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Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Faszinierend wie der Kuss des Herzogs

Titel: Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
Autoren: AMANDA MCCABE
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dass sie zu ihnen gehörte und ihre Arbeit tat, um sie alle ins Leben zurückzuholen. Sie setzte ihren Weg fort und erreichte ihr Refugium, die Ruine eines kleinen Bauernhauses, vor langer Zeit zerstört. Nur niedrige braune Mauerreste waren übrig geblieben. Sie wickelte ihre Werkzeuge aus einem Wachstuch, ergriff einen kleinen Spaten und begann zu arbeiten. Dabei vergaß sie die Außenwelt, sogar den Duke of Averton, zumindest für einige Zeit.
    All die Leidenschaft, die früher ihrer Rolle als Liliendiebin gegolten hatte, widmete sie jetzt dieser Ruine.

2. KAPITEL

    „Sind Sie zufrieden, Euer Gnaden?“, fragte der Makler mit zitternder Stimme. „Zweifellos ist das der schönste Palazzo von Santa Lucia, mit einer fabelhaften Aussicht. Zudem liegt er in der Nähe der Kirche und des Hauptplatzes. Auch eine Jagdhütte in den Bergen gehört dazu. Anderen Mietern überlässt die Baronin ihre Möbel nur widerstrebend. Aber für Sie, Euer Gnaden, macht sie nur zu gern eine Ausnahme.“
    Fühlt sie sich geehrt, wenn das Hinterteil eines englischen Aris tokraten ihre Sessel und Sofas beglückt? Edward Radcliffe, Duke of Averton, begutachtete amüsiert die abblätternde Vergoldung und die abgewetzte aprikosenfarbene Polsterung einiger Stühle, die Seidentapete in derselben Farbe und die Putten des schadhaften Stucks an der Decke des Salons.
    Der Palazzo bedurfte einer gründlichen Reinigung. Auf dem zerkratzten Marmorboden lag eine dünne Staubschicht, an den reich geschnitzten Rahmen alter Porträts hingen Spinnweben. Missbilligend starrten die sizilianischen Vorfahren der Baronin auf Edward herab. Doch das störte ihn nicht sonderlich. Er kehrte ihnen den Rücken, trat an eines der hohen, schmalen Fenster mit den fadenscheinigen goldenen Satinvorhängen und betrachtete den fernen Ätna und dann das Amphitheater.
    Perfekt. Ohne seinen Blick abzuwenden, fragte Edward: „Wo wohnt die Familie Chase?“
    „Ah, die Familie mit den Töchtern!“, erwiderte der Makler. „Am anderen Ende des Marktplatzes, bei der Kathedrale. Abends sieht man sie oft spazieren gehen.“
    Also nicht weit von hier entfernt. Als Edward die Augen schloss, glaubte er sie an seiner Seite zu spüren – seine mutwillige Muse. „Gut, ich miete den Palazzo“, verkündete er und blinzelte ins sizilianische Sonnenlicht.
    Am nächste nMorgen entfernten die Dienstboten des Dukes die deprimierende Ahnengalerie der Baronin und die schlimmsten vergoldeten Möbel und ersetzten sie durch erlesene Antiquitäten aus der Averton-Sammlung. In sorgsam entstaubten Ecken standen Marmorstatuen und anmutige Amphoren.
    Edwards Schlafzimmer ging zum Hof und der Straße dahinter hinaus. Im größeren Schlafgemach, offensichtlich von der Baronin benutzt, hingen Bettvorhänge von einem gigantischen Familienwappen herab. Aber er bevorzugte diesen kleineren Raum mit den weißgoldenen Möbeln auf einem abgewetzten blaurot gemusterten Teppich. Von hier aus konnte er die Ereignisse auf den Straßen der Stadt im Auge behalten. Und das Haus der Familie Chase.
    „Alles in bester Ordnung“, murmelte er und beobachtete, wie die Lakaien die letzten der aus London nach Sizilien verschifften Antiquitäten in den Palazzo trugen. Die berühmte Alabastergöttin wurde neben dem Kamin im Schlafzimmer postiert und erweckte den Eindruck, sie würde mit ihrem Pfeil auf die Porzellanschäfer und –schäferinnen zielen, die das Sims zierten. Durch ihren hölzernen Sockel zog sich ein Riss – seit dem verhinderten Diebstahl etwas breiter.
    Langsam strich Edward mit einer Fingerspitze über diese einzige Spur, die ihn an jene Nacht in der Galerie seines Londoner Hauses erinnerte. Schon oft hatte er Artemis’ kühle Leidenschaft mit Clios Wesen verglichen. Die Göttin des Mondes und der Jagd – niemals gestattete sie einem Sterblichen, ihr den Weg zu versperren, stets nahm sie sich, was sie wollte, was sie für ihr Recht hielt. Vor keiner Gefahr schreckte sie zurück.
    Aber Artemis war unsterblich, das Lieblingskind des allmächtigen Zeus, der sie immer und überall beschützte. Und Clio war, trotz ihrer Kühnheit, nur allzu menschlich. Eines Tages würde sie in ihrem Leichtsinn zu weit gehen und ein schlimmes Unheil erleiden. Welch ein törichtes Mädchen …
    Edward wandte sich von Artemis ab und betrachtete sich in einem Spiegel, der beinahe vom Boden bis zur Decke reichte. Was für einen seltsamen Anblick er bot, von vergoldeten Schnörkeln umrahmt … Das schulterlange rötlichblonde
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