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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition)
Autoren: Stefanie Simon
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zurückgekehrt«, sagte er. Nichts an seiner Haltung oder seiner Stimme verriet, dass er zu jenen gehörte, die Royia tot sehen wollten.
    »Und du«, der Toxinac wandte sich Naave zu. »Du bist also die Tochter Tlepau Aqs. Und du bist gekommen, zu tun, was dein Vater tat: auf den Berg gehen, was dein gutes Recht ist. Dein Vater war jedoch klug genug, mit seinem Wissen nichts anderes zu tun, als es tief in seinem Herzen zu begraben. Es wäre gut, wenn du ebenso handeln würdest. Aber da du ihn mitgebracht hast, fürchte ich, ist jeder Rat in den Wind geschlagen. Bedenkt bei allem, was ihr dort oben vorfindet, dass jede Veränderung, die ihr gewiss herbeizuführen wünscht, eine Veränderung der Welt bedeutet.«
    Er machte einen Schritt zur Seite, als gebe er damit den Weg frei. Naave musste sich zwingen, ihre Füße über den glatten Boden zu bewegen. Mit einem solch merkwürdigen Empfang hatte sie nicht gerechnet. Eher damit, dass eine Reihe schwerbewaffneter Wächter den Eingang versperrte und dass alle vierzehn Toxinacen auf sie einbrüllten, sie solle verschwinden. Doch die Wirkung war verblüffend: Die Furcht, in diesen finsteren Gang einzutreten, sprang sie mit aller Macht an.
    Will ich denn die Welt verändern? Das ganz sicher nicht! Ich will nur die Wahrheit wissen, und das vor allem um Royias willen.
    Doch als sie in die tiefgründigen Augen des Toxinacen blickte, ahnte sie, dass er es darauf angelegt hatte, diese Furcht zu wecken. Entschlossen straffte sie sich, nickte Royia zu und ging auf den Eingang zu.
    Die fahle Düsternis, in der die abgestandene Luft streng nach Fledermauskot roch, ließ das Innere wie irgendeine Höhle erscheinen. Kleine Tierskelette und Spinnweben hingen in ihren Ecken. Aber nach einigen vorsichtigen Schritten entdeckte Naave eine aus dem Fels gehauene Treppe, die in völlige Schwärze führte.
    »Allein würde ich da niemals hinaufgehen«, murmelte sie. Royia schob sich an ihr vorbei und stellte einen Fuß auf die erste Stufe.
    »Mein Toxinac hatte mich hinaufgeführt.«
    » Dein Toxinac?«
    »Der Priester des Tique. Der, den ich später getötet habe. Bleib dicht hinter mir.«
    Schaudernd gehorchte sie. Bald sah man nicht mehr die Hand vor Augen. Ihr Inneres gaukelte ihr Schrecknisse in den Schatten vor, und am liebsten hätte sie kehrtgemacht, wäre es hinter ihr nicht ebenso dunkel. So zwang sie sich, ihre Gedanken allein auf Royia zu richten, an dessen Hand sie sich festhielt und der erzählte, wie es war, als er diese Treppe hinaufgestiegen war. Dankbar ließ sie sich von seiner Stimme ablenken, doch als er stehen blieb, hätte sie nicht sagen können, wovon er gesprochen hatte. Sie hätte nicht einmal sagen können, wie viel Zeit verstrichen war. Ganz sicher war der Weg bis hierher nicht lang gewesen, doch er war ihr wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen.
    »Wir können nicht weiter«, sagte er. »Wir müssen warten, bis sich der eigentliche Gang für uns öffnet.«
    »Und wie lange?«
    Sie hörte ihn Atem holen für eine Antwort, da kam ein Grollen aus der Tiefe des Berges. Royias Arm lag beruhigend um ihre Schultern.
    »Nicht so lange wie letztes Mal«, erwiderte er trocken. »Erschrick jetzt nicht.«
    Ein plötzlich aus der Schwärze hervorschießender Lichtstrahl hüllte Royia in grünlichen Schimmer ein. Hielte er sie nicht, wäre sie vor Schreck die Treppe hinabgefallen. Knirschend zog sich der Fels zurück. Wie war das möglich? Naave sah einen weiteren Gang, doch dessen ebenso zerklüftete Wände erstrahlten in einem glänzenden Grün. Jade, ein Gang aus Jade. Goldene Einschlüsse leuchteten wie die Sonne selbst. Der Boden war vollkommen glatt. Kein Stäubchen verunzierte die Pracht. Die Luft war warm, aber nicht mehr unangenehm stickig.
    »Was jetzt kommt, ist auch für mich neu.« Royia sprach leise, ging leicht vorgebeugt, die Hand mit dem Menschentöter erhoben. Immer wieder legte er den Kopf in den Nacken, denn der Gang war schmal, aber hoch.
    Er fuhr aus, um Tante Nanxi zu holen. Er umschwirrte Muhuatl, als er verbrannte. Er stürzte sich hinab in den Fluss, um dem ertrinkenden Tlepau Aq zu folgen. Er ist überall. Auch hier …
    Der Schatten stürzte sich in Naaves Kopf, ließ sie innerlich erfrieren. Sie wankte, presste die Hände an die Stirn. Der Tod war hier! Merkte Royia es nicht? Nein, er war ja ein Gott; er nahm den Tod nicht wahr.
    Ihre Knie knickten ein. Ihr Kopf wollte bersten. Royia nahm sie auf die Arme und trug sie weiter. Verschwommen sah sie sein
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