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Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Küste liegt.«
    In der Stadt sind die Umzüge im vollen Gang und im Nu ist die Speicherkarte von Lenas Digitalkamera voll. Ihr Kopf dröhnt von den Trommlern und Flötenspielern, die nicht alle Virtuosen auf ihrem Instrument sind, aber dafür immer laut. Jemand reicht ihr eine bota , einen ledernen Weinschlauch, und obwohl sie ahnt, dass man das Trinken daraus wahrscheinlich können muss, versucht sie ihr Glück. Sie schafft es, dass der Strahl in ihrem Mund landet und nicht ihr gelbes Sommerkleid bekleckert, ist aber weniger erfolgreich beim gleichzeitigen Trinken und Schlucken und prustet eine satte Portion Rotwein Richtung Diego, der blitzschnell in Deckung geht. Der Rest landet doch auf ihrem Kleid. »Ruiniert«, denkt Lena.
    »Ich kann bald nicht mehr stehen«, jammert sie nur wenig später. »Können wir uns nicht auf die Stühle am Straßenrand setzen?« Aber die sind alle belegt oder reserviert. Dafür haben die Leute Geld bezahlt. Irgendwann kann Lena jedenfalls keine Krummsäbel und auch keine christlichen Schwerter mehr sehen. Auf alles, was mit Schlachten, Marschmusik und Zebrakostümen mit Leopardenschwänzen zu tun hat, bekommt sie allmählich Ausschlag, und dass sie aussieht wie der Metzger am Schlachttag mit den Rotweinspuren am Dekolleté hellt ihre Laune auch nicht auf.
    »Können wir dann mal gehen?«, fragt sie Diego schließlich, der sich immer noch köstlich zu amüsieren scheint. Und all seine Überredungsversuche stoppt sie mit einem einzigen kleinen Wort: ¡basta!
    Was ist schiefgelaufen?
    Sie stolpern zurück zum Auto. Diego, gekränkt, nennt Lena eine aguafiestas , Spielverderberin und Spaßbremse. Sie fahren ans Meer, wo sich Lena ein billiges Strandkleid, blau-weiß geringelt, aber ohne Rotweinflecken kauft. An einem chiringuito [tschirin gi to], einer Strandbar, trinken sie café und eine copita . Diego hofft, dass ein Cognac Lenas Nerven beruhigt.
    »Wo ist denn euer arabisches Erbe heute?«, fragt Lena, immer noch mit einer Restwut in der Stimme.
    »Na, in unseren Genen, würde ich sagen«, meint Diego. »Wir Andalusier sind doch sowieso halbe Araber. Und natürlich in unserer Sprache: alcázar (Palast), azúcar [a thu kar] (Zucker), azafata (Stewardess) – das sind alles Wörter aus dem Arabischen, die wir auch heute noch benutzen.«
    »Wieso fangen die alle mit ›a‹ an?«
    »Das ist der arabische Artikel ›al’, den wir mit übernommen haben. Auch andere Wörter haben wir übernommen, ojalá [ocha la ] (hoffentlich) zum Beispiel. Es kommt vom arabischen Inchallah , und das heißt ›so Gott oder Allah will‹.
    Lena sieht Diego überrascht an: »Das habe ich gar nicht gewusst.«
    Diego streicht mit dem Daumen über Lenas immer noch gerunzelte Stirn. »Sag mal, alemanita , geht’s dir jetzt eigentlich wieder besser?«
    Lena trinkt ihren Cognac aus und grinst ihn an. »Manchmal bin ich ein bisschen zu ernsthaft und zu kritisch. Typisch deutsch eben. Tut mir leid.«
    » ¡Que va! «, sagt Diego. » No es nada. « Ach was, das macht doch nichts!

    Arabische Lehnwörter
    Nach dem Wörterbuch der Real Academia Española (RAE) enthält das heutige Spanisch 1.285 Entlehnungen aus dem Arabischen, welches die maurischen Eroberer mit nach Spanien brachten. In vielen Lehnwörtern ist der arabische Artikel ›al‹ mit enthalten: almohada (Kissen), aceite (Öl), aceituna (Olive), alfombra (Teppich), und eben auch in azúcar (von arabisch as-sukar ), der im Italienischen zucchero heißt, französisch sucre , englisch sugar und deutsch natürlich Zucker .

    Was können Sie besser machen?
    Bei vielen fiestas , Umzügen oder religiösen Prozessionen sollten Sie sich auf die Gleichung laut = schön von vornherein einstellen. Entweder es tönt ohrenbetäubender Lärm aus Lautsprechern oder es wird getrommelt, was die Felle hergeben. Wenn es Ihnen schwerfällt, dabei einfach ausgelassen mitzufeiern und wacker durchzustehen, auch wenn es den ganzen Tag und die ganze Nacht durchgeht, dann sollten Sie sich immer ein Hintertürchen für den Ausstieg freihalten oder sich die Umzüge im Fernsehen anschauen, wo sie die Lautstärke selbst regeln können. Spanier sind in der Regel fiesta -erprobt und haben vielfach eine andere Einstellung zu Krach und Halligalli. Einige Festbräuche in Spanien erscheinen uns seltsam und archaisch. Die Semana Santa (Karwoche) mit ihren Geißlern und Kapuzenmännern gehört dazu, die Trommler von Hellín, die Tomatenschlacht von Bunyol oder das Stiertreiben von Pamplona.
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