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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle
Autoren: Hannes Nygaard
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hatte der Kriminaldirektor in diesem Punkt recht. Da wurde das Thema in der Politik aus fadenscheinigen Gründen kontrovers diskutiert, und hinterher überließ man anderen das Zusammenkehren der Scherben.
    Oft ärgerte sich Lüder über die Ankündigung nach Katastrophen oder schweren Verbrechen, dass man in diesem oder jenem Punkt die Gesetze verschärfen müsse. Warum musste erst etwas Derartiges geschehen? Warum ließ man die Warnungen der Fachleute unberücksichtigt und tat sie im Vorfeld als Panikmache ab?
    Das Gezeter währte nur so lange, wie das oftmals blutige Ereignis im Fokus der Öffentlichkeit stand. Dann sprach niemand mehr über Konsequenzen. Wer diskutierte noch über schärfere Waffengesetze so wie nach den Amokläufen in Schulen? Lüder verschränkte die Arme vor der Brust und lauschte den Ausführungen des Staatsministers.
    »Wir müssen in diesem Krisenstab überlegen, wie wir mit den Forderungen der Kidnapper umgehen, wenn sie eingehen. Es geht schließlich um das Leben von Menschen.« Der letzte Satz des Staatsministers klang salbungsvoll.
    »Und um das Schiff und seine Ladung«, ergänzte Nils Jessen aufgebracht.
    »Auch das«, bestätigte Rukcza.
    »Ich frage mich, warum in diesem Fall ein Krisenstab im Bundeskanzleramt zusammengerufen wird. Bei solchen Vorkommnissen wird üblicherweise ein Krisenstab beim Bundesinnenministerium gebildet, dem das Bundeskriminalamt zuarbeitet. Aber das ist hier nicht vertreten.« Lüder blickte der Reihe nach die Anwesenden an.
    Admiral Steinbrecher und Polizeidirektor von Schwinges sahen ebenso ratlos aus, wie Lüder sich fühlte. Malev, der bisher keinen einzigen Ton von sich gegeben hatte, musterte Lüder aus seinen dunklen Augen. Die beiden Männer maßen eine unendlich erscheinende Zeit ihren Blick, bis Malev den Kopf zur Seite wandte und Rukcza ansah.
    »Der Vorfall ist zur Chefsache erklärt worden«, sagte Rukcza. »Stört es Sie, dass das Bundeskanzleramt sich der Sache annimmt?«
    »Natürlich nicht«, versicherte Dr.   Starke an Lüders Stelle.
    »Es muss endlich ein Zeichen gesetzt werden«, erklärte Nils Jessen, der Reeder. »Wir können nicht länger zulassen, dass diese Verbrecher den internationalen Seehandel beeinträchtigen. Die Versicherungsprämien steigen ins Unermessliche. Wir Kleineren kämpfen ohnehin ums Überleben und müssen uns Nischen suchen. Uns fehlt das Kapital, um immer größere Schiffe bauen zu können, die mit ihrer Kapazität die Frachtraten noch weiter sinken lassen.« Jessen breitete in einer hilflosen Geste die Hände aus. »Oder wollen Sie das Geschäft den Chinesen überlassen? Sollen wir unsere Handelsflotte auf Grund setzen?«
    »Das sind doch privatwirtschaftliche Interessen, die Sie hier vortragen«, warf Graupenschlager ein.
    »Sie verkennen, dass der freie Welthandel das Rückgrat unserer Wirtschaft ist«, ereiferte sich Jessen. »Die Reedereien bekommen kein Personal mehr, das bereit ist, den Kurs an Afrikas Ostküste zu fahren.«
    »Ach was«, versuchte der Bayer zu bagatellisieren. »Selbst während des Seekrieges im Zweiten Weltkrieg gab es genug Hasardeure und Söldner, die zur See fuhren. Warum werden die nicht angeheuert?«
    »Dem steht das deutsche Recht entgegen. Sonst würden wir unsere Mannschaften bewaffnen.«
    »Nun«, mischte sich Rukcza ein. »Sie malen viel zu schwarz. Natürlich haben wir ein Interesse an der Eindämmung der Piraterie. Deshalb sitze ich in dieser Runde.«
    »Dann tun Sie endlich etwas.« Jessens Antwort klang wie ein Aufschrei.
    »Wie hoch sind die Lösegeldforderungen der Piraten in der Regel?«
    Lüder sah erstaunt seinen Nachbarn an. Dr.   Starke hatte bisher nichts zur Diskussion beigetragen.
    »Das ist unterschiedlich«, wich Rukcza aus. »Da gibt es keine Regeln. Das ist geheim, um keine Nachahmer anzulocken.«
    »Das schwankt«, fiel ihm Jessen ins Wort. »Man spricht von Beträgen zwischen zweieinhalb und bis über zehn Millionen Euro.«
    Ein Raunen ging durch den Raum.
    »Das ist viel Geld«, stellte von Schwinges fest.
    »Eben«, klagte der Reeder. »Ein Unternehmen wie unseres kann es nicht aufbringen. Wir wären insolvent. Wir brauchen dringend Hilfe.«
    Alle sahen den Mann vom Wirtschaftsministerium an.
    Graupenschlager winkte ab. »Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, das unternehmerische Risiko zu übernehmen. Die Gefahren in diesem Seegebiet sind bekannt. Die Bundesrepublik beteiligt sich mit bis zu eintausendvierhundert Soldaten an der Operation. Das kostet
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