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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht
Autoren: Alexander Kent
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ist nicht mehr Ihre Aufgabe.« Er bemerkte, daß Inch ihn überrascht ansah.
    »Überlassen Sie das Ihren Untergebenen. Wenn Sie Vertrauen zu ihnen haben, werden sie auch Ihnen vertrauen.«
    Er hörte hinter sich schwere Schritte auf den feuchten Planken und drehte sich um. Gossett, der Steuermann, trat auf ihn zu. Gott sei Dank diente wenigstens der schon seit einigen Jahren an Bord.
    Gossett war riesig und wuchtig wie eine Tonne und besaß ein Paar der hellsten Augen, die Bolitho je gesehen hatte, obwohl sie meist in seinem gefurchten und wettergegerbten Gesicht halb verborgen blieben.
    »Keine Klagen, Mr. Gossett?«
    Der Steuermann schüttelte den Kopf. »Keine, Sir. Ich habe immer gesagt, daß die alte Lady fliegen kann, wenn sie erst mal den Bewuchs los ist.« Er rieb die kräftigen roten Pranken aneinander.
    »Und fliegen wird sie, wenn ich was zu sagen habe.«
    Die versammelte Besatzung drängte sich noch auf den Gangways und dem freien Raum an Deck. Die Gesichter waren blaß im Vergleich zu Gossett und Allday.
    Dies hätte der Augenblick zu einer anfeuernden Ansprache sein sollen, die Gelegenheit, diese Männer, die ihm und untereinander noch fremd waren, zu einem Hurraruf zu bringen. Er hob die Stimme, um den Wind zu übertönen. »Wir wollen weiter keine Zeit verlieren. Unsere Befehle besagen, daß wir uns unverzüglich dem Blockadegeschwader vor Lorient anschließen sollen. Wir haben ein gutausgerüstetes Schiff mit einer ehrenvollen Geschichte und einer großen Tradition, und gemeinsam werden wir unser Bestes tun, um den Feind in seinen Häfen einzuschließen oder ihn zu vernichten, wenn er so verwegen sein sollte, sich herauszuwagen.«
    Bolitho beugte sich vor und stützte die Hände auf die Achterdecksreling, als das Schiff sich schwerfällig hob. Es überraschte ihn, daß einige Männer sich einander tatsächlich bei seinen abgenutzten Worten grinsend in die Rippen stießen. In wenigen Monaten würden sie das wahre Elend des Blockadedienstes kennenlernen: Schutzlos und ohne frische Lebensmittel jedes Wetter durchzustehen, während die Franzosen es sich in ihren Häfen wohl sein ließen und gelassen auf eine Lücke in der Kette britischer Schiffe warteten, durch die sie ausbrechen, hart zuschlagen und sich wieder zurückziehen konnten, ehe es zu einem Gegenschlag kam.
    Gelegentlich wurde ein Schiff abgelöst, um mit neuem Proviant versorgt zu werden oder wichtige Reparaturen vornehmen zu lassen; dann wurde sein Platz von einem anderen übernommen, wie jetzt durch die
Hyperion.
    In forschem Ton fügte Bolitho hinzu: »Es gilt, vieles zu vollbringen, und ich erwarte von jedem, daß er sein Bestes gibt, jede Aufgabe erfolgreich erfüllt, vor die er gestellt wird.« Hier schnitt ein Teil der älteren Leute Grimassen. Sie wußten, das bedeutete Geschützexerzieren und Segeldrill unter Aufsicht eines Offiziers mit der Uhr in der Hand, bis der Kommandant zufrieden war. Bei dieser Art Wetter keine angenehme Aufgabe, besonders nicht für Männer, die noch nie zur See gefahren waren.
    Bolitho ließ den Blick zur anderen Seite des Achterdecks schweifen, wo Inch und die anderen vier Leutnants in einer Reihe an der Reling standen. In den hektischen Tagen bis zur Wiederindienststellung der
Hyperion
und danach hatte er zu wenig Zeit gefunden, seine neuen Offiziere kennenzulernen. Die drei jüngeren erschienen durchaus willig, sie waren aber noch sehr jung und besaßen wenig Erfahrung. Ihre Uniformen strahlten vor Neuheit, und ihre Gesichter waren so rosig wie die von Midshipmen*. Der Zweite Offizier jedoch, ein Mann namens Stepkyne, hatte sich als Steuermannsmaat an Bord eines Ostindienfahrers bewährt und den Weg in den Dienst des Königs gefunden, als er einem schwerfälligen Versorgungsschiff zugeteilt worden war. Es mußte ihn angestrengte Arbeit und viele bittere Erfahrungen gekostet haben, sein Offizierspatent zu erwerben; als er jetzt, gelassen mit dem Schiff schwankend, auf dem Achterdeck der
Hyperion
stand, konnte Bolitho die scharfen Linien um seinen Mund erkennen und einen Ausdruck, der an Mißgunst grenzte, als er den jungen Inch von der Seite ansah.
    Hinter den Leutnants standen die sechs Midshipmen des Schiffes, auch alle sehr jung und offensichtlich aufgeregt über die Aussicht auf eine Reise, die für die meisten ihre erste war.
    Hauptmann Dawson stand bei seinen Marinesoldaten, ein Mann mit wuchtigem Kinn und ohne Lächeln. An seiner Seite Leutnant Hicks, ein wendiger, aber ausdruckslos wirkender
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