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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel
Autoren: Mariano Hamilton
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könnte. Das Revier war höchstens dreißig Meter entfernt. Es lag genau gegenüber. Wenn der wachhabende Beamte nur halbwegs aufmerksam war, konnte er mich leicht vor dem Haus ausmachen.
    Ich parkte fünfzig Meter weiter hinter einer Querstraße, rutschte tiefer in den Sitz hinein und stellte den Rückspiegel so ein, dass ich alles gut im Blick hatte.
    Das Licht, das aus dem Revier drang, fiel auf den Beamten und die Vorderseite des Hauses von Jennifer Carter. Lieber wäre mir gewesen, wenn es dunkel gewesen wäre, so lief ich Gefahr, mich mit einem Dorfpolizisten auseinandersetzen zu müssen, der einem aus Langeweile das Leben schwer macht.
    Der Polyp saß auf einer Bank und las in einer Zeitschrift. Er nickte immer mal wieder ein, aber kurz bevor er das Gleichgewicht verlor, fing er sich. Hin und wieder steckte er sich eine Zigarette an, nahm zwei Züge und drückte sie dann aus.
    Nach vierzig Minuten war Wachwechsel. Der Nachfolger tat genau dasselbe wie sein Vorgänger: Er las, nickte ein und bevor er hinfiel, wachte er auf. Nur, dass er nicht rauchte. Ich wurde langsam schläfrig, doch die schneidende Kälte hielt mich wach. Ich sehnte mich nach meinem Bett.
    Nach zweieinhalb Stunden ging bei der Carter ein Licht an. Der Polizist schaute zum Haus hinüber. Ich tat es ihm gleich. Kurz darauf kehrte er zu seiner Zeitschrift zurück, als ob nichts geschehen wäre. Ich versuchte mich auf den Eingang zu konzentrieren. Auf die Entfernung war nicht allzu viel zu erkennen, aber vermutlich war die Alte nur aufgestanden, um pinkeln zu gehen oder ein Glas Wasser zu trinken. Doch weit gefehlt, denn kurz darauf ging das Licht im Haus aus, dafür eines im Flur an, und eine Frau im schwarzen Mantel trat auf die Straße. Wenn das Señora Carter sein sollte, dann war sie ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte: Sie war nicht älter als dreißig, gut angezogen, und ihr Gang war jugendlich. Ich dachte, ich würde auf eine Art Hexe treffen, aber stattdessen hatte ich eine attraktive junge Frau vor mir. Ihr Gesicht konnte ich nicht genau sehen, denn sie trug einen großen schwarzen Hut und bog, bevor sie am Gordini vorbeikam, in die Calle Chaco ein. Auch der Polizist blickte ihr nach.
    Ich sah auf die Uhr: Viertel vor eins. Ich war halb totgefroren, hatte das Herumsitzen satt und entschied, einen kleinen Ausflug zu Fuß zum Haus von Señora Carter zu machen. Ich ließ den Gordini an, legte den zweiten Gang ein, fuhr direkt auf die Ruta 7, bog rechts ab und parkte nach zwanzig Metern auf dem Bürgersteig. Ich stieg aus, es war keine Menschenseele unterwegs. Ich hatte Lust auf eine Zigarette.
    Zu Fuß schlenderte ich zurück zur Directorio, machte aber einen kleinen Schlenker über die Chaco, denn von der Vorderseite kam man nicht ins Haus, ohne von dem Polypen gesehen zu werden. Dreißig Meter hinter der Ecke befand sich eine Freifläche. Ich schnippte die Zigarette weg, streifte die Lederhandschuhe über, kletterte über den Zaun und kämpfte mich durch das Gestrüpp bis zum anliegenden Grundstück. Wie ich vermutet hatte: Um zum Haus der Carter zu gelangen, musste ich durch zwei Gärten hindurch. Ich warf ein paar Steinchen, um mich zu vergewissern, dass es keine lästigen Hunde gab, kletterte über die erste Mauer, eilte durch den dunklen Garten, wiederholte das Ganze, und schon hatte ich mein Ziel erreicht. Der hintere Teil des Hauses war nur schwach vom Schein der Lampe im Eingangsbereich erleuchtet. Ich griff nach der Taschenlampe in der Innentasche des Mantels, ließ sie aber stecken. Erstmal Türen und Fenster inspizieren: alles verrammelt. Jetzt holte ich die Taschenlampe doch heraus und leuchtete in das Schloss; der Schlüssel steckte von der anderen Seite. Ein Kinderspiel. Ich ging zu dem Schuppen, fand eine alte Zeitung und faltete sie einmal in der Mitte. Dann schob ich sie unter der Tür durch und drückte mit meinem Taschenmesser gegen den Schlüssel, der weich auf dem Papier landete. Langsam zog ich ihn unter der Tür durch und innerhalb von zehn Sekunden hatte ich die Tür geöffnet.
    Sofort nahm ich den starken Tabakgeruch wahr. Jemand rauchte Zigarren. Die Hintertür führte direkt in die Küche. Es war sehr dunkel, doch solange ich nicht sicher war, dass sich niemand im Haus befand, und dass mich der Polizist nicht bemerkt hatte, wollte ich die Taschenlampe nicht anmachen. Vorsichtig schlich ich ins Wohnzimmer und spähte aus dem Fenster: Der Polizist saß immer noch in derselben Haltung da wie zuvor und
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