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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia
Autoren: Paul Gallico
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Bändern waren um ihn herumgeschwebt. Der Kerzenschimmer, die Spiele und all die Köstlichkeiten, die es zu essen gab, hatten ihn berauscht, aber das Holdeste von allem war Catharine gewesen.
    Wie stolz und beseligt war er, als er spürte, daß Catharine ihn mit kindlichen, fast unmerklichen und doch unmißverständlichen Zeichen bei dem Fest als ihren Bevorzugten auserkor. Mit einem scheuen Blick oder einem sekundenlangen Verweilen ihrer Augen auf seinem Geschenk ließ sie ihn merken, daß sie ihn am liebsten mochte und wünschte, daß er in ihrer Nähe sei.
    Noch Tage danach war Jerry wie verzaubert gewesen. Er träumte von der strahlenden Erscheinung Catharines und den Stunden, die er bei ihr verbracht hatte. Tage und Nächte malte er sich aus, wie er sie von schrecklichen Gefahren errettete. Er dachte an die Zeit, wenn er erst erwachsen war und Catharine heiratete. Immer sah er sie an seiner Seite, immer in ihrem blauen Organdykleid mit den Ärmeln, die Engelsflügeln glichen, und mit ihrem glänzenden schweren Haar, das hin und her flog, wenn sie den Kopf bewegte, oder ihm gar in seltenen Augenblicken übers Gesicht oder über die Hand glitt.
    In den langen Jahren, in denen er vom Kind zum Jüngling herangewachsen war, hatte es zwar auch manches andere gegeben, was ihn fesselte, und der Gedanke an die Mädchen war vorübergehend in den Hintergrund gedrängt worden. Aber sogar damals, als er die Mädchen keiner Beachtung würdig fand, berauschte er sich heimlich an der Erinnerung an jenes Fest. Und immer stand das Haus dort drüben, jenseits der Straße, behaglich und einladend. Er sah es jeden Tag, wenn er zur Schule ging oder von dort zurückkam.
    Er war zu Hause, zweifach zu Hause. Und die Gegenwart Catharines war etwas Lebendiges, das über den winzigen Trennungsstrich der Straße herüberwinkte, das ihn mit tausend Stimmen rief, Stimmen, denen er seine Ohren nicht verschließen konnte. Genau in solch einer Sommernacht wie dieser, da der kühle Wind vom Meer in den Blättern rauschte und die Sterne sanft schimmerten, hatte er es gewagt, sie zum erstenmal zu küssen, während aus der Ferne Musik und Gelächter zu ihnen herübertönte.
    Damals war er siebzehn Jahre alt gewesen. Sie hatte den Kuß nicht erwidert, sondern war nach einem Augenblick des Schweigens ins Haus zurückgegangen. Da wußte er, daß er sie beleidigt hatte. Er erinnerte sich noch deutlich der Hölle, durch die er gegangen war. Wie hatte er sich gequält, bis sie ihm schließlich verzieh und sie wieder Freunde waren!
    Immer noch stand Jerry wie angewurzelt am Fenster seines Zimmers. Eine Erinnerung nach der andern stieg in ihm auf, und noch einmal erlebte er die ganze Romantik seiner Liebe zu dem Mädchen, das da gegenüber auf der andern Straßenseite wohnte.
    Aber trotz all dieser seligen Erinnerungen litt sein Herz immer noch unter dem »Gestern«, und Jerry fühlte sich verwirrt und gehemmt durch den Zwiespalt der Empfindungen, die in ihm waren. Denn Pat war ein lebendiges Wesen, das in ihm lebte, und das Fernsein dieses Wesens schuf in ihm eine Leere, die durch nichts auszufüllen war.
    Pat und er waren für immer eins geworden, und die Erinnerung an dieses wunderbare Erlebnis ließ sie ihn in seiner inneren Not wieder herbeirufen. Warum konnte er Pat nicht über das Elend und die trübe Sehnsucht, die ihn durchflutete, hinausheben? Warum gelang es ihm immer nur, einzelnes von ihr zu erhaschen, die straffe Linie ihres Rückens, die weiche Rundung ihrer Schultern, die Art, wie sie einen verstohlenen Blick auf ihn warf, wenn sie glaubte, daß er es nicht merkte, ihre kleinen Freudensprünge, wenn sie glücklich war, oder vielleicht nur das tiefe Atemholen, jedesmal, bevor sie etwas Wichtiges zu erzählen begann, während er Catharine so deutlich vor sich sah, als stände sie neben ihm.
    Konnte es wahr sein, was ihm sein Vater zu verstehen gegeben hatte, daß er nie bedauern würde, Catharine geheiratet zu haben, und daß, je älter er würde, Pat immer mehr in seiner Erinnerung verblassen würde, ja, daß er eines Tages von ihr sprechen würde, wie Vater von Adrienne gesprochen hatte?
    Jerry trat wieder zu seinem Schreibtisch und zog eine Schublade heraus, wühlte einen Augenblick darin herum, bis er gefunden hatte, was er suchte. Es war ein alter Zeitungsausschnitt mit einem Bild Catharines, der ihre Verlobung anzeigte. Es war das gleiche Foto wie das, das auf seinem Schreibtisch stand, und ihr klarer, ruhiger Blick ruhte auf ihm, als er
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