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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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gar nichts dagegen, wenn man den Kesseldampf seitwärts abließe, aber Sam hatte nur geschnauft und geantwortet: »Was, zum Henker, interessiert mich die Zweckmäßigkeit? Alles was ich will ist Schönheit, und die werden wir auch kriegen! Wer hat schon je von einem Flußboot gehört, daß keine großen und beeindruckenden Schornsteine besaß? Hast du denn gar kein Herz, Bruder?«
    Die Nicht vermietbar verfügte über fünfundsechzig großzügig angelegte Kabinen mit Klappbetten, Tischen, Stühlen und je einem Waschbecken mit heißem und kaltem Wasser und eine ganze Reihe von Duschanlagen, die sich die Bewohner von jeweils sechs Kabinen teilen mußten.
    Auf den verschiedenen Decks gab es drei große Aufenthaltsräume mit Billardtischen, Pfeilwurfanlagen, Gymnastikausrüstungen und Bühnen, auf denen man Schauspiele oder Musicals aufführen konnte. In der Lounge des Hauptdecks schließlich befand sich ein großes Podium für das Orchester.
    Das Oberdeck der Brücke war mit geschnitzten, luxuriös wirkenden und mit weißem und rotem Flussdrachenleder überzogenen Möbeln ausgestattet. Der Steuermann saß in einem bequemen Schwenksitz vor einer Instrumentenkonsole, die unter anderem auch eine Reihe kleiner TV-Schirme enthielt, die es ihm erlaubten, in jeden wichtigen Bereich des Schiffes einzusehen. Direkt vor ihm stand ein Mikrofon, über das er mit jedem Menschen an Bord Sprechkontakt aufnehmen konnte. Momentan steuerte er die Nicht vermietbar lediglich mit zwei winzigen Hebern, von denen der linke das Backbord- und der rechte das Steuerbordschaufelrad kontrollierte. Einer der Bildschirme gehörte zu dem Radargerät, mit dem man sich während der Nacht orientieren konnte, während ein anderer mittels eines Sonars die jeweilige Wassertiefe anzeigte. Es war sogar möglich, die Steuerung einem Autopiloten zu übertragen, aber die Anwesenheit des Rudergängers war auch in einem solchen Fall unbedingt erforderlich.
    Sam hatte gebleichte Fischledersandalen an den Füßen, trug einen weißen Kilt, ein weißes Cape und eine weiße Offiziersmütze aus Plastik und Leder. Um seine Hüften schlang sich ein Gürtel mit einem Holster, in dem eine klobige, vierschüssige Mark II.69 baumelte. In einer Scheide steckte ein langes Messer.
    Er ging auf und ab, hielt eine lange grüne Zigarre zwischen den Zähnen und beobachtete, beide Arme nur dann hebend, wenn er die Zigarre aus dem Mund nehmen mußte, den Rudergänger Robert Styles, der jetzt zum ersten Mal hinter den Kontrollen des Schiffes saß. Styles war ein alter Mississippi-Schipper, ein gutaussehender Mann und eine ehrliche Haut, auch wenn er manchmal zu Übertreibungen neigte. Er war zwei Jahre zuvor aufgetaucht, und sein Erscheinen hatte dazu geführt, daß Sam nach langer Zeit wieder einmal die Tränen gekommen waren: Und das lag daran, daß er den Mann gekannt hatte, als sie noch beide auf dem Mississippi gefahren waren.
    Styles war nervös, und das war nicht ungewöhnlich bei einer Jungfernfahrt wie dieser. Selbst dem legendären Flußschiffer Kapitän Jesajah Seilers hätten in diesem Augenblick sicher die Hände gezittert. Und dabei war es gar nicht schwierig, das Schiff zu steuern: Selbst ein einäugiger Sonntagsschullehrer mit Tatterich hätte es schaffen können, oder sein sechsjähriger Sohn, wenn er wußte, wozu die beiden Hebel dienten. Wenn man sie nach vorne schob, erhöhte sich die Geschwindigkeit, in Mittelstellung hielten die Schaufelräder an, drückte man sie nach hinten, drehten sie sich rückwärts. Um das Schiff nach Backbord hinüberzubekommen, bewegte man den linken Hebel nach links, wollte man nach steuerbord, ging es genau umgekehrt.
    Aber es erforderte einige Übung. Glücklicherweise benötigten sie keine Karten, um sich auf dem Fluß zurechtzufinden: Es gab weder Inseln noch Sandbänke, und Treibholz konnte ihnen kaum gefährlich werden. Wenn das Schiff in zu niedrige Gewässer eindrang, würde das Sonar automatisch die Alarmglocken in Betrieb setzen. Wenn ein Boot während der Nacht vor ihnen auftauchte oder sich ein überdimensionaler Baum auf sie zubewegte, würde das Radarsystem alles weitere regeln, indem es eine rote Lampe aufleuchten ließ.
    Sam blieb eine halbe Stunde in Styles’ Nähe. Draußen zog die Uferlandschaft vorbei. Tausende von Menschen hatten sich am Fluß versammelt und winkten ihnen zu. Einige, das war klar, würden auch fluchen, da ihnen das Glück nicht hold gewesen war und sie jetzt zurückbleiben mußten. Aber zum Glück
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