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Fantastik AG

Fantastik AG

Titel: Fantastik AG
Autoren: Jan Oldenburg
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Wunderspiegel erscheint seine liebe Gattin und Ehefrau Königin
Hymnia, aber dort ist sie viel fröhlicher als ihr Pendant, das neben Theodor im
Wohnzimmer sitzt und alles andere als glücklich wirkt.
    Â»Hallo, Schatz!«, ruft Wunderspiegelhymnia winkend. »Der
Fantastikkanal und ich freuen uns riesig, dir jetzt die aktuellen Börsenkurse
präsentieren zu dürfen!«
    Na, das hört man doch gern!
    Theodor macht es sich im Sessel bequem und zündet sich eine Zigarre
an.
    Der Aktienkurs der Fantastik AG geht steil nach
oben, erklärt Wunderspiegelhymnia und sieht dabei zum Anbeißen aus.
    Ein Blick zur Seite offenbart, dass selbiges leider nicht von der
anderen Hymnia gesagt werden kann, die nach wie vor miese Stimmung verbreitet.
    Deswegen wirft Theodor jetzt noch ein paar Münzen nach und dreht an
einem Regler, um die Energie-Absaugung zu erhöhen und Hymnias
Gesichtsmuskulatur zu entspannen. Es wäre doch gelacht, wenn er das als
Hauptaktionär nicht gemanaged bekäme.
    Das Summen wird lauter und der Aktienkurs schnellt senkrecht in die
Höhe, worüber sich Wunderspiegelhymnia riesig freut. Sie wirft ihm Kusshände
zu, und das ganz zurecht, denn nur seinem cleveren Marketing ist es zu
verdanken, dass Teil drei der Psychomörderballade » Der
Herzentferner « so extraordniär an den Kinokassen punkten konnte.
    Nur die andere Hymnia, die – Theodor muss es zähneknirschend
eingestehen – echte Hymnia weiß das so gar nicht zu
würdigen und blickt trüber denn je aus der Wäsche.
    Schnell noch ein paar Münzen nachgeworfen und die Energie-Extraktion
erhöht.
    Das Summen wird so laut, dass die Goldmünzen in Theodors Taschen
klimpern.
    Im Spiegel explodieren die Börsenkurse und die gute Laune von
Wunderspiegelhymnia.
    Und noch immer weigert sich die andere Hymnia zu lächeln. Im
Gegenteil: Sie fängt sogar zu weinen an.
    Jetzt verliert Hauptaktionär Theodor Welk so langsam die Geduld.
    S – mE = S + F!
    Warum verdammt noch mal kann sie sich nicht an eine so simple Formel
halten, die jeder Teilnehmer des Crashkurses ›Phantastische
Marktperspektiven‹ sofort in den allerersten Minuten begreift!
    Er springt auf und schlägt mit beiden Händen gegen das
Glasbehältnis, in dem seine Frau gefangen ist.
    Â»Wieso kannst du nicht fröhlich sein!«, schreit er. »Wieso tust
du mir das an!«
    Da sieht er plötzlich sein Spiegelbild und tritt erschrocken einen
Schritt zurück.
    Aus dem Glas blickt ihn jemand an, den er nur schwer als sich selbst
erkennt.
    Sein Spiegelbild trägt einen
pechschwarzen Anzug und einen ebensolchen Zylinder und kaut wütend auf einer
dicken Zigarre herum. Sein zorngerötetes Gesicht sieht aus wie das eines
cholerischen Trollbarbaren.
    Soll das wirklich er selbst sein?
    Plötzlich bemerkt er die feine Schnur an seinem Hals. Er greift
danach und zieht gedankenverloren einen kleinen Gegenstand unter seinem Hemd
hervor. Es ist – ein großer, krummer Zahn?
    Woran erinnert ihn das nur? Aus weiter Ferne hört er eine Stimme
sagen: »Man könnte Diamanten damit zertrümmern …«
    War da nicht mal was mit einer Rebellion?
    Rothaarige Kobolde?
    Jetzt ruft eine zweite Stimme (ist es die eines gewissen
Professors?): »Das Glas, zerschlagen Sie das Glas!«
    Das Glas?, denkt Theodor. Welches Glas?
    Und plötzlich kehrt die Erinnerung zurück. Er weiß wieder, wer er
ist, wer er wirklich ist. Er weiß, von wem er den Zahn bekommen hat.
    Und er weiß, welches Glas der Professor meint.
    Theodor nimmt das Halsband ab und hält den Zahn in seiner Faust.
    Er stößt zu.
    Die Welt um ihn zersplittert.
    In der Halle:
    Das Glas des Käfigs zerbarst, leise klirrend ging ein Regen von
Splittern nieder.
    Vollkommene Stille.
    Ihre großen Flügel ausbreitend, erhob Königin Hymnia sich aus ihrem
gläsernen Gefängnis.
    Licht ging von ihr aus, immer heller werdendes gleißendes Licht, vor
dem alle Dunkelheit weichen musste.
    Theodor sah, wie sich sein Schatten wand, in Flammen verzehrte und
schließlich ganz verging, wie ein schwarzer Insektenschwarm – in alle Winde
zerstob. Die Überwacher und den Schatten des Professors ereilte das gleiche
Schicksal.
    Königin Hymnia landete auf dem Eis und näherte sich dem Studenten,
der ehrfurchtsvoll den Kopf neigte.
    Â»Das war eine große Tat«, sagte sie lächelnd, »und sie soll
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