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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12
Autoren: Akif Pirinçci
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kackt. Spießer, die den lieben langen Tag nichts anderes zu tun
haben, als ihrem Großreinemachen-Wahn zu frönen. Solche Brüder schießen mit
ihren Holzgewehren aus der Ferne, wo sie das angerichtete Elend nicht so genau
mit ansehen müssen. Nein, ich rede von einem wahren Monster, das im Park sein
Unwesen treibt. Die Leichen sehen immer so aus, als wären sie von
Metzgerlehrlingen fürs Üben verwendet worden.«
    Es versteht sich von selbst, daß diese Information nicht
gerade dazu beitrug, meine Stimmung zu heben. Noch vor ein paar Stunden hatte
ich geglaubt gehabt, den Schrecken zumindest für eine Weile hinter mir gelassen
zu haben. Die verborgene Unterwelt hatte für mich Schutz und Geborgenheit in
vollendeter Form versinnbildlicht. Nun jedoch mußte ich erkennen, daß das Böse
ein übler Geruch ist, der einen verfolgt, wohin man auch flieht, mehr noch, daß
die gesamte Welt in diesem Gestank erstickt.
    Alles Schwarz in Schwarz also? Nicht ganz. Zum ersten Mal
verspürte ich bei Elois Worten trotz ihrer beängstigenden Tragweite etwas, das
mich elektrisierte. Man nenne es pervers, man nenne es zynisch, von mir aus
auch eine widerliche Charakterschwäche. Doch diese Charakterschwäche war es,
von der ich mein Leben lang nicht mehr loskommen sollte: unbezähmbare,
besinnungslose Neugier! Mit einem Mal wichen die blutigen Bilder ins Abseits,
und nur die Frage nach ihrem Zustandekommen, nach dem Wie und Warum
beschäftigten meine Gehirnzellen. Und es wäre gelogen, wenn ich sagte, daß
dieses Nachdenken nicht mit Faszination, ja mit vergnüglicher Gripsgymnastik
einhergegangen wäre. Schon in diesem Augenblick war ich dem Rätselraten in
gruseliger Manier verfallen und nicht mehr der Knabe, der es bei derlei
Schauergeschichten mit einem furchtsamen »Huch!« bewenden ließ. Man könnte es
auch anders ausdrücken: Von da an war ich verflucht.
    »Okay, Eloi«, sagte ich und kam von dem Blätterhügel
herunter, um mir die Beine zu vertreten. »Zwei Fragen: Erstens, was ist das für
ein Zeug, das du mir zum Fressen vorgesetzt hast? Und zweitens, habt ihr einen
Verdacht, wer für die schändlichen Taten hier in der Gegend in Frage käme?«
    »Antwort numero uno: das Beste, das wir anzubieten haben.
Es ist Wild. Riecht ein bißchen streng, sieht auch ein bißchen strange aus,
aber ansonsten ist es tadelloses Fleisch. Vielleicht ist dir aufgefallen, daß
draußen alles ein wenig dem Dornröschenschlaf anheimgefallen ist und es überall
wuchert wie im Urwald. Deshalb verirren sich mittlerweile auch ein paar Rehe
aus dem benachbarten Naherholungsgebiet in die Gärten. Ob du es glaubst oder
nicht, Dude, eins von den Viechern ist ausgerechnet vor der Röhrenöffnung an
Altersschwäche oder so was verendet. Wir konnten noch die besten Stücke von ihm
in die Höhle retten, bevor die Menschen es wegschafften. Und Antwort numero
due: Tja, die ist ein bißchen komplizierter ...«
    »Dann laß dir ruhig Zeit damit.« Ich sauste den
Blätterhügel wieder hinauf und stürzte mich auf das Wildbret. Es schmeckte in
der Tat etwas seltsam, aber der Hunger trieb es hinein, und je mehr mir in den
Magen kam, desto schneller gewöhnte ich mich an die neue Kost.
    Unterdessen zauberte Eloi einen frischen Stengel seiner
Lieblingspflanze hervor und gab sich dem Schnüffeln, Reiben und dem Beißen an
dem Ding hin. Daß er dabei immer noch geradeaus sprechen konnte, ließ sich nur
mit dem jahrelangen Umgang mit der Droge erklären.
    »Dieser Park da draußen ist eigentlich der sich selbst
überlassene Garten einer um die Wende des vorigen Jahrhunderts erbauten
Protzvilla«, fuhr Eloi fort, während er an der Pflanze solch gymnastische
Verrenkungen vollführte, als unterhielte er eine Liebesbeziehung zu ihr. »Um
das Haus selbst sieht es nicht besser aus. Kein Wunder, denn wie man so hört,
hat es dreißig Jahre lang leergestanden. Es ist eine Ruine, ein
Ratten-Eldorado, ein Geisterhaus.«
    »Sag bloß, die Geister versuchen sich an euch als
Metzgerlehrlinge.« Ich schmatzte mit vollem Mund und hoffte, daß er mich
überhaupt verstand.
    »Im Gegenteil. Die Geister sind längst aus dem Haus
vertrieben worden, und der Hausherr ist wieder zurückgekehrt. Mit den dreißig
Jahren Leerstand hat es nämlich etwas auf sich. Und mit dem Hausherrn auch. Der
soll in dieser Zeit im Knast gesessen haben. Warum und wieso, weiß der Teufel.
Doch ich gehe mal blind davon aus, daß man jemanden nicht deshalb so lange
verknackt, weil er sein Fahrrad auf dem
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