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Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12

Titel: Felidae 06 - Schandtat-neu-ok-22.02.12
Autoren: Akif Pirinçci
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Riechzellen im Riechfeld lassen winzige Härchen (Clia)
herausragen, die die Duftmoleküle einfangen und sich im Luftzug hin- und
herbewegen wie Seeanemonen auf einem Korallenriff. Dieses Riechfeld ist gelb
und feucht und enthält fetthaltige Substanzen. Die Intensität der Gelbfärbung
ist ebenfalls ein Gradmesser für die Sensibilität der Nase: Je stärker der
Farbton, um so feiner der Geruchssinn. Albinos haben nur einen sehr schwach
ausgeprägten Geruchssinn und daher ein bleiches Riechfeld. Das Riechfeld der
Katze ist intensiv senfbraun, während das des Menschen nur eine hellgelbe
Tönung aufweist.
    Man hat auch festgestellt, daß dunkelhäutige Menschen mit
einem dunkleren Riechfeld ausgestattet sind – und daher theoretisch besser
riechen können müßten.
    Der Geruchssinn der Katze ist aber noch nicht einmal der
Gipfel in der Natur; ein Superschnüffler, der deutsche Schäferhund, besitzt
eine Riechschleimhaut, die ungefähr 170 Quadratzentimeter und 200 Millionen
Riechzellen mit Beschlag belegt. Aus unerklärlichen Gründen soll der Tiger, ein
ausgekochter Jäger, mit einer ganz schlechten Nase geschlagen sein, was viele
Rätsel aufgibt. Aber die meisten Tiere, die eine feine Nase besitzen, gehen auf
allen vieren, und ihr Kopf befindet sich in der Nähe des Bodens, wo sich die
feuchten und schweren Duftmoleküle konzentrieren. Das gilt für die Katze ebenso
wie für den Elefanten, der seinen Rüssel meist nach unten hängen läßt.
    Die Geruchswelt der Katze ist so weit von unserer
entfernt, daß die Phantasie uns nur eine verschwommene Vorstellung davon
vermitteln kann. Die Katze, die sich von einer Ecke des Zimmers in die andere
begibt, macht bei dem kurzen Trip womöglich so intensive Erfahrungen wie ein
Mensch, der von einem olfaktorischen Extrem ins andere fällt: Erst der (aus
Vanille bestehende) Anschlag auf die Geruchsnerven, wie er dänischen Eisdielen
entströmt, dann der »Gasangriff« aus einer verkommenen öffentlichen Toilette,
und im nächsten Augenblick der ätherische Duft von Veilchenblüten. Besonders
empfindlich reagiert die Nase der Katze auf Gerüche, die Stickstoffverbindungen
enthalten. Dadurch wird das Tier befähigt, verdorbenes oder ranzig gewordenes
Futter abzulehnen, das stickstoffhaltige Chemikalien abgibt. Was Fäulnis
angeht, reagieren Katzen im Verhältnis zu Hunden ausgesprochen pingelig; sie
haben lieber alles so frisch wie möglich und auf keinen Fall abgestanden und
reif. Die Katze, die um den heißen Brei herumschleicht, hat wahrscheinlich eher
den verdächtigen Geruch als die Hitze im Sinn. Eine Ausnahme machen allerdings
die Löwen, die sogar stinkendes Aas verdrücken, das nur so vor Leichengift
trieft. Das andere Extrem ist der Gepard, der sich nur einmal kurz an Blut und
Leber der frisch erlegten Beute gütlich tut und jedes »abgehangene« Fleisch
verschmäht.
     
    4
    Im Umgang mit entthronten Göttern hat die Menschheit seit
jeher eine ebenso simple wie rabiate Methode parat: Sie erklärt sie zu Teufeln.
Der gleiche religionsgeschichtliche Mechanismus sollte der Katze im
christlichen Mittelalter zum Verhängnis werden. Im alten Ägypten noch als
Göttin der Fruchtbarkeit angebetet, mußte sie nun als Sündenbock und Sinnbild
des Teufels herhalten. Als Verbündete der angeblichen Hexen und Hilfsgeist des
Satans wurden Katzen verfolgt, gequält und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Vor allen anderen Haustieren geriet unser zahmer Stubentiger ins Visier
klerikalen Mißfallens. Man sagte, daß der Hausgeist einer Hexe mit Vorliebe im
Leib einer Katze »wohne« – diese schlüpfe dann in die Ställe, um das Vieh zu
verderben.
    Warum es ausgerechnet die Katze so hart getroffen hat,
kann man nur vermuten. Es lag vielleicht daran, daß sie im Unterschied zu allen
anderen domestizierten Mitgeschöpfen dem Menschen keinen unterwürfigen Gehorsam
entgegenbringt. Erschwerend kam wahrscheinlich hinzu, daß die eigensinnige
Samtpfote uns nicht mit Fleisch oder mit großartigen Dienstleistungen
behilflich ist. Vielleicht ging es ihr auch an den Kragen, weil die
christlichen Patriarchen die seit Urzeiten bestehende innige Beziehung zwischen
Frauen und Katzen fürchteten oder weil die Katze nach den überlieferten
Mythologien der Ägypter, Griechen und Römer in engem Kontakt mit dem Mond und
der Unterwelt stand. Die Katze macht sich die Nacht zum Tag, sieht im Dunkeln,
kommt und geht nach Belieben und erkennt keine Autoritäten an. Kein Wunder, daß
sie der Kirche ein Dorn im
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