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Ferien, Flirten & Flamingos

Ferien, Flirten & Flamingos

Titel: Ferien, Flirten & Flamingos
Autoren: Jochen Till
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erzählen, finde ich sie eigentlich ganz okay. Sie versucht auch erst gar nicht, bei mir einen auf Ersatzmutter zu machen. Sie entwickelt sich langsam eher zu einer Ersatz-Maja für mich.
    Maja ist meine ältere Schwester. Sie ist nur ein Jahr jünger als Tamara und studiert in Berlin. Mit Maja konnte ich immer über alles reden, aber seit sie so weit weg ist, geht das eben nicht mehr so oft. Dafür rede ich jetzt ab und zu mal mit Tamara über Sachen, die mich beschäftigen. Natürlich nicht über alles, schließlich ist und bleibt sie doch quasi meine Stiefmutter und auf jeden Fall die Mutter meines kleinen Bruders.
    Ja, ich weiß, eigentlich ist er nur mein Halbbruder. Aber ich finde, Halbbruder ist ein blödes Wort. Das hört sich irgendwie so an, als wäre er bloß die Hälfte wert. So als ob er nicht richtig dazugehören würde. Tut er aber, und zwar voll und ganz. Der Zwerg gehört mit allem Drum und Dran zur Familie. Und deswegen ist er mein Bruder und nicht mein Halbbruder.

    â€žKomm, fass mal mit an“, sagt mein Vater und zeigt auf den Glastisch. „Du hinten, ich vorne. Wenn’s zu schwer ist, musst du’s sagen.“
    â€žZu schwer? Ich habe neulich im Kraftraum sechzig Kilo gedrückt. Wenn es dir zu schwer ist, sag Bescheid. Du bist schließlich schon alt.“
    Ich zwinkere meinem Vater zu und greife die Platte mit beiden Händen. Wir heben sie an. Oha. Ich und mein großes Maul. Die ist doch schwerer, als ich dachte. Viel schwerer. Wie kann etwas, das quasi unsichtbar ist, bloß so viel wiegen?
    â€žGeht’s?“, fragt mein Vater.
    â€žJa, ja“, ächze ich. „Ist nur ein bisschen schwer zu greifen.“
    â€žVielleicht geht es hochkant besser. So kommen wir eh nicht durch die Tür.“
    Wir kippen die Platte.
    Ja, so geht es tatsächlich besser. Leichter ist sie dadurch aber nicht geworden. Das Manövrieren durch die Wohnzimmertür klappt ohne Probleme. Wir tragen die Platte durch den Flur bis zur Kellertreppe.
    â€žOkay, ich gehe vor“, sagt mein Vater.
    â€žOder willst du erst eine Pause machen?“
    â€žNein“, ächze ich. „Kein Problem.“ Bis auf die Tatsache, dass mir gleich beide Arme abfallen. Und meine Hände leicht schwitzig sind. Ich schnaufe einmal tief durch und greife nach. Mein Vater steigt rückwärts die ersten drei Stufen zum Keller hinunter. Als ich ein bisschen in die Knie gehe, um meinen Vater zu entlasten, merke ich, wie meine Hand langsam wegrutscht. Ich versuche nachzufassen, schaffe es aber nicht mehr rechtzeitig.
    â€žScheiße! Achtung!“, rufe ich, und im nächsten Augenblick schlägt die Platte auf den Steinstufen auf. Mein Vater lässt sein Ende vor Schreck auch los und drückt sich flach an die Wand. Die Glasplatte zerspringt auf dem Weg nach unten in immer kleiner werdende Teile. Der Lärm ist ohrenbetäubend, und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis es aufhört zu scheppern.
    â€žAlles okay bei dir?“, frage ich mit besorgtem Blick nach unten.
    â€žJa, alles in Ordnung“, antwortet mein Vater. „Und bei dir?“
    â€žJa. Tut mir echt leid. Ich bin abgerutscht. Das ging so schnell, ich konnte nichts mehr machen.“
    â€žUm Himmels willen!“, ertönt Tamaras Stimme über uns. „Was macht ihr denn da unten? Ist irgendwas passiert? Geht’s euch gut?“
    â€žAlles okay, Schatz!“, ruft mein Vater. „Kein Problem! Wir haben alles unter Kontrolle!“
    â€žPapa macht das Haus nur kindersicher“, füge ich hinzu.
    â€žDas hörte sich eher so an, als würde er es abreißen!“, ruft Tamara.
    â€žNein, nur den Glastisch!“, ruft mein Vater. „Geh besser erst mal nicht barfuß in den Keller!“
    â€žHatte ich sowieso nicht vor!“, ruft Tamara. „Kann ich euch irgendwie helfen?“
    â€žNein, das schaffen wir schon“, antwortet mein Vater. „Kaputt gekriegt haben wir das Ding ja auch allein.“
    â€žOkay!“, ruft Tamara noch, dann hören wir, wie sich ihre Schritte entfernen.
    â€žTja“, sagt mein Vater und kratzt sich am Hinterkopf. „Zumindest muss ich mir jetzt um die Entsorgung keine Gedanken mehr machen. So passt das Ding in jeden Glascontainer. Holst du bitte mal Schaufel und Besen? Und den großen Besen gleich dazu. Müsste alles in der Küche sein.“

    Kurz darauf kehren wir
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