wie es jeder Mensch getan hätte.
    »Stirb nicht«, flehte sie ihn an. »Ich kann doch nicht schon wieder jemanden verlieren. Nicht dich. Nicht dich, hörst du?«
    Seine Lippen formten ihren Namen. Naave. Sein Blick sagte so viel mehr: Mag der Tod nah sein, du bist es wenigstens auch.
    Dann drehte er den Kopf nach der Göttin. Er stemmte den Ellbogen auf den Boden. Seine andere Hand stützte den Speer. So schob er sich Handbreit um Handbreit auf den Thron zu. Dieser Anblick, wie er sich vorwärtskämpfte, dabei keuchte und vor Schmerzen schrie, war noch grausiger, als die Götter in ihrem ewigen Leid zu sehen. Naave schlug sich gegen die Stirn, weil sie es anders nicht ertrug. Wären sie doch niemals hierherauf gekommen! Was scherte sie die Welt, wenn Royia starb?
    »Xocehe …« Sogar der Speichel, der ihm aus dem Mundwinkel rann, glühte. »Xocehe, warum … du? Wo …«
    Er krümmte sich. Naave kroch ihm nach und stützte seinen Kopf. Er erbrach glühendes Blut.
    »Warum ich hier sitze und nicht Toxina Ica? Das fragst du dich, nicht wahr?«
    Das gänzlich aus Gold gefertigte Gewand umschloss den Leib der Göttin so fest, dass Naave sich unwillkürlich fragte, wie sie atmen konnte. Im tiefen Ausschnitt dieses Kleides waren Narben zu sehen. Narben, wie Royia sie besaß, doch in willkürlicher Unordnung. Diese steife, kühle Frau war Xocehe, die Göttin des achten Mondes? »Du bist die Göttin der Heilkunde!«, rief Naave flehentlich. »Du kannst ihm helfen, bitte, bitte! «
    Der Blick der Göttin wanderte langsam zu Naave. »Das könnte ich«, erwiderte sie. »Aber ich habe mir geschworen, mich nicht in das Schicksal einzumischen. Einzig, dass ich die Botschaften an die Erwählten schickte, habe ich mir erlaubt.«
    »Die Schriftzeichenhölzer«, stieß Royia hervor. »Sie sind von dir? Du hast sie gekerbt?«
    »Mit eigener Hand.«
    »Der Mann, der sie mir brachte …«
    »War irgendjemand. Ein Unbedarfter, der nichts begriff und einfach nur gehorchte.«
    »Hättest du mir …« Ein Blutschwall unterbrach ihn, und er würgte und hustete. »Hättest du mir nicht ins Angesicht sagen können, dass das Leben im Licht eine Lüge ist?«
    »Das hätte
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