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Falkengrund Nr. 32

Falkengrund Nr. 32

Titel: Falkengrund Nr. 32
Autoren: Martin Clauß
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„Gut, dann begreife ich aber trotzdem noch nicht, warum alle drei diesen Sandmann sahen. Müsste nicht jeder seine eigenen Angstvisionen gehabt haben?“
    „Ja, du hast recht“, meinte Jaqueline. „Das muss also bedeuten, dass die Ängste der drei absolut identisch waren, sich auf dieselbe Figur bezogen. Sie waren vorher schon traumatisiert. Das kam Ihnen natürlich entgegen. Wie ist so etwas möglich?“
    „Das fragen Sie am besten Frau Siefert vom Haus Melanchton“, presste Preuß hervor. Sein Gesicht hatte einen hasserfüllten Ausdruck angekommen. Es war eindeutig, dass er mit Hilfe seiner fantastischen Apparatur Rache an den drei Männern geübt hatte.
    Rache wofür?
    „Haus Melanchton heißt das Waisenheim, in dem Angelika aufwuchs“, erinnerte sich Dorothea. „Und der Name Siefert kam auch in Angelikas Text vor.“ Jaqueline fügte hinzu: „Dieser Institution wollte Kommissar Fachinger heute einen Besuch abstatten. Mit etwas Glück ist er noch in der Nähe.“ Sie zog ihr Handy hervor und suchte im Speicher nach der Nummer des Kripomannes.

12
    An manchen Tagen waren einem die Götter der Technik wohlgesonnen. In diesem Fall waren es die beiden Gottheiten mit den Namen Mobiltelefon und Navigationssystem.
    Dirk Fachingers Handy berichtete ihm hochinteressante Dinge, und das, ehe er sich weiter als hundert Meter vom Haus Melanchton entfernt hatte. Mit dem neuen Wissen, dass Horst Preuß hinter den Vorfällen im Mansion of Fear steckte und dass die Heimleiterin Freiling, Kostlek und Meyer offenbar doch kennen musste, kehrte er ins Waisenheim zurück.
    Die Siefert fiel aus allen Wolken und konnte dies nicht verbergen. „Es ist eine lange, unerfreuliche und komplizierte Geschichte“, begann sie, und vielleicht hätte sie sie ihm sogar offen und wahrheitsgemäß erzählt, wenn Fachinger das zugelassen hätte. Doch solange Angelika in der Gewalt ihres Entführers war, drängte die Zeit, und das einzige, was ihn brennend interessierte, war, wohin Meyer sie verschleppt haben konnte.
    „Meyer besitzt eine Hütte an einem Berghang im Odenwald. Das war, glaube ich, so eine Art Zuflucht für ihn. Wir waren dort öfters eingeladen. Die Adresse habe ich noch irgendwo. Warten Sie …“ Tatsächlich hatte sie den Notizzettel mit Adresse und Anfahrtsskizze nach kurzem Suchen in einer Schublade ihres Schreibtisches gefunden. Noch auf dem Weg nach draußen gab er die Information an seine Dienststelle in Freudenstadt weiter. Von dort aus würde man die Polizei in Mannheim alarmieren, oder welche auch immer am nächsten an Meyers Hütte war. Hier in Würzburg war er auch nicht eben weitab vom Schuss, also fütterte er seine erst kürzlich eingebaute Navigation mit den Daten und ließ sich von der erotischen Frauenstimme von Bayern durch Baden Württemberg bis an die Grenze zu Hessen lotsen.
    Er hätte es nicht für möglich gehalten, aber die Software kannte die Hütte und führte ihn bis vor die Haustür, ohne dass er den geringsten Umweg gefahren wäre. Das malerische Häuschen war von drei Polizeiautos umgeben, und als Fachinger ausstieg, führten zwei kräftige Beamte Meyer eben heraus. Er blutete aus der Nase und wehrte sich.
    Eine Polizistin kümmerte sich um Angelika. Glücklicherweise war ihr nichts zugestoßen, zumindest nicht körperlich, und sie lächelte erleichtert, als sie Fachingers bekanntes Gesicht sah.
    Und noch etwas stimmte den Hauptkommissar aus Freudenstadt glücklich. Auf der Fahrt hierher hatte er noch einmal mit Jaqueline in Bottrop telefoniert. Gemeinsam hatten sie munter drauflos kombiniert und den Fall gelöst. Daher konnte er seinen Kollegen, die keinen blassen Schimmer von den Zusammenhängen hatten, alles erklären, noch ehe Meyer vernommen worden war.
    „Passen Sie auf“, sagte Fachinger, „die Sache ist so: Wir befinden uns am Anfang der 90er Jahre, ja? Angelika Dahlkamp gehört zu den Waisen im Haus Melanchton. Dort betätigt sich ein gewisser Horst Preuß nicht nur als Mädchen für alles, er verkleidet sich auch als Clown und spielt einen gutherzigen Sandmann, der den Kindern die Angst vor der Dunkelheit nimmt, sie in ihrer Einsamkeit tröstet und ihnen Abend für Abend dabei hilft, die Anspannungen des Tages abzulegen und quasi den Pfad in einen geruhsamen Schlaf zu finden. Die Kinder lieben ihn, und er liebt sie. Eines Tages ändert sich aber die Situation. Ein Pharma-Betrieb namens Gutmann-Bleez tritt an die Heimleitung heran. Man sucht nach einer Möglichkeit, Schlafmittel zu
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