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Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)

Titel: Familienpoker: Vijay Kumars vierter Fall (German Edition)
Autoren: Sunil Mann
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Notenbündel vom Tisch und wedelte damit vor meiner Nase herum.
    Dass sie davon ausging, mit Geld alles kaufen zu können, nahm ich ihr nicht übel, schließlich war das überall auf der Welt so – nicht nur in Zürich. Aber ihre überhebliche Göre-aus-reichem-Elternhaus-Haltung, mit der sie mir unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie Leute wie mich, mit Jobs wie meinem, in heruntergekommenen Wohnungen wie dieser grundsätzlich ihrer unwürdig hielt, war mir zutiefst zuwider.
    Sie musste meinen Zorn bemerkt haben, denn als ich mich jetzt mühsam aus meinem Sessel hievte, sank sie in sich zusammen und guckte mir enttäuscht hinterher.
    »Auf Wiedersehen!« Ich riss die Tür auf und wies mit einer bestimmten Handbewegung hinaus. Dabei hielt ich mich krampfhaft an der Klinke fest und hoffte, dass sie mein Schwanken nicht bemerkte.
    »Aber …«, fiepte sie, doch ich blieb hart. Das Mädchen hatte nicht nur eine fragwürdige Haltung, sie trug darüber hinaus eine ganze Gucci-Handtasche voller Probleme mit sich herum. Der getürkte Anruf vorhin war mir Beweis genug. Sie brauchte nicht mich, sondern eine einfühlsame Lehrerin, verständnisvolle Eltern, die ihr zuhörten, oder wenigstens eine halbwegs dichte Freundin. Dass ihr wahrscheinlich nichts von alledem zur Verfügung stand, war wirklich nicht meine Schuld.
    Wie ein geschlagener Hund erhob sich die Kleine und schleppte sich zur Tür. Als sie mich mit ihren großen, veilchenblauen Augen verzweifelt ansah, tat sie mir plötzlich leid. Doch ich war lang genug im Geschäft, um Ärger meilenweit gegen den Wind zu riechen. Und gerade jetzt müffelte es ziemlich in meinem Büro.
    »Ich möchte doch nur wissen, wer ich bin«, wisperte sie halblaut. Mit hängenden Schultern schlurfte sie in den Korridor hinaus. Auf dem Treppenabsatz wandte sie sich noch einmal mit einem mitleiderregenden Augenaufschlag nach mir um und ich hatte plötzlich einen dicken Kloß im Hals. Sie mochte noch ein halbes Kind sein, aber auf der Klaviatur der Gefühle spielte sie bereits wie eine preisgekrönte Pianistin.
    Ich schenkte mir einen weiteren Amrut ein und versuchte, das sonderbare Mädchen aus meinen Gedanken zu verbannen, indem ich meine hängigen Fälle durchging. Fünfzehn Sekunden später war ich fertig damit. Obwohl ich mich abmühte, möglichst viele Aufträge an Land zu ziehen, kam ich irgendwie auf keinen grünen Zweig. Anders als bei den Privatdetektiven in Romanen oder Fernsehserien, die sich vor aufregenden Missionen kaum retten konnten, verbrachte ich meinen Alltag größtenteils mit ›Obsen‹, wie man Observationen im Detektivjargon nannte. Das bedeutete stundenlanges Ausharren bei jeglicher Witterung, um das verdächtigte Objekt eines Vergehens zu überführen, sowie endlose Beschattungen von Zielpersonen, dazu kamen das penible Zusammentragen von Beweismaterialien und nicht selten langwierige Befragungen von Zeugen. Zeitweise war ich geradezu erschüttert, welch unfassbar langweilige Leben manche Leute führten.
    Nur sehr selten wurde es wirklich spannend. Und noch seltener reihten sich die Engagements so nahtlos aneinander, dass ich von einem geregelten Einkommen hätte sprechen können.
    Nicht allein aus diesem Grund hatte ich begonnen, mich nach einer beruflichen Alternative umzusehen, und dabei überrascht festgestellt, wie großzügig ein bisschen im Büro Rumsitzen entlohnt wurde. So im Vergleich.
    Gegen halb zwei begab ich mich an die Badenerstrasse und setzte mich ins Forum . In den Zwanzigerjahren das größte Kino der Stadt, später ein Spielsalon und Schnellimbiss, war die Lokalität nun zu einer Bar mit durchgehenden Fensterfronten und pseudoheimeliger Holzvertäfelung umgebaut worden, the place to be für hippe Leute und solche, die es krampfhaft zu sein versuchten. Nicht unbedingt der Ort, an dem ich mir einen Feierabenddrink gegönnt hätte, dazu war mir alles zu Bling-Bling, aber weder war für mich Feierabend noch befand ich mich aus privaten Gründen hier.
    Gegen einen Drink sprach jedoch nichts, bestand doch meine Aufgabe einzig darin, im Auftrag einer großen Zürcher Versicherung einen Mann namens Raphael Fontana zu observieren.
    Raffi, wie er in der Szene genannt wurde, trug den obligaten Dreitagebart, war dunkelhaarig, gut aussehend für Leute mit schlichtem Geschmack, etwas über dreißig und das, was man im Schweizer Volksmund einen Filou nannte. Ein gegenüber üblichen moralischen Grundsätzen immunes Schlitzohr, wie ich den Begriff
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