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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande
Autoren: Hannah Siebern
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ertönte eine helle Stimme und eine Frau erschien neben dem Mädchen.
    Violette. Cynthia hatte sie schon lange nicht mehr gesehen, aber sowohl ihre Stimme, als auch ihre Erscheinung waren unverkennbar. Mit ihrer schlanken Figur und den langen glatten Haaren entsprach sie genau dem Schönheitsideal einer Warmblüterin. Das junge Mädchen an ihrer Seite sah ihr ähnlich, konnte aber unmöglich ihre Tochter sein. Das Kind wirkte, als wäre es mindestens dreizehn. Selbst wenn Violette in Cynthias Abwesenheit eine Tochter bekommen hätte, hätte diese unmöglich schon so groß sein können. Gespannt sah Cynthia nach unten und betrachtete das Mädchen.
    Sie trug ein schönes dunkles Kleid, das ihre helle Haut betonte. Ihr Haar war dunkelbraun und Cynthia fand sie sehr hübsch.
    „Es tut mir Leid, Tante Violette“, sagte das Mädchen betreten. „Das war keine Absicht.“
    In diesem Moment erst dämmerte es Cynthia. Natürlich kannte sie das Mädchen. Es war Jasons Tochter Laney. Sie hatte das Kind zwar zuerst nicht erkannt, weil sie so groß geworden war, aber sobald man es wusste, war es offensichtlich. Sie wurde Kara immer ähnlicher, hatte aber auch viel von Jason. Cynthia keuchte. Eine Eisenfaust schien sich um ihr Herz zu schließen. Wenn Laney da war, war ihr Vater dann auch gekommen? Und Kathleen? Die beiden zusammen zu sehen wäre mehr, als ihr angeschlagenes Herz vertragen könnte.
    „Das wäre ja auch nochmal schöner“, sagte Violette in diesem Moment und sah Laney böse an. „Pass besser auf, wo du hinläufst, sonst musst du beim nächsten Mal zu Hause bleiben.“
    Es war offensichtlich, dass Violette die Angelegenheit äußerst peinlich war. Geknickt senkte Laney den Kopf.
    „Du Trampel. Ich habe extra noch gesagt: Vorsicht. Du hättest halt doch lieber auf die hohen Schuhe verzichten sollen, wenn du nicht darauf laufen kannst“, triezte sie ein junger Mann, der hinter ihr den Saal betrat.
    Als Cynthia ihn erblickte, glaubte sie einen Augenblick lang ersticken zu müssen. Ihr Instinkt sagte ihr, dass der junge Mann, der soeben den Saal betreten hatte, nicht Jason sein konnte. Nie im Leben hätte dieser seine Tochter vor der gesamten Gesellschaft noch zusätzlich gedemütigt. Doch der Mann sah Jason so ähnlich, dass ihr das Herz bis zum Hals klopfte. Sie fühlte, wie ihr heiß und kalt wurde. Ihre Hände begannen zu zittern und der Schweiß brach ihr aus, so dass sie sich setzen musste. Ein paar Schritte hinter ihr standen Stühle, von denen aus sie den Saal nicht mehr sehen konnte, und sie nutzte die Gelegenheit, um ein paar Mal tief durchzuatmen. Betroffen vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und versuchte ihre Fassung wiederzuerlangen.
    Sie hatte zwar gewusst, dass ihre Gefühle für Jason immer noch vorhanden waren, aber niemals hätte sie gedacht, dass sie so stark darauf reagieren würde, seinen Bruder zu sehen.
    „Reiß dich zusammen“, flüsterte Cynthia sich selber zu und richtete sich wieder auf.
    Sie atmete noch ein paarmal tief durch und ging dann wieder an das Geländer, um nach ihrer Familie Ausschau zu halten. Egal, wie ähnlich Simon seinem Bruder sah. Er war nicht Jason. Er war ein kleines Wildschwein ohne Anstand und Würde. Und sie würde sich von ihm nicht den Abend verderben lassen.
    Cynthia konnte sehen, dass Larissa sich inzwischen zu Violette und Laney begeben hatte und dem Mädchen tröstend eine Hand auf die Schulter gelegt hatte. Eigentlich wäre das Cynthias Aufgabe gewesen. Sie war früher Laneys Kindermädchen gewesen und liebte das Kind immer noch. Sie sollte hinunter in den Saal gehen und mit ihr reden. Sie sollte auch Violette und Simon willkommen heißen und später vielleicht sogar auf freundschaftliche Weise mit dem jungen Mann tanzen. Trotz allem war er schließlich ihr Cousin.
    Entschlossen straffte Cynthia die Schultern und ging die Treppe hinunter, um ihre Familie zu begrüßen. Sie würde sich nicht noch einmal von Simon aus dem Gleichgewicht bringen lassen. Wie sie ihn kannte, würde er es nur genießen, wenn sie vor ihm einen Zusammenbruch erlitt. Diese Genugtuung wollte sie ihm auf keinen Fall zugestehen. Wäre doch gelacht, wenn sie es nicht schaffen würde, ihn genauso zu behandeln wie vor acht Jahren.

sechs Jahre später

Kapitel 3
    Die Erweckung
    Eine Zeremonie zur Erweckung eines Familienangehörigen war immer eine sehr aufwändige Prozedur. Es erforderte Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen. Doreen besaß beides, obwohl sie es schaffte,
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