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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift
Autoren: Andreas Eschbach
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ab, rief beim Sender an, fragte, in welcher Klinik der Beitrag gedreht worden war. Das dürfe man ihm nicht sagen, war die Antwort, doch er versuchte es mit willkürlich ausgewählten Durchwahlnummern so lange, bis er eine arglose Praktikantin an den Apparat bekam, die es ihm verriet und sogar bedauerte, ihm nicht sagen zu können, wie der Mann hieß; das wisse nur die Produktionsfirma. Arpa bedankte sich, konsultierte den Autoatlas und rief dann seinen Chef zu Hause an, um eine Woche Urlaub zu verlangen, sofort.
    »Ich weiß es erst seit einer halben Stunde«, sagte Arpa auf dessen Protest. »Und es muß unbedingt sein.« Er hatte in den vergangenen Jahren seinen Urlaub zum größten Teil verfallen lassen; die Firma schuldete ihm etwas.
    »Ach so. Verstehe. Tut mir leid.« Arpa begriff, daß sein Chef annahm, es handele sich um einen Todesfall in der Familie, und er beschloß, den Irrtum nicht aufzuklären. »Eine Woche, sagten Sie? Das heißt, Sie wären am, warten Sie, fünfzehnten wieder da? Kann ich da mit Ihnen rechnen? Am Donnerstag?«
    »Spätestens«, sagte Arpa und verschwieg, daß er, sollte seine Hoffnung sich erfüllen, nie wieder zurückkommen würde.
    Fortsetzung folgt ...

12. November 2001
Ein Airbus 300-600 der American Airlines zerschellt kurz nach dem Start mit 265 Menschen an Bord im New Yorker Stadtteil Queens.
    13. November 2001
Soldaten der Nordallianz erobern die afghanische Hauptstadt Kabul.
    14. November 2001
Durch ein 4:1 über die Ukraine qualifiziert sich die deutsche Nationalmannschaft für die Fußball-Weltmeisterschaft 2002.
    15. November 2001
Das Gipfeltreffen von US-Präsident George W. Bush und Russlands Präsident Wladimir Putinendet ohne Einigung über das geplante Raketenabwehrsystem NMD.
    17. November 2001
Der vor fünf Jahren von den Taliban vertriebene Staatschef Burhanuddin Rabbani kehrt nach Afghanistan zurück.

FOLGE 8
    E S WAR EIN ungewöhnlich ruhiger Tag. Doktor Röber sah auf die Uhr und erwog, ausnahmsweise in die Kantine zu gehen. Falls die noch offen hatte; seine letzte Mahlzeit dort lag zu lange zurück, als daß er sich an die genauen Öffnungszeiten hätte erinnern können. Am Schwarzen Brett hing ein Speiseplan, aber da stand nicht, um wieviel Uhr die Kantine schloß, außerdem war der Plan drei Wochen alt.
    Ein Mann streckte den Kopf ins Stationszimmer. »Doktor Röber?«
    Aha. Damit war das geklärt. Kein Mittagessen. Gedanken wie »ungewöhnlich ruhig heute« beschworen eben unweigerlich die Rache des Universums herauf. »Ja?«
    »Ich habe Sie gestern abend im Fernsehen gesehen.«
    Das hatte ja kommen müssen. Als ob die Sprüche der Kollegen heute morgen noch nicht gereicht hätten. Röber rang sich ein Lächeln ab. »Schön.« Er betrachtete den Mann, der schlank und kräftig wirkte, kurzgeschorene Haare hatte und einen traurigen Glanz um die Augen. Aber den hatten viele, die hierherkamen. Wahrscheinlich ein Bekannter der jungen Frau in Zimmer 65, die am Montag eingeliefert worden war, ein Motorradunfall. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Sie waren das doch, oder? In dem Filmbericht gestern? Als dieser Mann aus dem Koma aufgewacht ist, dieser Herr ... Ich komme gerade nicht auf den Namen – wie hieß er gleich?«
    Röber seufzte. Die Fernsehleute hatten ihn gewarnt, daß so etwas passieren würde. Daraufhin hatten sie die Patientenakten weggeschlossen und alle Schwestern und Pflegereindringlich instruiert, daß der Name Bernhard Abel nicht fallen durfte. Die Frühschicht hatte erzählt, daß heute morgen kurz vor sechs sogar der Justiziar der Klinik aufgetaucht war, um das noch einmal zu bekräftigen: Wer den Namen Bernhard Abel verriet, handelte sich nicht nur die fristlose Kündigung ein, sondern unter Umständen auch eine saftige Schadenersatzklage.
    »In dem Bericht wurde der Name des Patienten nicht erwähnt«, sagte Röber also.
    Er wappnete sich gegen den nächsten Versuch, ihm den Namen Bernhard Abel zu entlocken, aber der Mann lächelte ihn nur an, den Kopf schräg gelegt, und sagte nichts. Er blickte drein, als lausche er einem weit entfernten Klang.
    Röber räusperte sich. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Suchen Sie jemanden? Wollen Sie jemanden besuchen?« Dem Schild am Haupteingang zufolge, begann die offizielle Besuchszeit erst um fünfzehn Uhr, aber das stammte aus dem Jahr 1960, als dies noch eine Unfallklinik gewesen war. Heutzutage kümmerte sich niemand mehr um Besuchszeiten, Besucher kamen zu allen Tages- und Nachtzeiten, und die
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