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Exodus der Xabong

Exodus der Xabong

Titel: Exodus der Xabong
Autoren: Alfred Bekker
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für die Außenmembranen von Handtaschen und Schuhen wurden sie von jeher genutzt, aber auch als Fleischlieferanten oder Haustiere. Es gab Züchtungen, die dreißig Meter lang waren und eher an Dinosaurier als an herkömmliche Erdkrododile erinnerten. Es gab aber auch Mini-Exemplare, die im ausgewachsenen Zustand nicht größer als ein Zeigefinger wurden und beim Schlüpfen Ähnlichkeit mit Insekten hatten. Man konnte die kleinen Krabbelviecher roh essen, so lange die Knochen noch nicht zu hart geworden waren und man das Zeug hinterher zwischen den Zähnen sitzen hatte.
    Wenn sie die Fingergröße erreicht hatten, ging das natürlich nicht mehr. Dann dienten sie als Spielzeug für Kinder. Mit Hilfe von Implantaten ließen sie sich hervorragend lenken, wenn man nicht irgendetwas an der Elektronik oder am Speicherchip verbockte.
    Aber auf Barnard wurde Informatik ab der ersten Klasse als Hauptfach unterrichtet. Was hätte da schon schief gehen sollen?
    Triffler erinnerte sich daran, nie etwas von kleinen Fingerkrokodilen gehalten zu haben, mit denen sich viele seiner Altersgenossen so intensiv beschäftigten. Man konnte sie zum Beispiel gegeneinander kämpfen lassen oder abwarten, was mit ihnen passierte, wenn sie sich zu lange in der Sonne aufhielten. Viele Eltern fanden solche Experimente pädagogisch wertvoll, hatten sie es doch hinterher leichter, ihre Sprösslinge dazu zu bringen, immer schön die UV-Schutzkleidung zu tragen, in der man so höllisch schwitzte und die außerdem mit Chemikalien behandelt worden war, die eigenartig rochen, wenn sie sich mit Menschenschweiß vermischten. Krokodile hatten es in dieser Hinsicht gut.
    Die schwitzten nicht.
    Nicht einen Tropfen. Das hatte dann den Nachteil, dass ihr Gehirn gekocht wurde, wenn sie sich zu lange in der Sonne aufhielten und das sie vollkommen in der Agonie kaltblütiger Trägheit versanken, wenn in der Nacht die Temperaturen mal unter den Gefrierpunkt sanken, was in manchen Regionen Barnards durchaus mal vorkommen konnte.
    Vor allem dann, wenn sich die Bahn neigte, was in einem Zehnjahreszyklus immer mal wieder in gemessen an irdischen Verhältnissen extremer Weise vorkam.
    Barnards Stern III torkelte nämlich seine Umlaufbahn entlang. Es gab keinen Mond, der die Lage des Planeten dauerhaft hätte stabilisieren können. Es gab verschiedene Theorien, wie die Torkelbewegung ursprünglich mal in Gang gesetzt worden war und eine große, heute mit einem See gefüllte kraterähnliche Struktur auf der Nordhalbkugel hatte da natürlich immer schon für Spekulationen gesorgt.
    Spekulationen, die auf eine kosmische Kollision als Ursache für die eigenartigen Schwankungen im Neigungswinkel der Eigenrotationsachse von Barnard hinausliefen.
    Tatsache war nur, dass sich die Intervalle nicht exakt vorhersagen ließen. Der Zyklus dauerte zwar etwa zehn Jahre, aber wann es innerhalb dieses zehnten Jahres zur Schwankung kam, war unvorhersagbar.
    Offenbar war Barnards Stern III einfach noch nicht lange genug von Menschen besiedelt worden, um den zu Grunde liegenden astrophysischen Mechanismus tatsächlich verstehen zu können.
    Triffler dachte an die Barnard-Krokodile zurück, die es wahrscheinlich noch geben würde, wenn auch das letzte irdische Krokodil in einem Zoo längst sein Leben ausgehaucht hatte.
    Wie gesagt, die kleinen Fingerlinge hatte Triffler nie leiden können.
    Ihn hatten die großen Riesen interessiert. Fünfundzwanzig Meter, dreißig Meter. Biochemische Stimulationstechnologie von den Genetic-Welten hatte dazu geführt, dass die Barnardianer, wie sich die Siedler von Barnards Stern stolz selbst nannten, sehr viel schnellere Fortschritte bei ihrer Anpassung der Krokodile an ihre eigenen Bedürfnisse erzielen konnten, als dies bei normaler Züchtung der Fall gewesen wäre.
    Aber das war vor der Gründung der Solaren Welten gewesen. In einer Zeit, von der Triffler nur aus den Erzählungen der Älteren erfahren hatte. Einer Zeit, in der alles möglich gewesen war und es keine Einschränkungen gegeben hatte – sah man mal davon ab, dass man die leidige Lichtgeschwindigkeit noch nicht so richtig hatte überwinden können, was viele Dinge einfach unglaublich verlangsamt hatte.
    Aber davon abgesehen musste es ein Zeitalter der Freiheit gewesen sein, wie man es sich im Jahr 2239 wohl überhaupt nicht mehr vorstellen konnte.
    Zwei Dinge hatten die Menschheit zusammengeschmiedet und in eine straffere Organisation gepresst. Das eine war die Erfindung des
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