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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell
Autoren: Akif Pirinçci
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ebenfalls herunter und folgten ihm.
    Drahthaar hechtete zum Becken und begann die Leiche aus der Nähe zu beäugen. Ich näherte mich bedächtig den drei Grazien, die unten geblieben waren und teils betroffen, teils voller Bewunderung zu ihrem Meister aufschauten. Dieser zog nun eine richtige, selbst mich beeindruckende Show ab. Als absolvierte er ein Casting zum FBI-Fuzzi für einen amerikanischen Serienkiller-Thriller, verrenkte er den Kopf vor dem Gehängten zirka dreihundertmal, beschnupperte ihn intensiv, machte sich klein und sah sich das ganze Elend aus der Froschperspektive an, nahm dann wieder übertrieben weit Abstand und betrachtete ihn aus der Ferne und entblödete sich nicht, ihn anzuschubsen und zum Schwingen zu bringen. Ich wollte ihm schon das Sezierbesteck reichen, bloß hatte ich gerade meins nicht dabei. Fabulous und ihre zwei schwarzen Freundinnen dagegen beobachteten den Experten so fasziniert, als erschaffe der Allmächtige soeben die Welt.
    »Seltsam, seltsam«, murmelte Drahthaar schließlich, nachdem er seine Untersuchung abgeschlossen hatte. Er drehte sich von der Leiche weg und lugte gedankenverloren auf uns Unwissende herab. Die Damen hielten den Atem an.
    »So seltsam auch wieder nicht«, sagte ich entnervt. Mir ging das wichtigtuerische Affentheater allmählich auf den Geist. Ich wollte dem Schnösel zeigen, wer der wahre Meister in der pathologischen Abteilung war. Danach gedachte ich, mich von der Welt für ein halbes Jahr in den wohlverdienten Winterschlaf zurückzuziehen. Von mir aus konnte der feine Herr Fabulous heiraten, von mir aus konnte er alle drei Hübschen heiraten und mit ihnen ganze Rudel zeugen. War mir doch egal!
    »Geradezu langweiliger Fall von Tierquälerei. Findet in der Regel durch Strangulation ihren finalen Höhepunkt. Ich wette meinen Kopf, daß der Mann, der eben weglief, dafür verantwortlich ist. Vermutlich verschaffte sich der Sadist noch einen Extra-Kick an Erregung, indem er mir dabei zusah, wie ich das Resultat seiner Schandtat zufällig entdeckte. Er ist ein Genießer und möchte sich mit der Vollendung seiner Mission Zeit lassen. Deshalb verschonte er mich. Meine Erfahrung sagt mir, daß wir nun im Revier ein langfristiges Problem haben. Er wird so lange weitermachen, bis die Zweibeiner angesichts des allmählichen Schwunds ihrer Lieblinge ihm irgendwann in die Parade fahren. Das kann dauern. Wir müssen also für eine lange Weile auf der Hut sein. Vielleicht sollten wir eine Konferenz einberufen, wo wir alle Kollegen auf die Gefahr ...«
    »Strangulation, sagst du?« sprach Drahthaar eher zu sich selber als zu mir und sprang vorn Becken herunter. Es war die dämlichste Frage, die ich je gehört hatte.
    »Ja, Strangulation. Oder wonach sieht das sonst aus, nach einer Schußwunde?«
    Er baute sich vor mir auf und schaute mir direkt in die Augen. Die Damen bildeten hinter seinem Rücken kreisende Planeten um eine augenblendende Sonne. Mein Gott, wie schön er war! Sein rötlichbraun glänzendes Fell! Man konnte dessen phänomenale Weichheit durch bloßes Zusehen fühlen . Es hatte den Eindruck, als sei es aus einem ganz besonderen Stoff erschaffen, ja als sei es das Ergebnis geheimer Forschungen der Pelzindustrie. Und dann die Kupferaugen. In ihnen leuchtete reinster Phosphor, der jeden in ihrem Radius zu hypnotisieren vermochte. Nun verstand ich Fabulous. Was in mir noch mächtigere Wellen des Hasses gegen meinen Konkurrenten auslöste.
    »Verzeih mir, daß ich gleich bei unserer ersten Begegnung von meiner spitzen Zunge Gebrauch gemacht habe, Francis«, sagte Drahthaar. »Mea culpa. Aber bist du dir wirklich sicher, daß dieser arme Artgenosse durch Strangulation gestorben ist?«
    »Nein, vielleicht war es auch nur ein Schluckauf.«
    »Nun zahlst du es mir mit gleicher Münze beziehungsweise spitzer Zunge heim, was? Dennoch muß ich dich über eine physische Spezialität von uns aufklären, die dir, wie es scheint, entgangen ist. Pikanterweise geht es dabei um die Zunge. Unsere Zunge ist nämlich im Verhältnis zum Volumen des Kopfes ein wenig zu groß geraten. Umgekehrt ist die Mundhöhle zugunsten der Nasenhöhle ein bißchen zu klein. Da die Zungenwurzel tief im Rachen liegt, würde die Zunge bei einer Strangulation durch Druck und Quetschung automatisch aus dem Maul hervortreten. Was aber hier nicht der Fall ist. Auch sogenannte Bügelfallen und Tellereisen, die einige gewissenlose Jäger immer noch aufstellen und in denen sich in Waldnähe lebende
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