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Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien
Autoren: Sandro Mattioli
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ja ganz sympathisch.
    Im Lauf des Spaziergangs lachte sie viel und flirtete auch munter mit. Sie aßen ein Eis, und einer der Jungen legte den Arm um sie. Franziska war das etwas zu viel, aber gut, Italiener sind ja sehr herzlich, das wusste sie, und zudem war sie auch schüchtern. Vielleicht genoss sie es sogar.
    Schließlich meinte einer der Dreien zu ihr, los, gehen wir zu mir, fare l‘amore .
    »Nein«, sagte Franziska entschieden, »das werden wir nicht tun.« Dann stand sie auf und ging.
    Der Hip-Hop-Bube fing daraufhin an, wild mit seinem Kompagnon zu schimpfen.
    Franziska hörte noch etwas von wegen es sei ein scherzo gewesen – ihr aber war nicht nach solchen Scherzen.
    Als Franziska an einer Ampel stand und ein Junge aus einem Auto heraus ihr zuerst nachpfiff und dann Komplimente machte, belegte sie ihn, so gut es ging, mit den heftigsten Flüchen, die ihr in den Sinn kamen, und wusste doch zugleich, dass das eher lächerlich als ernst auf den jungen Mann im Auto wirken dürfte.
    Was ist diesmal schief gelaufen?
    Das italienische Flirtsystem funktioniert in den Grundzügen ziemlich anders, als das deutsche: Die Männer werfen ihre Angeln, sprich Sprüche, aus und warten darauf, dass jemand anbeißt. Dazu gehört auch, zu zeigen, was man hat: ein tolles Auto, teure Klamotten und andere Statussymbole. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch andere Formen des Kennenlernens geben würde. Italienische Männer sind vor allem in der Werbephase auch ganz gut darin, Komplimente zu verteilen. Man kann sich als Frau auf das Angelspiel einlassen – sollte dann aber auch die Angel im Hinterkopf behalten, um sich am Ende nicht schlecht zu fühlen. In diesem Fall hatten die Jungen dein Eindruck bekommen, Franziska lasse sich auf ihr Spiel ein.
    Was können Sie besser machen?
    Was Sie besser machen können, hängt natürlich von ihren Zielen ab. Im Allgemeinen empfiehlt es sich aber, solcherlei Anmachversuche auf der Straße einfach zu ignorieren. Schimpfen darüber, angemacht zu werden, hat keinen Sinn. Man kann – und das machen Italienerinnen auch häufig – den sogenannten Rimorchiatori kurz ein gepflegtes Schimpfwort oder einen kleinen Fluch hinwerfen. Doch während die italienischen Signorine wohl für voll genommen werden, darf das bei Ausländerinnen bezweifelt werden.

    Italiener haben hier eine feine Terminologie entwickelt: So gibt es den Provolone oder auch Provola , das ist ein Mann, der es bei den Frauen probiert. Der Rimorchiatore ist eigentlich ein Schiff, das andere Schiffe an die Leine nimmt, aber auch ein Mann, der viele Frauen abschleppt. Im Gegensatz zum Provolone probiert er es aber nicht bei jeder Frau.

    Vielleicht sollte Franziska sich einfach mal eine Stunde lang auf die spanische Treppe setzen und das Geschehen dort studieren, wie Zweier-Trupps probieren, Touristinnen abzuschleppen: Einer ist der aktive Part, der andere zunächst nur Schattenspender. Später greift er ins Gespräch ein und beginnt eine Unterhaltung mit der Freundin des ersten Objekts der Begierde, sodass die Aufteilung schon einmal klar ist...
    Einem Vorurteil soll an dieser Stelle aber auch noch vorgebeugt werden: Wie in jedem anderen Land der Welt gibt es in Italien genügend schüchterne, nette, zurückhaltende Männer. Nur schiebt sich in der touristischen Wahrnehmung logischerweise die zahlenmäßig weit unterlegene Anmacherfraktion in den Vordergrund.
    Andere zu ignorieren ist im italienischen Alltag generell eine sehr wichtige Fähigkeit. Denn auch bei den afrikanischen Straßenhändlern und bei italienischen Spendensammlern hilft es oft als Einziges weiter. Italiener heben manchmal im Vorbeigehen den Zeigefinger und bewegen ihn wie einen schnell geschalteten Scheibenwischer, manchmal noch begleitet von einem Schnalzen, das mit der Zunge vorne hinter den Schneidezähnen produziert wird. Das heißt »Nein«.
    Auch so kann man sich davor schützen, in ein Verkaufsgespräch verwickelt zu werden. Denn wenn man eh nichts kaufen möchte, ist es unsinnig, ein solches Gespräch zuzulassen. Und manchmal spart es richtig viel Geld. Das Beispiel einer Touristin, die eine gefälschte Brille einer Luxusmarke gekauft hat, ging vor einiger Zeit durch die Medien. Die Frau musste mehrere tausend Euro Strafe für ihren Kauf bezahlen. Davon jedoch darauf zu schließen, dass die italienische Polizei mit äußerster Strenge gegen Produktfälscher vorgehen würde, ist sicher nicht angebracht. Es ging sicher eher darum, ein Exempel
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