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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
Autoren: Jörg Maurer
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fand, dass die Graffiti von Mungo das Schönste in dieser öden Straße waren. Das jetzige Piece hingegen war nichts weiter als der dilettantische Versuch einer Reviermarkierung. Trotzdem betrachtete er die Zeichnung genauer. Irgendetwas daran machte ihn stutzig. Er beugte sich vor, um sie genauer anzusehen.
     
    Jennerwein erschrak, als er eine Hand auf der Schulter spürte.
    »Sie sind es doch, oder?«
    Schade, er hätte die Graffiti gerne intensiver studiert. Damals, vor Jahren, war er kurz davor gewesen, den Sprayer Mungo zu fragen, ob er ihm nicht bei sich zu Hause eine Wand in seinem verschlungenen Wildstyle verschönern könne. Er hatte es dann doch gelassen. Später hatte er ihn angerufen, doch Mungo war mittlerweile kein illegaler Inside-Bomber mehr, sondern Artdirector einer geleckten Werbeagentur mit Isarblick. Enttäuschend. Jennerwein erhob sich und reckte seine verspannten Glieder.
    »Ja, freilich sind Sies!«
    Die Frau war eine Einheimische, das sah er gleich an der Gewandung. Echte handgeschnitzte Hirschhornknöpfe auf einer dunkelgrünen Lederjoppe. Aus der Einkaufstasche lugten Salatköpfe in verschiedenen Farben. Dazwischen versteckte sich ein Pekinese.
    »Herr Kommissar – ich bin eine große Bewunderin von Ihnen. Das wollte ich Ihnen bloß einmal persönlich sagen.«
    Weitere Passanten blieben stehen und flüsterten sich zu.
    »Wer ist denn das?«
    »Der Jennerwein!«
    »Wer? Wo? Der unscheinbare Typ? Das glaube ich nicht.«
    »Den habe ich mir ganz anders vorgestellt.«
    »Jetzt, wo ich ihn so sehe – der hat Ähnlichkeit mit diesem britischen Schauspieler – wo einem auch immer der Name nicht einfällt.«
    »Jaja, der Schauspieler, der in dem einen Film da mitgespielt hat – Fünf Todesfälle und keine Spur von Hochzeit oder so ähnlich.«
    Einer zückte seine Digitalkamera.
    »Darf ich?«
    »Ich kann es Ihnen nicht verbieten«, erwiderte Jennerwein höflich. Nach kurzer Zeit stand er inmitten eines kleinen Blitzlichtgewitters. Der Skispringer, der sich drüben am Fischstand nach dem kalorienärmsten Seebewohner erkundigte, schaute neidisch und sehnsüchtig herüber. Ein kleines Mädchen holte ihr Poesiealbum aus ihrer buntbestickten Umhängetasche.
    »Schreiben Sie mir was rein, Herr Kommissar?«
    »Was soll ich denn reinschreiben?«
    »Eine Widmung, wissen Sie. Einen Spruch von einem Polizisten.«
    »Gut. Hast du was zum Schreiben da?«
    Das Mädchen gab ihm einen Stift.
    »Aber bitte nicht so was Langweiliges. Nicht so was wie
Ich bin ein kleines Mäuschen mit einem Blumensträußchen, ich mache einen Knicks, und weiter weiß ich nix.
Das habe ich jetzt schon fünfmal drinstehen. Ich will was, was nur für mich ist!«
    Jennerwein lächelte. Er dachte kurz nach. Dann schrieb er:
    Ich bin ein Cop, ein alter,
    mit ’ner zerkratzten Walther,
    doch wenn dir was passiert –
    weiß ich: sie funktioniert.
    HUBERTUS JENNERWEIN
    »Finde ich lustig«, sagte das Mädchen. »Aber da stimmt doch was nicht. Das weiß doch jedes Kind: Die Dienstwaffe der bayrischen Polizei ist die Heckler & Koch P 7 und nicht die Walther.«
    »Ja klar. Aber das reimt sich ja nicht.«
    »Sie erschießen aber doch wohl keine Tiere mit der Pistole?«, fragte das kleine Mädchen besorgt.
    »Natürlich nicht«, sagte Jennerwein.
     
    Und jetzt surrte und blubberte sein Mobiltelefon in der Brusttasche. Jennerwein entschuldigte sich bei dem Mädchen und nahm das Gerät aus der Jacke. Eine SMS . Er konnte sie im gleißenden Sonnenlicht nicht sofort erkennen. Er drehte das Display hin und her.
    hu! 239 b.gu
    Er versuchte, den Absender zu identifizieren. Eine fünfstellige Nummer, die ihm nichts sagte. Das war keine Nachricht von der Dienststelle, so viel war sicher. Mit dem Zeichensalat selbst konnte er auch nicht viel anfangen. Es gab nicht viele Leute, die seine Mobilnummer hatten. Vielleicht hat sich jemand vertippt, dachte Jennerwein. Er steckte das Gerät wieder ein.

4

    Der Schuss peitschte in Richtung des Bärtigen. Die Kugel riss den Stein, auf dem er sich mit der freien Hand eben noch aufgestützt hatte, vollständig weg. Alle Geiseln schrien auf. Irgendwo murmelte jemand leise, und man konnte nur einzelne Wortfetzen verstehen, die sich aus dem Gemurmel lösten. Die Frau flüsterte ein verzweifeltes Gebet. Der Gangster mit der Lady-Gaga-Maske hob das Megaphon.
    »Ihr seht, das sind keine Platzpatronen. Es ist eine Warnung für euch alle, keinen Unsinn zu machen.«
    Der bitter-metallische Geruch von Pulverdampf
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