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Feindberührung - Kriminalroman

Feindberührung - Kriminalroman

Titel: Feindberührung - Kriminalroman
Autoren: PeP eBooks
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einsehen, dass der trainiert werden musste, täglich und unerbittlich. Und dass es eben nicht um eine nett anzusehende Hülle ging, ein Sixpack aus dem Fitnessstudio, sondern um die Fähigkeit zu kämpfen, zu leiden, Schmerzen zu ertragen, Erschöpfung zu ignorieren. Also radelte er über Monate allein samstags durch die Umgebung, danach war Kneipe oder Kino erträglich und Charlie zufrieden. Aber der Sonntag wurde ab Oktober zum Problem. Mit Sex nach seinem frühen Gepäcklauf konnte der Tag noch harmonisch werden, aber wenn Charlie nicht danach war, gab es todsicher Diskussionen über die Tagesgestaltung, die entweder im Streit endeten oder damit, dass er versuchte, sich ihren Wünschen anzupassen, dann aber von Stunde zu Stunde ein immer genervteres Gesicht zog, sodass es spätestens abends zwischen ihnen krachte. Aus diesem Teufelskreis kamen sie nie raus. Scheißoktober.
    Seine dritte ISAF-Tour neigte sich nun also dem Ende zu. In zweieinhalb Wochen würde er sich wieder mit Debriefings, Papierkram und Untersuchungen im Sanbereich herumschlagen. Und mit dem Versuch, sich wieder an Charlie, die Clique und ein Zivilleben voller Dinge, die ihn im Grunde nicht interessierten, zu gewöhnen. Wenn es so weiterlief, waren sie in fünf Stunden im Feldlager Kunduz. Zur besten Kaffeezeit, sie würden die glückliche Heimkehr mit Streuselkuchen feiern können. Da tippte ihm der Fahrer auf den Arm und zeigte Richtung ein Uhr. Er schaute durch sein Fernglas. Ein kleiner Junge stand in etwa vierhundert Metern Entfernung neben einem auf dem Rücken liegenden Mann.
    Die Befehlslage für solche Situationen war eindeutig: durchstoßen, nicht anhalten. Aber es handelte sich um ein Kind, bis auf den liegenden Mann völlig allein im Nichts.
    Er nahm per Funk Kontakt mit dem Kompaniechef auf; der befahl nach sekundenkurzem Nachdenken Anhalten und Aufklärung zu Fuß. Nach dem Stoppen saß der Oberfeldwebel, der den Dingo kommandierte, mit einem Hauptgefreiten als Sicherer ab und umrundete das Fahrzeug zur IED-Erkennung. Dasselbe passierte zeitgleich bei allen Konvoifahrzeugen. Danach saßen alle Soldaten der Kompanie, außer den Fahrern und den Bedieneren der Schwerpunktwaffen, ab und gingen in dreihundertsechzig Grad um die gestoppte Kolonne in Stellung. Das war das Standardverfahren. Er schaute dem Oberfeldwebel und dem Hauptgefreiten nach, die jetzt langsam die noch rund hundert Meter zu dem Jungen gingen. Das umliegende Gelände war gut zu übersehen, menschenleer.
    Trotzdem.
    Er hatte kein gutes Gefühl.

1
    I m Traum saß Bomber am Steuer eines geräumigen und sanft brummend dahinrollenden Kombis, neben ihm eine Frau, auf dem Rücksitz ein Kind. Sein Sohn, Kevin, das wusste er instinktiv, obwohl er sich in dem Traum nicht umdrehen konnte. Er konnte noch nicht mal zur Seite gucken, nur nach vorne, also sah er auch die Frau nicht. Aber ebenso wie er wusste, dass das Kind auf dem Rücksitz Kevin war, wusste er, dass da neben ihm nicht seine Frau saß. Seine Exfrau, genau genommen, auch wenn sie noch verheiratet waren. Der träumende Bomber gluckste bitter, aber der Bomber im Wagen schaute gelassen nach vorne, auf eine graue Straße, die sich durch grünes Land ins Unendliche zog. Es war gleichgültig, wer diese Frau war, sie war bei ihm, sie stellte keine Fragen, und auf dem Rücksitz saß sein Sohn, das war das Wichtigste. Er fuhr mit seinem Jungen Auto, irgendwohin.
    » Kann ich Kaugummi, Papa?« Kevin kaute im Auto immer Kaugummi, sonst wurde ihm schlecht.
    » Klar, mein Junge.« Bomber griff ohne hinzusehen in die Ablage unter dem Radio. Dabei gerieten Daumen und Zeigefinger in etwas Heißes, und Bombers Hand zuckte zurück. Verdammt, das musste der Kaffee sein, war da kein Deckel auf dem Becher? Doch der Schmerz ließ nicht nach, im Gegenteil, er wurde stärker. Bomber hielt sich die Finger vors Gesicht und sah, dass sie in einem überdimensionierten Zigarettenanzünder steckten. Er versuchte, das Teil abzuschütteln, presste die Finger zusammen, damit sie nicht mehr festklemmten, aber anscheinend hatte die Hitze die Haut geschmolzen, alles zusammengeklebt. Scheiße. Er presste und schüttelte und lenkte dabei mit einer Hand. Der Wagen geriet ins Schlingern, Bomber glich hektisch aus, der Wagen schlingerte in die andere Richtung, schleuderte.
    » Papaaaaaa!«
    Bomber rutschte aus dem Autositz.
    Im Fallen erwachte er, sein Rücken schrammte an der Kante des Rollstuhls entlang, die Beinstümpfe schlugen heftig gegen die Strebe
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