Fantasy. Aber ohne doofe Elfen
recht
friedliche Jahre.«
Verena interessierte sich im Augenblick nicht für
die Geschichte des Hochmittelalters. »Du bist unsterblich, oder?«
»Das weiß ich nicht genau. Die Narbe an meinem
Hinterkopf hast du ja gefunden.«
»Ja.«
»Mit einer Axt kann man mich also nicht
umbringen.«
»Gut.«
»Andererseits kann ich zu Asche zerfallen.«
»Oder ewig leben.«
»Ich lebe ja eigentlich nicht.«
Verena sah ihn an, als hätte er im Lotto
gewonnen. »Ich habe Lebende gesehen, die einen toteren Eindruck
gemacht haben als du.«
Orthold ließ zwei Finger seiner rechten Hand
Verenas Oberarm hinaufklettern. »Tot sein finde ich eben ziemlich
langweilig.«
»Und über den Tod zu reden, ist auch
langweilig.«
»Okay, reden wir also über das Leben.«
»Oder wir tun's einfach. Leben, meine ich.«
Sei kein Frosch
Kommen wir nun zu einer Art
Frühwerk. Die folgende Geschichte ist die älteste in dieser
Sammlung, sie stammt ungefähr aus dem Jahr 1998. Damals mussten
Fantasy-Welten irgendwie schmutzig sein, und alle Zauberer waren
unfähige Idioten. Das Gegenteil wäre jeweils unerträglich gewesen.
Genau wie Fruchtbarkeitszauber im Allgemeinen ...
Der Regen hatte sich vorgenommen, die ganze
Welt in eine graue, zähe Soße zu verwandeln. Die mickrige
Kerzenflamme versuchte genauso unentwegt wie erfolglos, die
ängstliche Erwartung aus der Luft zu verbannen. Der modrig-feuchte
Geruch des Wetters hatte gar nicht erst an die Tür geklopft. In
unsichtbaren, mächtigen Schwaden hatte er Besitz ergriffen von der
Wohnstube des Farmers Hutkohl, der nervös am Holztisch saß.
Scheinbar lachte er die untauglichen Versuche der Kerzenflamme aus,
tatsächlich erweckten aber nur die Schatten, die auf den Wänden
unanständige Dinge zu treiben schienen, diesen Eindruck. In
Wirklichkeit wartete der Farmer auf einen Besucher. Und während die
Nässe sich anschickte, auch den allerletzten Winkel des Hauses zu
durchtränken, waren sogar zwei abendliche Gäste unterwegs zu
Hutkohls bescheidenem Heim.
Zum möglicherweise siebenunddreißigsten Mal
innerhalb der vergangenen Stunden erfüllte ein metallisches Klimpern
den armseligen Raum. Farmer Hutkohl besaß einen kleinen Beutel mit
Münzen, die er auf einem Haufen vor sich ausgebreitet hatte. Erneut
zählte Hutkohl sein Vermögen und kam zu einem neuen Ergebnis. Das
lag nicht daran, daß Münzen hinzugekommen oder zu Boden gefallen
wären. Vielmehr gehörte Mathematik für Hutkohl zu einem Teil des
Universums, der sich Lichtjahre von ihm entfernt aufhielt. Für
Hutkohl kam der Mais-Ernte eine höhere Bedeutung zu als jede
Zahlenspielerei. Zahlen, das hatte ihm sein Großvater vor langer
Zeit gelehrt, konnte man nicht essen. Hutkohl erinnerte sich daran,
daß sein Großvater ihm diese Tatsache eindrucksvoll vor Augen
geführt hatte, indem er ihm eine aus Holz geschnitzte Acht auf den
Teller gelegt hatte. Der kleine Hutkohl hatte die Ziffer damals in
der Tat nicht besonders gut vertragen.
Die einundsechzig, hundertundzwei oder
vierundneunzig Münzen wanderten wieder in ihren Beutel.
*
Es klopfte.
Hutkohl öffnete die Tür. Es kamen herein: Ein
bis auf die Haut durchnäßter älterer Herr mit langem Bart, ein mit
einem Mantel bekleideter Froschmensch sowie jede Menge Regen.
„Guten Abend“, grüßte der Mann und wrang
seinen Bart aus, „ich bin der Große Waarumnúr, Absolvent der
magischen Akademie.“
Farmer Hutkohl beeilte sich, die Tür hinter den
Gästen wieder zu schließen. „Es, äh, ist mir ein Vergnügen“,
versuchte er sich danach an einem weltmännischen Gruß. Nur mit
Schwierigkeiten konnte Hutkohl seine Beine davon überzeugen, daß
Weglaufen keine Lösung sei.
„Und dies“, erklärte Waarumnúr, „ist mein
Cousin Hartleid, stören Sie sich nicht an seinem Aussehen. Wir, uh,
hatten einen kleinen Unfall.“
„Quörk“, bestätigte der Cousin des
Zauberers.
Farmer Hutkohl dachte darüber nach, warum der
große Zauberer durchnäßt eingetroffen war. Hatte er etwa keinen
Schönwetter- oder Regenschirm-Zauber gesprochen? Waarumnúr
unterbrach Hutkohls Überlegungen, indem er begann, seine tropfende
Oberbekleidung abzulegen. Der Frosch, pardon, der Cousin, tat es ihm
gleich.
Eilig bot Hutkohl seinen Gästen Schnaps und einen
Rest dreimal aufgewärmter Suppe an. Ersterem sprachen der Zauberer
sowie sein Cousin dankend zu. Nach einigen Löffeln bedankten sie
sich – „Quaaaak!“ – für die Suppe und kamen zum
geschäftlichen Teil.
„Nun“, begann
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