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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)
Autoren: Sunil Mann
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unrealistisch.«
    »Weshalb?«
    »Weil Leute, die so perfekt ausgebildet und gleichzeitig einsatzfreudig, flexibel, belastbar, kostenbewusst, kommunikativ, zielorientiert und motiviert sind und darüber hinaus auch noch über Durchsetzungsvermögen und Teamfähigkeit verfügen, gar nicht existieren. Und wenn doch, sind sie meiner Erfahrung nach Arschlöcher.«
    »…«
    »Schwierig im Umgang, wollte ich sagen.«
    »Was haben Sie in den letzten fünf Jahren gemacht?«
    »Ein Detektivbüro eröffnet und ein paar Fälle gelöst. Davor ein wenig studiert, gereist und im indischen Lebensmittelgeschäft meiner Mutter ausgeholfen.«
    »In einer leitenden Position?«
    »Sie kennen meine Mutter nicht.«
    »Wo sehen Sie sich in Zukunft?«
    »Wenn es nach ihr ginge: im Kreis einer kinderreichen Familie.«
    »Wieso sollten wir Ihnen die Stelle geben?«
    »Ich bin jung und brauche das Geld. Dringend.«
    »Haben Sie noch Fragen zum Betrieb oder Ihren Aufgaben?«
    »Wann wird der Entscheid denn gefällt? Ich könnte Sie im Verlauf des Nachmittags telefonisch …«
    »Bitte nicht! Wir werden uns zu gegebener Zeit bei Ihnen melden.«
    Als ich wenig später in die Dienerstrasse einbog, hatte ich das Gefühl, mein erstes Bewerbungsgespräch seit Jahren sei ganz passabel verlaufen.
    Ich wünschte einzig, das spontane Besäufnis am Vorabend hätte mein Gehirn nicht zu klebrigem Schlick verwandelt. Wahrscheinlich hätte ich dann die impertinenten Fragen der Personalchefin nicht so sanftmütig pariert. Denn heutzutage waren Kampfroboter auf dem Arbeitsmarkt gefragt – so viel war mir immerhin klar geworden –, keine einfühlsamen Philanthropen.
    Ich parkte meinen hellblauen Käfer am Straßenrand und steuerte auf die Eingangstür des schäbigen Wohnblocks zu, in dem sich mein Apartment befand. In genialer Doppelnutzung war in denselben Räumlichkeiten auch mein Detektivbüro untergebracht, was wohl manchen nicht so gesetzestreuen Staatsbürger zu steuertechnischen Spitzfindigkeiten verleitet hätte. Mich leider nicht, denn ich hatte schlicht keine Ahnung, wie so etwas zu bewerkstelligen gewesen wäre.
    Meine Kernkompetenz lag ganz woanders, nämlich im Lösen kniffliger Fälle. Selbst wenn ich in letzter Zeit ernsthaft daran zweifelte.
    »Dein Briefkasten quillt über!«, rief jemand hinter mir, als ich umständlich den Hausschlüssel aus meiner Hosentasche kramte.
    »Und?«, blaffte ich zurück, ohne mich umzudrehen.
    »Der wurde seit mindestens einer Woche nicht mehr geleert!«, tönte es vorwurfsvoll weiter.
    »Willst du mich jetzt beim Ordnungsamt anzeigen? Was geht dich das überhaupt an?« Ich wandte mich um und starrte in das blasierte Gesicht eines pausbäckigen Mädels, das an die Wand gelehnt unter dem Vordach stand. Sie sah aus, als hätten ihre Eltern sie mit Mettwurst großgezogen.
    Missmutig suchte ich den Briefkastenschlüssel am Bund und nahm die Post heraus. Tatsächlich handelte es sich dabei um einen ungewöhnlich dicken Stapel, was meinen Unwillen, mich damit zu befassen, nur noch verstärkte.
    »Zufrieden?«, knurrte ich, doch die junge Frau zuckte gleichgültig die Achseln. Ich bedachte sie mit einem giftigen Blick und schloss die Eingangstür auf.
    Ich hatte gerade den ersten Treppenabsatz erreicht, als ich hinter mir schlurfende Schritte vernahm. In der flackernden Flurbeleuchtung wirkte ihr Gesicht noch blasser als draußen. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, Unsicherheit darin zu erkennen, doch im nächsten Moment schob das Mädchen trotzig die Unterlippe vor.
    »Was willst du?«
    »Zu dir.« Leise keuchend, aber mit entschlossener Miene stapfte sie die Stufen hoch.
    Auch das noch!, dachte ich gereizt und ging wortlos weiter. Ich betrat meine Wohnung und ließ die Tür offen stehen. Mit der Selbstverständlichkeit einer zugelaufenen Katze folgte mir die Kleine.
    Ich warf die Post auf den Schreibtisch, der zusammen mit dem abgewetzten Sofa und den beiden Sesseln die Basisinfrastruktur meines Büros bildete.
    Mit kritischem Blick musterte das Mädchen die Einrichtung und rümpfte unmissverständlich die Nase, bevor sie sich in den Besuchersessel fallen ließ. Von wo aus sie Kaugummi kauend jede meiner Bewegungen mit einer Mischung aus Verachtung und Neugier verfolgte, als wäre ich ein sonderbares kleines Tierchen im Zoo.
    Ich kümmerte mich nicht um sie und verschwand im Schlafzimmer, um die Krawatte abzulegen und den alten Anzug von H & M sorgfältig im Schlafzimmerschrank aufzuhängen. Das knitterige
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