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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken
Autoren: Rainer M. Schröder
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bis wir auf eine Ortschaft mit einem anständigen Gasthof stoßen.«
    »Ist mir recht«, sagte Tobias. »Dann kümmere ich mich um unsere Sachen und lösche schon mal das Feuer.«
    Sadik nickte. »Aber vorher zünde die Kutscherlampen an. Ich brauche Licht.«
    Gaspard hatte indessen die Flammen am Fuße des Baumes und zwischen den Büschen mit der Pferdedecke ausgeschlagen und kehrte zur Kutsche zurück, als Tobias die beiden Außenlaternen rechts und links vom Kutschbock und die kleine Öllampe im Wageninnern entzündet hatte. Fasziniert sah er, wie Sadik ein längliches Sandelholzkästchen auf das Fußbord des Kutschbocks stellte und aufklappte. Es war in viele verschiedene Fächer unterteilt und enthielt Arzneien.
    Sadik säuberte die Wunde mit einem sauberen, alkoholgetränkten Tuch und rieb dann ein grau-grünliches Pulver, das wie Schimmel aussah, in die Fleischwunde. Jana hielt sich tapfer. Die Berührung verursachte ihr Schmerzen, doch sie verbiss sich jeden Laut.
    »Die Hirse wächst nicht schneller, wenn zwei einem dritten beim Wässern des Feldes zuschauen«, brummte Sadik. »Holt besser die Pferde und spannt sie schon mal ein, damit wir gleich zurück auf die Landstraße können! Ich bin hier noch etwas beschäftigt. Wer sich mit der Bearbeitung von Perlen beschäftigt, muss Sorge tragen, dass er ihre Schönheit nicht zerstört.«
    »Von welcher Perle spricht er?«, fragte Gaspard spöttisch an Tobias gewandt.
    »Der menschliche Leib ist die edelste Schöpfung der irdischen Welt«, belehrte Sadik ihn ernst, »und wer ihn heilen will, muss behutsam und liebevoll mit ihm umgehen. Aber dazu brauche ich euch gewiss nicht.«
    Tobias wäre gern bei Jana geblieben, sah jedoch ein, dass die Zeit mit untätigem Herumstehen wirklich vertan war und besser genutzt werden konnte.
    »Woher kann der Araber so etwas bloß? Hast du nicht gesagt, er wäre der Führer und Dolmetscher deines Vaters gewesen?«, wollte Gaspard wissen, als er mit Tobias zu den Grauschimmeln hinüberging, die sich von dem Kampflärm kaum hatten stören lassen. »Das sah ja richtig gekonnt aus! Die Wundärzte, die mich damals versorgt haben, als ich mein Auge und meine Hand verlor, haben sich nicht mal halb so viel Mühe gemacht.«
    Tobias lachte. »Sadik ist genauso gut ein hakim wie ein Führer und Dolmetscher, auch wenn er das abstreitet und nur von einigem nützlichen Wissen spricht, das er in diesen Dingen besitzt.«
    »Hakim?«, fragte Gaspard verständnislos.
    »Auf Arabisch heißt das Arzt«, erklärte Tobias und packte einen der Grauschimmel am Zaumzeug. »Sadik stand als junger Mann acht Jahre lang in den Diensten von hakim Ibn Al-Amid, der ein berühmter Arzt und Gelehrter war. Mit ihm ist er viele Jahre zwischen Cairo, Damaskus und Bagdad gereist, wo Ibn Al-Amid nicht nur Studenten, sondern sogar auch ausgebildete Ärzte unterrichtet hat. Die ärztliche Kunst des Morgenlandes ist der unseren überhaupt um einige Jahrhunderte voraus.«
    Gaspard sah ihn ein wenig zweifelnd an, als traute er den ›Heiden‹ so eine Leistung nicht zu, und fragte gedehnt: »Wirklich?« Es klang nicht anders, als hätte er geantwortet: ›Das glaube ich nicht!‹
    Tobias nickte nachdrücklich. »Das weiß ich auch von meinem Onkel Heinrich. Der ist ein Universalgelehrter, und außerdem habe ich selbst gesehen, was Sadik auf diesem Gebiet alles kann. Jana war nach einem schweren Unfall mit ihrem Kastenwagen, mit dem sie allein durch die Lande zog, einmal schon so gut wie tot. Wir fanden sie im Schnee. Ich hätte nicht einen Kreuzer darauf gewettet, dass sie ihre Verletzungen überleben würde. Doch Sadik hat sie mit seinen arabischen Heilmitteln gesund gemacht. Das war im Winter bei uns auf Falkenhof.«
    »Du hast auf einem richtigen Landgut gelebt?«, fragte Gaspard, den dies mehr als die Heilkunst des Morgenlandes interessierte.
    Tobias nickte. »Ja, südlich von Mainz. Auf Gut Falkenhof, das meinem Onkel gehört, bin ich aufgewachsen. Meine Mutter ist schon früh gestorben und eigentlich war Onkel Heinrich mein Vater. Denn mein leiblicher Vater war ja kaum einmal zu Hause, sondern immer auf Entdeckungs- und Forschungsreisen. Und zwischen seinen oftmals jahrelangen Expeditionen hielt es ihn nie länger als ein paar Monate auf dem Gut.«
    Gaspard, der nie aus seiner Welt der Pariser Elendsviertel herausgekommen war, sah ihn bewundernd und auch ein wenig neidisch an. »Aber wenn du es da so gut gehabt hast, warum bist du dann von dort weg?«
    »Ach, das hat
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