Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Autoren: Lisa Graf-Riemann
Vom Netzwerk:
ersetzen, wenn eine Gruppe von Leuten mehrere raciones [ra thjo nes] (Portionen) bestellt und sich gemeinsam durchprobiert. Das nennt man dann tapeo [ta pe o].
    Was als Tapa gereicht wird, ist von Region zu Region und Lokal zu Lokal verschieden. Das geht von einfach und preiswert – ein Tellerchen Oliven, gesalzene Mandeln, ein Stück Weißbrot mit chorizo [tscho ri tho] (Paprikawurst) oder ein paar Fleischbällchen, albóndigas , – bis raffiniert: frittierte Babytintenfische, puntillitas [punti ji tas], oder vieiras [ bjäi ras], Jakobsmuscheln. Und es kann schnell teurer werden als ein einfaches menú del día (Tagesmenü), wenn man sich hier durchprobiert.
    Tapa heißt wörtlich »Deckel«. Man sagt, dass schlaue Wirte früher die Gläser ihrer Gäste mit Brotscheiben abdeckten, die mit salziger Wurst oder Käse belegt waren. Das war einmal als Schutz vor Insekten gedacht, vor allem aber zur Ankurbelung des Getränkeumsatzes. Nach einer anderen Legende wurden die Wirte zu Zeiten von König Alfonso X von Kastilien angewiesen, den Kutschern zum Wein auch etwas zu essen zu servieren und damit für mehr Sicherheit auf den Wegen und Gassen zu sorgen. Diesen Zweck erfüllen Tapas übrigens noch heute. Bei jeder nächtlichen Kneipentour dienen die kleinen Leckereien auch ganz praktisch als Alkoholbremse. Basken nennen ihre Tapas übrigens pintxos oder pinchos [ pin tschos], was im Spanischen eigentlich »Spießchen« bedeutet.

4. Tom und Lena gehen essen
    oder: ¡Hola, camarero!
    »Okay, okay, Lena«, sagt Tom, »ich muss dir Recht geben. Jetzt so im noch von Mama gebügelten Hemd, schicker Hose und geputzten Halbschuhen fühle ich mich fast wie ein Minister, und es ist ein gutes Gefühl, nicht wie der letzte Ballermanntourist auf Restaurantsuche zu gehen. Aber nun wird es auch wirklich Zeit, dass ein feines Lokal am Horizont auftaucht.« Tom hat sich mit einer Packung Kartoffelchips, die patatas fritas heißen, genauso wie die Pommes frites, über seinen Heißhunger hinweggerettet. Lena hat ihn überreden können, sich noch schnell umzuziehen, denn wenn die Spanier sich schon für die Strandpromenade so herausputzen, dann erscheinen sie im Restaurant bestimmt nicht in Shorts und Sandalen. Es ist mittlerweile fast 22 Uhr, da kehren Hunger und Durst zurück. Die beiden entscheiden sich für das Restaurante Casa Pepe, in dem sie zuvor den Kellner beim Tischdecken gestört hatten. Es sah sehr angenehm aus. Nun ist es fast voll. Die Stimmung scheint gut, die Gäste unterhalten sich lautstark, Gelächter, Geschirr- und Gläserklappern. Alles fröhlich, alles lustig. Das ist ganz nach Toms Geschmack, denn »hier rührt sich was!«.
    »Da hinten ist noch ein Tisch frei. Los, den nehmen wir, bevor ihn uns noch jemand wegschnappt!« Und schon stürmt Tom los. Lena bleibt gar nichts anderes übrig, als ihm hinterherzulaufen. Tom winkt ihr vom eroberten Platz aus zu, als habe sie auf dem Weg die Orientierung verloren. Na ja, denkt sie, dann ist bestimmt auch der Kellner schon auf uns aufmerksam geworden.
    Sie sitzen nun beide am Tisch, der Kellner hat alle Hände voll zu tun in dem gut besuchten Lokal. Sie warten. »Also die Karte könnte er uns aber schon langsam mal bringen.« Tom beginnt schon wieder ungeduldig zu werden. Er hat Durst, er hat Hunger und er fühlt sich übersehen. »Wie ruft man denn den Kellner?«, fragt er Lena, aber die zuckt nur mit den Achseln. Das habe sie noch nicht herausgekriegt und in ihrem Spanischbuch stünde nichts darüber, das wüsste sie. Dezente Handzeichen zeigen keine Wirkung, denn der Kellner kommt selten in ihre Nähe, und wenn, wirkt er äußerst beschäftigt. Als er das nächste Mal vorbeihastet, ruft Tom laut und etwas unwirsch ¡Hola! , denn das heißt doch »Hallo«. Der Kellner dreht sich kurz zu ihm um, ruft ebenfalls ¡Hola! und hastet weiter. Einige Gäste lachen über die Szene. Tom und Lena fühlen sich unbehaglich. Der Kellner kommt nun doch mit der Karte zurück und nimmt die Getränkebestellung auf. Lena bestellt ein Viertel Rotwein und Tom bestellt ebenfalls Rotwein, ebenfalls ein Viertel.
    Die Speisekarte ist umfangreich und Tom sucht vergeblich nach einem englischen oder deutschen Teil. Schon die Einteilungen erscheinen ihm seltsam: Primeros, Segundos . Heißt das nicht »erster, zweiter«? Ach so: erster Gang, zweiter Gang! Aber das ist Tom für den ersten Abend alles zu kompliziert. Als der Kellner einen halben Liter Rotwein in einer Glaskaraffe bringt – zwei Viertel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher