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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Autoren: Thor Heyerdahl
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- in Wasser, das zu keiner anschwellenden Sturzsee auf dem Wege über Bord gehörte, sondern das der Wasserspiegel war, der dort stand, als wollte er bleiben. Zum ersten Mal hatte ich auf einem Floß das Gefühl, die ganze Unterlage bewege sich nach unten, auf den Meeresgrund zu. Brüllen, Rufen, blinkende Taschenlampen. Madani, ohne am Tau festgebunden zu sein, bis zu den Hüften im Wasser. Juris Wandschirm auf der Leeseite in Fetzen gerissen. Dann drehte sich der Wind in die Richtung zurück, aus der wir ihn gewohnt waren, Kurs von Osten nach Westen; und schließlich schafften es acht erfahrene Papyrusfahrer, das Segel auf seinen Platz zu drehen. Die Ra II richtete sich ruhig wieder auf, und das Wasser strömte von Bord, das Deck kam wieder in dieselbe Höhe wie in den letzten Tagen. Aber drei der vielen Krüge, die bisher auf Lee auf der Backbordseite sicher gestanden hatten, waren von den Wassermassen zermalmt worden, und ich zerschnitt mir die Zehen, als ich barfuß in Topfscherben trat; Juri mußte mir den Fuß verbinden. Auf der Backbordseite war außerdem ein Spinnennetz aus dünnen, leuchtenden Brennfäden von zwei portugiesischen Nesselquallen zurückgeblieben; Georges verbrannte sich, als er austreten ging, und mußte mit Ammoniak gewaschen werden.
    Am nächsten Morgen dauerte es einige Zeit, ehe uns die Calamar fand, die ihre Maschine abgestellt hatte. Keiner an Bord des Trawlers hatte einem primitiven Schilfboot eine nennenswerte Fahrtleistung zugetraut. Aber den Widerwärtigkeiten zum Trotz waren wir in den letzten vierundzwanzig Stunden 75 Seemeilen gesegelt, 140 Kilometer.
    Die Calamar brachte uns Post, Salbe, um Carlos Plagen zu lindern, einige Tüten mit leckeren Barbadosfrüchten und ein großes Paket Eis, das zu Vanillemilch geschmolzen war, ehe wir es mit dem tanzenden Gummiboot zu uns herübertransportiert hatten. Die Calamar hielt sich zwei Tage lang in unserer Nachbarschaft auf, dann vergrößerte sie die Geschwindigkeit und fuhr nach Barbados. Wir waren nun wieder einmal im Gewässer vor den Westindischen Inseln, wo die Orkane des Atlantiks herkommen. Das Wetter war unsicher, jetzt, wo es auf Juli zuging. Überall standen dunkle Regenwände, die beinahe jeden Tag heftige Böen, oft richtige Sturmstöße, über uns hereinwehten. Ständig mußten wir den Treibanker auswerfen und uns herumschlagen, um das Segel zu bergen. Aber meist waren Wind und Strom uns wohlgesinnt, und in den letzten Tagen hatten wir mit 81 Meilen, 151 Kilometern in vierundzwanzig Stunden, den besten Durchschnitt auf unserer Reise erzielt. Jetzt sahen wir ständig Schiffe im Verkehr zwischen Nord- und Südamerika.
    Am 8. Juli waren wir nur 200 Seemeilen von Barbados entfernt, und die Regierung der Insel schickte uns einen kleinen, schnellen Regierungskutter, die Culpepper , entgegen, um uns in diesem kleinen unabhängigen Teil des britischen Empires willkommen zu heißen. Yvonne und unsere älteste Tochter Anette waren die einzigen Passagiere an Bord, und wenn sie uns nach unserer angegebenen Position fanden, mußten wir spät in der Nacht zusammentreffen.
    Die Nacht und der folgende Tag vergingen, die Culpepper rollte über und zwischen den Wellen, ohne uns zu finden. Das Wetter war sehr schlecht; wir fingen Meldungen des Regierungskutters an die Landstation auf, welche die Wellen beschrieben und verrieten, daß die Frau des Floßfahrers an Seekrankheit litt, aber tapfer auf einer weiteren Suche bestand. Sie suchten weiter, die nächste Nacht, den darauffolgenden Tag, zwei Tage lang. Am zweiten Tag waren wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit darauf vorbereitet, vor dem Regierungskutter auf Land zu treffen; es waren noch knapp hundert Seemeilen zurückzulegen, als die Culpepper am anderen Horizont auftauchte. Auch sie holte uns von hinten ein. Flach und breit und seetüchtig, ein richtiges Boot für Männer, schob sie sich an unsere Seite heran; zwei weiße Damen klammerten sich inmitten einer winkenden schwarzen Besatzung an die Reling. Während es den beiden Damen sichtlich schwerfiel, einen sonnenverbrannten Borstenkopf mit Vollbart von den anderen zu unterscheiden, die wild vom Dach der Bambushütte winkten, richtete die Mannschaft der Culpepper ihre Aufmerksamkeit auf Madani, in dem sie einen Seemann von Barbados vermuteten. Ma-dani, die Landratte aus Marrakech, imponierte den Zuschauern, indem er einen Angelhaken mit gesalzener Wurst als Köder auswarf, worauf er fünf Pampano und einen unbekannten silbergrünen Fisch
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