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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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Starck. Er machte schließlich vor mir halt und wandte sich überraschend an den Pi an meiner Seite. »Erkläre du es ihm, Pi.«
    »Es gab zwei Beweggründe«, begann Pi. »Uns erfüllte der momentane Zustand unserer entfernten Verwandten mit Trauer und Scham. Von Göttern sind sie zu Bittstellern, Bettlern und Schutzlosen verkommen. Was lag da also näher, als das Rad der Geschichte zurückzudrehen und den Fehler rückgängig zu machen? Du musst wissen, dass Zeit für uns überhaupt keine Rolle spielt. Wir können warten. Aber selbst dieser abgedroschene Spruch geht an der Sache vorbei. Für euch mögen ein Jahrzehnt, ein Jahrhundert oder ein Jahrtausend ungeheuerliche Zeiträume sein, für uns dagegen bedeuten sie … gar nichts! Der zweite Punkt ist …«
    »Der zweite Punkt ist«, schnitt ihm der Ober-Pi ungeduldig das Wort ab und fixierte mich eindringlich, »dass der Planet Erde immer schneller auf eine Katastrophe zusteuert. Überall Kriege, Krisen, religiöse Verblendung, durch Überbevölkerung verursachte Konflikte und Vereinsamung. Die Menschen brauchen einfach Urlaub von sich selbst. Dieses Chaos müsste uns nicht weiter tangieren, hätten nicht vor ein paar Tagen Astronomen Chronos ausfindig gemacht. Selbstverständlich wird es noch Ewigkeiten dauern, bis die Menschen in der Lage sein werden, uns einen Besuch abzustatten. Aber wie Pi schon sagte, Zeit ist für uns keine Konstante. Wenn die Menschen jedoch kommen, dann wird hier nichts mehr so sein wie bisher. Wenn ich mich nicht täusche, ist dein Freund da anderer Meinung.«
    »Nein, eigentlich nicht«, erwiderte Pi, mein Freund, und sprach mich nun direkt an. »Aber ich bin mir nicht sicher,
ob man in die Angelegenheiten anderer derart radikal eingreifen darf. Deshalb habe ich etwas getan, was noch niemand hier zuvor getan hat, Francis. Ich habe mich von dem Kollektiv davongeschlichen und deine Nähe gesucht. Weil ich ahnte und überzeugt davon bin, dass allein du unter unseren Nachkommen die brauchbarsten Gedanken zu dem Dilemma liefern kannst. Ich frage dich: Haben wir angemessen gehandelt?«
    »Puhhh …«, schnaufte ich und schwieg dann lange. Es war nicht von der Pfote zu weisen, dass sie in vielerlei Hinsicht recht hatten. Und was diese 8-Minuten-und-56-Sekunden-Wahrnehmung anging, großer Gott, es gab wahrlich Schlimmeres im Leben. Wenn ich die Augen fest zudrückte und einfach vergaß, dass die Zeit rückwärtslief, welcher Schaden würde für mich, für alle Erdenbewohner dadurch schon entstehen? Es wäre bloß eine weitere Illusion in unserem Leben voller lächerlicher Illusionen. Und nicht einmal die bedeutendste.
    Nein, doch um etwas ganz anderes wäre es schade gewesen.
    »Ich verstehe eure Position«, sagte ich. »Aber eine Kleinigkeit habt ihr unterschlagen.«
    Beide Pis bekamen einen konsternierten Blick. »Welche Kleinigkeit?«
    »Seit ich diese Gegend betrat, habe ich die wunderlichsten Dinge gesehen, darunter euch. Nun weiß ich jedoch zufällig, dass ihr zwischendurch einige, die mit dem gleichen Handicap wie ich behaftet sind, durch den Morf zu euch geholt habt.«
    »Ja«, erwiderte der Ober-Pi. »Und bald werden es noch
mehr sein. Irgendwann haben wir sämtliche unserer Nachkömmlinge von der Erde evakuiert, und in den Köpfen der Menschen werden die Erinnerungen an sie getilgt sein.«
    »Aha. Aber ich habe bis jetzt keinen Einzigen der frisch Transferierten hier irgendwo gesehen. Woran das wohl liegen mag?«
    Er zog ein Gesicht, als hätte er gerade an einer Zitrone geleckt. »Du hast sie nicht gesehen, Francis, weil, weil, wie soll ich mich ausdrücken … Weil sie sich von uns absondern. Ein vorübergehendes Anpassungsproblem. Sie ziehen es vor, unter sich zu bleiben und von uns entfernt zu leben.«
    Ich lächelte freudlos. »Anpassungsproblem? Ein ziemlich kaltes Wort für solch ein warmes Gefühl: Heimweh! Ich will euch mal etwas verraten, ihr überbesorgten Pis: Es mag sein, dass auf der Erde alles drunter und drübergeht. Es mag sein, dass man unsereins dort nicht wertschätzt und wenn überhaupt als Schmusepuppen duldet. Es mag sein, dass auf dieser von der Ferne so einladend wirkenden blauen Murmel namens Erde in Wahrheit nichts als Gewalt, Gier, Lüge, Neid und Wahnsinn regieren. Das alles mag zutreffen. Aber wisst ihr in eurer rosa Bubblegum-Blase überhaupt, wie es sich anfühlt, über eine verschneite Landschaft zu stapfen? Kennt ihr das Rauschgefühl, wenn im Frühling die Pflanzenwelt von den Toten aufersteht,
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