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Expedition zur Sonne

Expedition zur Sonne

Titel: Expedition zur Sonne
Autoren: Hal Clement
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wenn sie aufstieg, war sie etwas länger zu sehen. Die Kamera nahm ein paar erstklassige Bilder auf, wie sie auf noch keiner der Raumstationen in der Nähe der Erde photographiert worden waren.
    Fünf Millionen Meilen. Zehn Stunden und fünfzig Minuten. Ries blieb jetzt im Innern des Kometen und versuchte zu schlafen – niemand sonst hatte Zeit dazu. Es war unmöglich, weiterhin zum Eingang des Tunnels zu gehen, obwohl Ries noch einige Schilde angefertigt hatte. Sie befanden sich im Strahlenkranz der Sonne, wenn auch nur in der äußeren Zone.
    Ries erwachte, als sie den Neunzig-Grad-Punkt erreichten, das erste Viertel des Periheliums, etwa eine Million Meilen vom Sonnenzentrum. Sechshunderttausend Meilen von der Photosphäre. Eine Stunde und zwanzig Minuten trennten sie noch vom Zeitpunkt, an dem sie der Sonne am nächsten sein würden.
    Sie flogen mit einer Geschwindigkeit von etwa dreihundertzehn Meilen in der Sekunde, in eine Region, wo das Spektroskop Temperaturen von über zwei Millionen Grad anzeigte, wo Ionen von Eisen, Nickel und Kalzium sich in Elektronen spalteten.
    Die Männer rechneten damit, daß die Elektronen nicht sehr dicht waren. Ein einziges Ion bei einer Temperatur von zwei Millionen Grad bedeutete nichts. Problematischer wurde es, wenn man sich der Photosphäre näherte. Man konnte sich vorstellen, daß der Komet in dieser Strahlenflut verschwinden würde wie ein Schneeball auf einer Herdplatte – aber die Strahlenflut war nicht endlos. Ein gewisses Maß an Sonnenenergie traf den riesigen Schneeball und ließ Tonnen von Eis schmelzen. Aber auch das intensive Sonnenlicht brauchte einige Zeit, um dreiundfünfzig Milliarden Tonnen Eis verschwinden zu lassen. Der Komet würde nur etwa einundzwanzig Stunden fünf Millionen Meilen von der Sonne entfernt verbringen, und dafür hatten sie Eis im Überfluß.
    Sie tauchten hinein. Natürlich konnte niemand hinaussehen. Sie konnten nicht die Sonnenflecken sehen, von denen so viele von ihnen geträumt hatten. Und wenn sie einen Sonnenfleck gesehen hätten, so wären sie daran erblindet. Nur mit Hilfe ihrer Instrumente konnten sie »sehen«. Photometer und Radiometer, Magnetometer und Ionenmesser zeigten Bilder und Zahlen. Spektrographen und Interferometer und Kameras summten und klickten und surrten. Wachsame Augen beobachteten die Akzelerationsmesser. Wenn der Zeiger zu hoch schnellte, dann waren sie alle verloren. Aber nichts dergleichen geschah.
    Sie waren neunzehn Minuten vom Perihelium entfernt, als das Gefühl der Zufriedenheit, das sich ihrer aller bemächtigt hatte, jäh zerstört wurde.
    Sie waren gerade noch an ihren Geräten gewesen, hatten ihre Aufgaben erledigt, mit sich und dem Universum zufrieden. In der nächsten Stunde durchzuckte ein gewaltiger Blitz das Schiff, Funken sprühten, und die Instrumente hörten zu arbeiten auf.
    Sekundenlang herrschte Schweigen. Dann schwirrten die Stimmen durcheinander, überrascht, verzweifelt. Einige Männer waren von den wirbelnden Funken verletzt worden. Einer war durch einen elektrischen Schlag bewußtlos geworden. Glücklicherweise funktionierte die Beleuchtung noch.
    »Ein Magnetfeld«, lautete Mallions Kommentar. »Man kann nicht sagen, wie groß es ist, auch nicht, wodurch es entstanden ist. Wir haben es mit einer Geschwindigkeit von dreihundertundzwanzig Meilen pro Sekunde durchflogen. Wenn dieses Schiff aus Metall bestünde, wäre es wahrscheinlich explodiert. Mit dieser Möglichkeit haben wir gerechnet, und deshalb gibt es im Schiff auch keine langen Stromwege. Außer den Kontrollen der Instrumente. Die Intensität des Magnetfeldes lag zwischen zehn und hundert Gauss. Ich fürchte, unsere Instrumente werden uns nichts mehr zeigen.«
    »Aber wir können doch jetzt nicht aufhören!« rief Donegan. »Wir brauchen Bilder noch Hunderte.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Aber was sollen wir tun? Das Kabel, das durch den Tunnel lief, muß explodiert sein. Aber irgend etwas muß die heranlaufende Welle zerstört haben, bevor die Instrumente hier verbrennen konnten.«
    »Kommen Sie, Dr. Donegan, ziehen Sie Ihren Raumanzug an«, sagte Ries. Der Physiker blickte ihn an, schien seine Gedanken zu lesen, nickte und verschwand in seiner Kabine.
    »Was wollt ihr tun?« schrie Mallion. »Seid ihr wahnsinnig? Ihr könnt nicht zu der Kamera gehen. Ihr würdet wie Zunder brennen, um es mild zu formulieren.«
    Ries erwiderte nichts, und Minuten später schwebte er mit Donegan durch den Tunnel, so schnell sie es
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