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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
Autoren: Melanie Welsh
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von Messrs R. Hodge, Heyworth & Helerly?
    Ihre Schwester Poppy schlang ihr Frühstück hinunter, aber ihre Gedanken kreisten um ein ganz anderes Ereignis: Heute fand ihr Vorsingen für das Weihnachtsmusical statt, das in der Schule aufgeführt werden sollte.
    »Das ist so aufregend!«, seufzte sie, und Mrs Gallant sah sie voller Stolz an. Sie war ein so reizendes kleines Mädchen, nett und zierlich, blond, mit strahlend blauen Augen und einem Charme, dem niemand widerstehen konnte.
    »Ich bin sicher, dass sie von dir begeistert sein werden«, sagte ihre Mutter. »Jemanden, der so hübsch und begabt ist wie du, finden sie nicht so leicht ein zweites Mal.«
    Poppy warf einen Blick durch die Küche. »Du solltest dich auch bewerben, Felicity«, sagte sie. »Unbedingt, nicht, Mama?«
    Mrs Gallant sah ihre ältere Tochter zweifelnd an. »Ja, versuchen könntest du es immerhin«, meinte sie.
    Felicity wusste, dass ihre Mutter es nicht böse gemeint hatte. Aber es stimmte nun einmal, was ihre alte Freundin Alice immer sagte: Nicht alles im Leben geht so, wie wir es gerne hätten.
    Und das ist auch ganz in Ordnung, dachte Felicity. Trotzdem, manchmal fand sie es doch ein bisschen unfair, zu groß für ihr Alter zu sein und noch dazu stämmig und lange braune Haare zu haben, die sich nicht gern von Spangen bändigen ließen. In einer Familie von lauter glatthaarigen Blonden war sie die Ausnahme, die die Regel bestätigt.
    Felicity passte nicht zu den anderen. Ihr ernstes kleines Gesicht mit den rosa Wangen und den pechschwarzen Augen wirkte manchmal sehr hübsch und dann wieder völlig unscheinbar. Aber es war nicht allein das Aussehen. Wie alle guten Eltern hatten die Gallants ihren Töchtern ein volles Programm von passenden Freizeitbeschäftigungen zusammengestellt: Reiten, Klavierunterricht, Ballett, Kinderchor und so weiter. Poppy gefiel das alles sehr, Felicity dagegen wollte zwar nicht undankbar sein, aber manchmal, wenn sie den Hügel hinabging, ertappte sie sich dabei, wie sie aufs Meer hinaussah und sich wünschte, sie könnte sich in die Luft schwingen und weit fortfliegen. Sie wollte den Wind in den Haaren spüren und den Schmutz in ihrem Gesicht.
    Nicht alles im Leben geht so, wie wir es gerne hätten. Aber die Dinge können sich ändern.
    Felicitys Vater, ein groß gewachsener, gut aussehender Mann, trat herein, in Gedanken bereits bei dem neuen Manuskript, das gerade mit der Post gekommen war. Er war Verleger von Beruf und verbrachte die meiste Zeit zu Hause in seinem Arbeitszimmer, einem Raum, den Felicity liebte.
    »Gut geschlafen?«, fragte er seine ältere Tochter.
    Felicity kam ein Gedanke: Vielleicht konnte ihr Vater ihr helfen, etwas Licht in diese Sache zu bringen? Na ja, das war vielleicht ein bisschen optimistisch gedacht, denn ihre Eltern redeten mit den Kindern nur selten über andere Dinge als die Schule und anständiges Benehmen.
    »Ich hab mir überlegt –«, fing sie an.
    »Gut, prima.« Mr Gallant strich Felicity wohlwollend übers Haar. Offensichtlich hörte er überhaupt nicht zu.
    Mrs Gallant sah ihren Mann an und räusperte sich. »Passt mal auf, Kinder«, sagte sie in einem künstlich heiteren Ton, »euer Vater und ich haben eine Neuigkeit für euch. Es ist etwas Besonderes.«
    Felicity fragte sich, was für eine Neuigkeit das sein konnte, die sie so nervös machte. Sie ging im Geist die Möglichkeiten durch. Vielleicht planten sie einen Urlaub, eine weite Reise? Für eine Sekunde hing sie diesem Gedanken nach: Würden sie mit dem Schiff fahren oder mit dem Auto?
    »… ihr werdet also einen kleinen Bruder bekommen oder vielleicht auch ein Schwesterchen«, schloss die Mutter und lächelte vorsichtig. »Ist das nicht schön?«
    »Es ist wunderbar«, rief Poppy und sprang auf, um ihre Mutter zu umarmen.
    Die Worte holten Felicity unsanft in die Wirklichkeit zurück. Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Mrs Gallant seufzte. Warum lebte ihre ältere Tochter nur immer in einer Traumwelt? »Wir erwarten ein Baby, Felicity«, sagte sie.
    »Ich … ich …«, murmelte Felicity unsicher.
    Mr Gallant tätschelte lächelnd ihren Arm. »Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung«, versicherte er. »Das stimmt doch, nicht, Anne?«
    »Natürlich …«, sagte Mrs Gallant strahlend.
    Felicity ertappte sich dabei, wie sie ihre Mutter anstarrte, die nervös eine Quaste des Tischtuchs zwischen den Fingern drehte.
    »Natürlich steht nirgends geschrieben, dass wir drei Mädchen nacheinander
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