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Familienaufstellungen

Familienaufstellungen

Titel: Familienaufstellungen
Autoren: Eva Tillmetz
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durchforsten und neue Bilder zu entwerfen. Eine Familienaufstellung oder eine Familienskulptur kann hier zum Schlüsselerlebnis werden.
     
    ▶▶ Beispiel: Andrea lebt jetzt wieder allein. Ein Stoßseufzer der Erleichterung wird hörbar, als sie dies erzählt. Während sie von ihrer neu gewonnenen Freiheit berichtet, kippt ihre Stimme immer wieder. Sie ist wütend auf sich: »Warum suche ich mir immer denselben Typ Mann aus? Kaum bin ich mit ihm ein halbes Jahr zusammen, wird er immer langweiliger und träger, dabei strenge ich mich so an.« Sie stockt, dann fährt sie fort. »Irgendwann kommt der Punkt, wo ich keine Lust mehr habe, ihm hinterherzurennen und ihn zu betören.«
    Tränen stehen in ihren Augen. Sie spürt, wie sehr sie sich nach einer gelungenen Beziehung sehnt.
    Auf einem Seminar stellt Andrea ihre Herkunftsfamilie auf. Sie sucht sich vier Rollenspieler für ihren Vater, ihre Mutter, ihre jüngere Schwester und sich selbst aus. Sie stellt sich (1) mit weitem Abstand ihrem Vater (V) gegenüber
hin. Ein wenig entfernt steht vom Vater aus gesehen links die Mutter (M). Dicht neben der Mutter positioniert sie ihre kleine Schwester (2).

    Nun hört sie von den Stellvertretern, wie diese sich in ihren Positionen erleben.
    Vater: »Ich sehe meine Tochter. Sie ist mir sehr fern, und doch fühle ich mich zu ihr hingezogen. Das kann ich ihr aber nicht zeigen. Zu meiner Frau habe ich wenig Kontakt. Ich sehe ihren Rücken. Meine jüngste Tochter nehme ich überhaupt nicht wahr.«
    Mutter: »Für meine jüngste Tochter empfinde ich sehr viel Wärme und Zuneigung. Ich bin froh, dass sie so nah bei mir ist. Sie ist mir eine wichtige Stütze. Zu meiner großen Tochter habe ich wenig Kontakt. Ich sehe sie nur aus dem Augenwinkel. Sie ist so anders. Wenn ich jetzt nicht gerade meinen Mann hätte reden hören, hätte ich kaum wahrgenommen, dass er noch da ist. Wir haben uns auseinandergelebt. Er sieht ganz andere Dinge als ich.«
    Ältere Tochter: »Ich fühle mich hier sehr einsam. Mein Blick richtet sich auf den Papa. Ich spüre viel Sehnsucht nach ihm. (Tränen stehen in ihren Augen.) Ich versuche alles, um ihn zu erreichen, aber ich komme ihm nicht nahe. Wenn ich nicht auf den Papa schaue, sehe ich hinüber zu meiner Mama und zu meiner Schwester. Ich bin eifersüchtig auf meine kleine Schwester, dass sie so nah bei der Mama ist.«
    Jüngste Tochter: »Mama und ich, wir gehören zusammen. Außer der Mama sehe ich eigentlich niemanden richtig. Mir wird es aber zu viel, in Mamas Augen zu schauen. Sie schaut mich so erwartungsvoll an.«
    Nun geht Andrea in ihre eigene Position. Wut und Trauer steigen in ihr hoch. Vor Zorn weinend erzählt sie, wie sie oft vergeblich auf ihren Vater gewartet hat, wie sie sich als kleines Mädchen angestrengt hat, seine Liebe zu bekommen. Sie brachte überdurchschnittliche Leistungen aus der Schule nach Hause, sie lernte Skifahren und nahm erfolgreich an Meisterschaften teil, weil sie wusste, dass ihr Vater von diesem Sport begeistert war. Die Seminarleiterin schlägt ihr vor, dem Vater ihren Schmerz direkt mitzuteilen, lädt sie ein, zum Vater zu gehen und ihre Hände in seine zu legen. Nach erstem Widerstand legt sie ihre Hände in die Hände des Vaters. Die Seminarleiterin spricht ihr vor: »Lieber Papa.« Erst widerwillig, dann mit belegter Stimme wiederholt Andrea: »Lieber Papa.«
    Die Seminarleiterin ermuntert sie: »Sag’s noch mal und schau ihm dabei in die Augen.«
    Andrea: »Lieber Papa.«
    Seminarleiterin: »Lieber Papa, ich habe so viel unternommen, um dich zu erreichen. Bitte schau mich an.«
    Andrea wiederholt.
    Die Seminarleiterin wechselt auf die Seite des Vaters und fragt den Vater-Stellvertreter, was er nun seiner Tochter sagen möchte.
    Er sagt: »Meine liebe Tochter …« Sein Atem stockt, dann, nach einer Pause: »Ich habe deine Liebe gespürt, aber ich konnte dir die meine nicht zeigen. Heute kann ich dir sagen, dass ich dich sehr liebe.«
    Andreas Wut schwindet. Sie spürt die Liebe zu ihrem Vater und schaut ihn lange an. Ihr Vater geht auf sie zu und nimmt sie in den Arm.
    In der Aufstellung spürte Andrea, dass sie von ihrem Vater geliebt wird, dass sie liebenswert ist – jenseits jeglicher Anstrengung.
    Die Aufstellung wird weiterwirken. Möglicherweise wird sie ihrem Vater von der Aufstellung erzählen und ihm näherkommen, nun aber nicht mehr mit dem Leistungsanspruch an sich selbst. Mit diesem inneren Bild wird sie sich in einer neuen Beziehung anders
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