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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG
Autoren: Jan Oldenburg
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erlebt, sondern bloß geträumt haben, während
wir sterbend in 043a lagen?«
    Â»Ich weiß nicht«, antwortete Professor Welk aus dem Finstern,
»was an diesem Gedanken witzig sein soll.«
    Â»Na ja«, gab der Student zu, »außerdem kann er auch nicht ganz
stimmen, sonst hätte ich ja den Zahn und Eralkes’ Schwert nicht mehr.«
    Stille folgte.
    Dann sagte der Professor:
    Â»Sie haben was ?«
    Â»Den Zahn und das Schwert.«
    Mit wenigen Schritten war der Dozent bei ihm.
    Â»Zeigen Sie mir das Schwert!«
    Theodor reichte es ihm in der Dunkelheit. Der Professor zog es aus
der Scheide.
    Seine Klinge leuchtete hellblau im Finstern, Runen zierten den
makellosen Stahl.
    Â»Ich hätte wirklich Lust, Ihnen Ihren akademischen Grad wieder
abzuerkennen! Wissen Sie, welches Schwert das ist?«
    Â»Ã„hm, Eralkes hat irgendwas gesagt von Si… Sil…«
    Â»Sirvanor!«, rief der Professor. »Das Schwert, mit dem Eralkes
die mächtige Eisenkette durchtrennt hat, mit der der wahnsinnige Zauberer
Urkamir den Mond gefesselt hatte!«
    Der Dozent eilte zu der verschlossenen Tür, holte aus und schnitt
sie mit einem nicht sehr kräftig geführten Hieb in zwei Hälften, die krachend
auf den Boden fielen.
    Der Student starrte mit offenem Mund.
    Â»Oh«, sagte er.
    In der Wirklichkeit herrschte noch immer Winter. Hoher
Schnee lag auf dem Campus der Universität.
    Â»Und was machen wir jetzt?«, fragte der Student, als sie durch
das Hauptportal ins Freie traten. Misstrauisch beobachtete er den Schatten, den
er im Licht einer Straßenlaterne warf, aber der schien im Augenblick keine
umfassende Weltverschwörung anzetteln zu wollen.
    Â»Jetzt werten wir die Ergebnisse unserer Expedition aus. Was
sollten wir sonst tun?«
    Â»Na ja, ich dachte, wir sonnen uns vielleicht eine Weile im
wohlverdienten Ruhm«, meinte Theodor.
    Â»Ruhm?«, lachte der Professor. »Mein lieber Herr Welk, wenn es
Ihnen um Ruhm geht, hätten Sie Marketing studieren sollen. Nein, vor uns liegt
ein Berg ernster wissenschaftlicher Arbeit.«
    Â»Ich dachte ja nur«, seufzte Theodor.
    Tatsächlich schien man in der Wirklichkeit keinerlei Notiz
von den Ereignissen in den Fernen Ländern genommen zu haben.
    Theodor saß in seiner Wohnung und sah hinaus in das nach wie vor
trübe Winterwetter.
    Es stimmte allerdings nicht ganz, dass ihre Reise überhaupt keine
Auswirkungen gehabt hatte.
    Ein paar Tage nach ihrer Rückkehr aus den Fernen Ländern bekam
Theodor einen Brief aus dem Studiensekretariat.
    Â 
    Sehr geehrter Student, sehr geehrte Studentin,
    Â 
    möglicherweise haben Sie in den letzten Tagen einen Brief erhalten,
in dem Ihnen die Abschaffung Ihres Studienganges angekündigt wurde.
    Dieser Brief ist irrtümlich versandt worden und geht auf einen
Fehler in unserem EDV-System zurück. Daher ist er als gegenstandslos zu
betrachten.
    Selbstverständlich können Sie Ihr Studium wie geplant an dieser
Universität beenden.
    Â 
    Mit freundlichen Grüßen
    Â»Wie geplant«, dachte der Student. Sehr humorvoll.
    Immerhin war ihre Expedition nicht ganz vergeblich gewesen.
    Er nahm den Telefonhörer in die Hand, um Professor Welk die Neuigkeit
mitzuteilen, aber der Dozent schien nicht zu Hause zu sein.
    Theodor sah auf die Uhr.
    Richtig, wenn das Phantastische Institut noch existierte, müsste der
Professor in einer halben Stunde seine Vorlesung über die Verschollenen
Chroniken halten.
    Ob er wohl ihre Begegnung mit Eralkes, den Zyklopen und ihre
Aventüren auf der Suche nach dem Verlorenen Tempel in
seinen Vortrag einbeziehen würde?
    In Form einer lustigen Anekdote, die sich irgendwann als regelmäßige
professorale Abschweifung etabliert und Generationen künftiger
Phantastikstudenten durch ihr Studium begleitet?
    Ach, du hast eine Vorlesung bei
Professor Welk? Hat er schon die Story erzählt, wie der Student fast von den
Zyklopen gegrillt worden wäre, weil er nicht wusste, wie man Grschoutou richtig
ausspricht?
    Generationen künftiger Phantastikstudenten?
    Würde überhaupt noch jemand zu den Lehrveranstaltungen des
Professors kommen?
    Theodor sah ein weiteres Mal auf die Uhr.
    In zehn Minuten konnte er bei der Uni sein.
    An der Wand neben dem Eingang von Raum 043a lehnten die
zwei Hälften der Stahltür, die das Schwert Sirvanor glatt durchtrennt hatte.
    Der Hörsaal war noch genau in dem Zustand, in
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