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Fear

Fear

Titel: Fear
Autoren: Tom Bale
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noch nichts. Er überquerte die Straße und wandte sich nach rechts. Jetzt war er auf der Zielgeraden: College Fields.
    Es war eine herrliche Wohngegend; eine breite ruhige Straße mit dem Schulsportgelände auf der einen Seite und einer Reihe stattlicher Anwesen auf der anderen. Große, klotzige Villen mit Erkerfenstern, die Fassaden verblendet mit hellem Bath-Stein. Manche waren in Wohnungen aufgeteilt worden, andere wurden weiter als Einfamilienhäuser genutzt.
    Joes Vermieter war Lindsey Bevan, ein Professor der Philologie im Ruhestand. Jahrzehntelang hatte er Zimmer an Studenten vermietet, doch irgendwann hatte er den Ärger sattgehabt, und heute führte er eine Art Mittelding zwischen einem modernen B&B und einer altmodischen Privatpension. Er hatte zwei Dauermieter, Audrey und William, beide pensionierte Universitätslehrer, im gleichen Alter wie er. Alle drei waren geradezu überschwänglich nett zu Joe, selbst wenn sie sich untereinander des Öfteren wie kleine Kinder stritten.
    Joe war Ende August in Bristol eingetroffen und hatte einen attraktiven Deal aushandeln können, indem er für die ersten zwei Monate im Voraus gezahlt hatte. Lindsey hatte sich überaus empfänglich gezeigt für Joes Angebot, im Gegenzug für die Benutzung der Waschmaschine und anderer Geräte kleine Reparaturen und Hausmeisterarbeiten zu übernehmen.
    Es war kein Zuhause – Joe war längst nirgendwo mehr zu Hause –, aber es war die beste Unterkunft, die er seit über einem Jahr gehabt hatte.
    Als er sich dem Haus näherte, war weit und breit kein Auto zu sehen bis auf einen Müllwagen, der die Einmündung zur Percival Road passierte. Der Sportplatz lag verlassen da. Er konnte nichts entdecken, was nicht hierhergehört hätte, absolut nichts Ungewöhnliches, und doch spürte er ein Kribbeln, als die Härchen in seinem Nacken sich aufrichteten.
    Er verlangsamte seinen Schritt. Unmittelbar vor ihm trat eine Frau mittleren Alters aus ihrem Gartentor. Ein kleiner Hund trippelte neben ihr her. Sie registrierte Joes Anwesenheit mit missbilligendem Naserümpfen und wechselte dann die Straßenseite, um ihm aus dem Weg zu gehen. Und da entdeckte er das Mädchen.
    Sie stand auf der Straße neben einem uralten Peugeot mit Schrägheck, der am Bordstein gegenüber parkte, fast auf gleicher Höhe mit Lindsey Bevans Haus. Sie war schätzungsweise um die zwanzig, klein, aber stämmig und trug eine flauschige rosa Strickjacke über einem engen Jeansrock. Blonde Stachelfrisur mit dunklem Haaransatz und jede Menge billige Klunker.
    Sie wandte Joe den Rücken zu und blickte über das Autodach hinweg auf den Sportplatz. Dabei hielt sie ein Handy ans Ohr gedrückt, und Joe fiel auf, dass sie ungewöhnlich angespannt lauschte.
    Joe erreichte die Grenze von Lindseys Grundstück. Das Haus wirkte ganz friedlich. Lindseys Volvo Kombi parkte in der Einfahrt neben einem nagelneuen Seat, der einer deutschen Familie gehörte – entfernte Verwandte von Audrey, die für zwei Nächte zu Besuch waren.
    Bevor Joe durch das Tor trat, warf er noch einen Blick auf das Mädchen. Im gleichen Moment drehte sie sich um, entdeckte ihn und zuckte zusammen, um sich gleich wieder abzuwenden und leise, aber eindringlich ins Telefon zu sprechen. Joe konnte die Worte nicht verstehen, doch der nachdrückliche Ton und ihre angespannte Körpersprache waren wie ein Leuchtsignal: Er ist hier. Der Mann, den ihr jagt, ist hier.

    4
    Joe wollte es nicht glauben, aber im Grunde seines Herzens war er sich sicher: Sie hatten nicht nur seine Spur bis nach Bristol verfolgt. Sie hatten auch herausbekommen, wo er wohnte.
    Wenn er richtiglag, dann war klar, dass das Mädchen sie in diesem Moment herholte, und das bedeutete, dass ihm keine Zeit blieb, seine Sachen aus dem Haus zu holen.
    Er hatte sich angewöhnt, mit leichtem Gepäck zu reisen; alle seine Kleider und Toilettenartikel hatten in einem Rucksack Platz. Er besaß zwei gefälschte Ausweise; den einen hatte er immer bei sich, zusammen mit ein paar hundert Pfund in bar. Der andere Ausweis und der Rest seiner Ersparnisse waren in seiner Wohnung, ebenso wie die einzigen persönlichen Gegenstände, die ihm irgendetwas bedeuteten: Fotos seiner Töchter.
    Als selbstverständliche Vorsichtsmaßnahme in einem Haus, das er mit Fremden teilte, hatte Joe dafür gesorgt, dass seine Wertgegenstände gut versteckt waren. Sie lagen in der hintersten Ecke des Dachbodens unter einer Schicht Steinwolle, die Joe selbst verlegt hatte, nachdem er Lindsey
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