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Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Falsches Spiel: Roman (German Edition)

Titel: Falsches Spiel: Roman (German Edition)
Autoren: Giorgio Faletti
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die die Macht haben, eine Freundschaft stetig zu vertiefen. Wenn möglich telefonieren wir abends um Viertel vor acht, um gemeinsam bei Carlo Contis ›Guillotine‹ mitzuspielen. Jeder sitzt mit dem Telefonhörer in der Hand vor seinem Fernseher und versucht, mit Hilfe einer Liste von fünf Wörtern, die der Kandidat erhält, das geheimnisvolle Wort zu erraten, das zu allen fünfen passt. Rosa ist wesentlich besser als ich, und obwohl ich mir redlich Mühe gebe, ziehe ich regelmäßig den Kürzeren. Trotz diesem und anderer Rituale bin ich noch nie bei ihr zu Hause gewesen, und sie war auch noch nie bei mir.
    Die Küchentür öffnet sich im selben Moment wie die Eingangstür. Rosa nähert sich mit einem Teller in der Hand, während Fabio ins Restaurant zurückkehrt, auf mich zukommt und mit einer Zeitung herumwedelt. Vorspeise und Zeitung landen gleichzeitig auf meinem Tisch.
    Das Tatar riecht nach einem Hauch Knoblauch, wie immer. Die Titelseite des Corriere della Provincia , derselben Ausgabe, die in meinem Auto liegt, zeigt nach wie vor den rasenden Jubel des Spielers im roten Trikot, der soeben ein Tor geschossen hat.
    Fabio streicht über das Papier.
    »Hast du das gesehen? Du hast mir gar nicht erzählt, dass das Raubein auf dem Titel ist.«
    Raubein ist der Spitzname, den man diesem Spieler in Anlehnung an John Wayne gegeben hat, wegen seines Durchsetzungsvermögens und seiner Unerbittlichkeit, die ihn im Verlauf der Meisterschaft zum Symbol der Mannschaft haben werden lassen. Zum Mann, der sowohl in der Kabine als auch auf dem Spielfeld der unumstrittene Mittelpunkt ist.
    Ich schaue Fabio an und gebe mich überrascht.
    Und lüge.
    »Das wusste ich gar nicht. Ich habe es heute Morgen nicht geschafft, mir Zeitungen zu besorgen.«
    Fabio klingt immer noch so ungläubig, als hätte sich vor seinen Augen ein Wunder ereignet.
    »An das Spiel erinnere ich mich noch gut. Sogar ich bin hingefahren. Was für ein Tor, das er diesen …«
    Ich schaue immer noch auf das Foto, und Fabios Worte verhallen ungehört. Die abgebildete Person, dieses angespannte Gesicht und der auf Papier gebannte Schrei werden ins Riesenhafte aufgeblasen, ebenso wie die Gedanken, die ich mit mir herumschleppe. Auch ich trage einen Schrei in mir, der niemals Klang werden kann. Dieser Spieler, das Symbol der Mannschaft, der Bezugspunkt auf dem Feld, hat beschlossen, die heutige Partie abzuschenken. Und das Schlimmste daran ist, dass das Raubein eigentlich Roberto Masoero heißt.
    Er ist mein Sohn.

Vier
    Als ich das Restaurant verlasse, bleiben Personen zurück, die ich kenne und die mich kennen. Ich bin überzeugt, unbehagliche Mienen zu hinterlassen. Wie groß das allgemeine Unbehagen aber auch sein mag, an das meine kann es nicht heranreichen.
    In meinem Wagen befinde ich mich in vertrauter Umgebung. Am Rückspiegel hängt das Duftbäumchen, auf der Ladefläche ist das Material verstaut, und auf dem Beifahrersitz liegen die Zeitungen. Nur von der Titelseite des Corriere della Provincia schaut mich ein Unbekannter an. Die Beziehung zu den eigenen Kindern bedeutet immer lebenslänglich und sieht keine Bewährung vor.
    Ich stelle den Motor an, fahre aber nicht los. Da ich noch den Geschmack des Espresso auf der Zunge habe, müsste die Zigarette, die ich mir anstecke, gut schmecken.
    Müsste.
    Die Klimaanlage bläst ein wenig frische Luft ins Wageninnere. Ich stelle sie aus. Die Eiseskälte, die ich in mir verspüre, reicht voll und ganz, um den Wagen herunterzukühlen. Soeben will ich die Parkbucht verlassen, als Rosa in der Restauranttür erscheint. Sie schaut nach rechts und nach links, ob kein Auto kommt, und überquert dann mit ihrem zügigen Schritt die Straße.
    Als sie fast auf meiner Höhe ist, lasse ich das Fenster herunter.
    Eine Weile steht sie einfach da und schaut mich durch die Öffnung an. Ihre Stimme spiegelt einen Kummer, den ich teile.
    »Silvano, was ist los?«
    Am liebsten würde ich ihr alles erzählen, stattdessen …
    »Nichts.«
    »So siehst du aber nicht aus.«
    »Nichts, das sich nicht regeln ließe, wollte ich sagen.«
    Rosa begreift, dass ich das Problem, um was auch immer es sich handelt, alleine lösen muss.
    »Dann regele es. Aber zwei Dinge darfst du nicht vergessen.«
    »Nämlich?«
    »Ich bin da, wenn du mich brauchst.«
    Der Satz ist ein Rettungsring. Und gleichzeitig ist er ein Hilfeschrei. Im Moment habe ich aber nicht die Kraft, ihr ebenfalls einen Rettungsring hinzuwerfen.
    »Das war Nummer eins. Und was
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