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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn
Autoren: David Bunch
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vor Haß, bereit für Freuden, und wir planten auf alle Fälle, in unseren eigenen Festungskomplexen Gemeinheitspunkte zu erringen. Jaaa! Sommerwaffenstillstand!!
    Dann schlug eine Rumms-Bombe hoch im Norden ein. Ich hörte es auf meinen Indikatoren, und es war ein sonderbares trockenes Geräusch. Ich wußte sofort, daß sie etwas getroffen hatte, das wahrscheinlich nicht ein Übungsziel einer Rumms-Bombe war. Und nach allen moderanischen Gesetzen sollte sie überhaupt nicht dort draußen gewesen sein, nicht während eines Waffenstillstandes. Und was waren jene seltsamen blips und bliieps , die auf die Platte meines Sichtschirms übermittelt wurden? Ich würde gedacht haben, daß sie von zerbrochenen Splittern und Bruchstücken von dünnem Neumetall stammten, aber das schien unwahrscheinlich zu sein. Niemand, der bei klarem moderanischem Verstand war, würde eine Rumms-Bombe auf ein winziges Ziel aus Metall einsetzen. Die Rumms waren für maximalsten maximalsten Beschuß und schwerste Zerstörungswellen da. Sie waren für die Festungen und die tief unten liegenden Bunker aus Beton und neugemachtem Stahl bestimmt.
    Es gab viele Punkte, über die man Vermutungen anstellen konnte. Während ich hier draußen auf diesem letzten kleinen Berg aus Plastik überlege, diese Notizen auf den Permobändern in meinem Verstand als letzte Aufzeichnung zurücklasse, beobachte, wie die fleischern-mutierten Männer auch die letzten Reste unseres ehemals großen Landes dahin zurückreißen, wo es alles begann, kann ich nicht sicher sein. Ich kann nur die Vermutungen nochmals abspielen. Im stillen glaube ich, daß es ein Unfall gewesen sein könnte. Ich glaube, es könnte so gewesen sein, daß ein bombenwütiger Festungsherr nur mit einer übriggebliebenen Rumms einen Freudenschuß in die ferne Leere feuerte, um das schließlich gekommene Ende der langen Frühlingssaison des Krieges zu feiern; sie hatte sich bis in den Frühsommer erstreckt. Und diese Rumms könnte gerade jenen zu langen Augenblick in der Werferschlinge gehangen haben. (Es passiert schon einmal, aber es passiert normalerweise im Krieg, und wer könnte sich dann darum kümmern?) Anstatt daß sie sich dann auf jener wunderschönen weiten Flugbahn bewegte, die ein normales Abfeuern garantiert haben würde, fiel sie dann, verrückt außer Kurs, tatsächlich auf überhaupt keinem Kurs, in das Blechblumenbeet eines Nachbarn. Und in jenem Blumenbeet war eine Sache, die für ihn kostbarer war als Festungen … Deshalb gibt es nur Gerüchte und Vermutungen. Aber so oft in der ganzen Weltgeschichte hat sich ein Unfall als soviel richtiger erwiesen als alle sorgfältigen Pläne. Und ich glaube, daß es hier auch so war.
    Ich erinnere mich, und ich erinnere mich gut an all das, was in jenen wenigen schnellen Augenblicken geschah, die das Schicksal von uns allen besiegelten – Ich erinnere mich an einen ungestümen verstümmelten Bericht auf meinem Warnerphon. Ich konnte nicht übersetzen, aber ich erinnere mich daran, daß ich dachte, daß er sich nicht so sehr wie eine haßerfüllte Warnung anhörte, wie er sich nach einer Entschuldigung oder einem Argument für Verständnis anhörte. »Verzeihen Sie mir, VERZEIHEN Sie mir, und laßt uns den Sommerwaffenstillstand genießen«, erinnere ich mich, in jenen ersten Sekunden gedacht zu haben, obwohl ich sehr beschäftigt war. Natürlich hatte ich damals keine Möglichkeit, auch nur eine Vermutung über die Ungeheuerlichkeit des Vergehens zu wissen, die es gegeben haben könnte, und mein einziger Hinweis waren jene seltsamen deplacierten blips und bliieeps auf der Platte meines Sichtschirms.
    Die Festung, die das Vergehen begangen hatte, antwortete natürlich. Nicht einmal in den angenehmsten Zeiten des Sommerwaffenstillstandes konnte man es zulassen, daß die gute alte Nachbarfestung zur Rechten oder zur Linken, vor oder hinter der eigenen, mit einer Rumms-Bombe angriff. Vergeltung, rasch und entschlossen, war in jeder Jahreszeit richtig. Vergeltung brachte mit tödlicher Sicherheit eine Antwort, aber selbst dann, in jenen ersten Momenten, hätten wir den Krieg eingedämmt haben können. Wir hätten uns an einer kleinen Vorstellung an den Expandern unserer Sichtschirme erfreuen können anstatt an zwei hitzigen grollenden Festungen, die aufeinander LOSgingen, während sie im tiefsten Waffenstillstand sein sollten. Aber wir handelten nicht, als zu handeln das Wichtigste war. Sagen wir einfach, daß die Staatskunst an jenem Tage bei uns
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