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EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

Titel: EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Autoren: Mathias Frey
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Parlamentarier aus aller Welt, die sich drei Tage lang in Vorträgen, Workshops, Seminaren, beim Essen und vor allem bei nächtelangen Barbesuchen über den schnellsten Weg zur Weltregierung unterhielten. Das taten sie schon seit den fünfziger Jahren, was ihren Enthusiasmus aber nicht zu dämpfen schien. Paul hatte sich mehr oder weniger intensiv gelangweilt, bis es auf dem Rückflug nach New York zu einer folgenreichen Unterhaltung zwischen den Halbbrüdern gekommen war. Zuerst hatte Paul die ganze Veranstaltung und das Streben nach Weltregierung in der Luft zerrissen. Was für ein Blödsinn, völlig abwegig, auf eine geradezu pathologische Art größenwahnsinnig, unerreichbar, theoretisches Geschwätz, Sonntagnachmittagszeitvertreib. Er machte sich lustig über verschiedene Teilnehmer, während Eugene versuchte, seine Flugangst zu unterdrücken. Ein australischer Chardonnay – man flog Businessclass – unterstützte ihn dabei.
       »Zusammengefasst gesagt: Was für eine schwachsinnige Idee. Weltregierung – was für ein Quatsch!«
       »Fertig?«, hatte Eugene ihn gelangweilt und so gelassen wie mit Flugangst möglich gefragt. Dann folgte eine Replik, die in ihrer arroganten Schärfe Pauls Einlassung in nichts nachstand. Paul gehöre zur ignoranten Mehrheit politischer Laien, die die Welt nur aus der Froschperspektive des Hier und Jetzt sehen würden. Es fehle vollkommen an historischer Orientierung. Ohne hunderte von Jahren geschichtlicher Entwicklung im Hinterkopf sei es völlig unmöglich , die Zukunft auch nur zu erahnen. »Wenn man die Erfolgsaussichten der Entwicklung zur Weltregierung richtig einschätzen will, muss man erst einmal realisieren, dass wir uns nicht am Anfang, sondern schon fast am Ende dieser Entwicklung befinden. Vor dreitausend Jahren gab es noch mehr als eine halbe Million mehr oder weniger unabhängige politische Gemeinschaften. Und heute nur noch weniger als zweihundert Staaten. Von diesen sind über dreißig in der EU zusammengefasst und mehrere Dutzend de facto Anhängsel großer Mächte wie Russland oder den USA.« Immer wieder schüttelten Turbulenzen den Airbus 380 und Eugene konnte nicht anders, als reflexartig den Sitzgurt um seinen mächtigen Bauch noch enger zu ziehen und sich an den Armlehnen festzuhalten.
       Die Diskussion erstreckte sich über viele weitere Flugmeilen. Pauls felsenfeste Überzeugung, es mit einem Hirngespinst abgehobener Politiker und Politologen zu tun zu haben, wurde von der Argumentation Eugenes langsam aufgeweicht. Über die lange Schiene betrachtet, musste Paul zugeben, sähe es vielleicht anders aus. Außerdem konnte er dem Argument Eugenes folgen, dass es auch eine Frage der Terminologie sei.
       »Die Weltregierung wird nicht unter dem Namen Weltregierung entstehen. Der Begriff Weltregierung wäre eine unnötige Erschwernis, ein rotes Tuch, geradezu so, als würde man einen Zoo als Tiergefängnis oder eine Zigarette als Giftstange bezeichnen.« Außerdem gäbe es den Unterschied zwischen dem völkerrechtlichen und dem tatsächlichen Zustand.
       »Heißt in Bezug auf die Weltregierung?«, wollte Paul wissen.
       »Es gäbe keine formell existierende Weltregierung, aber Machtstrukturen, die de facto die Funktion einer Weltregierung ausüben würden«, antwortete Eugene.
       »Womit du zugibst, dass es eine große Hürde gibt auf dem Weg zur Weltregierung, nämlich deren formelle Proklamation.«
       Eugene nickte.
       »Und du wirst eingestehen, dass ein informeller Zustand nur als unbefriedigendes Provisorium gesehen werden kann.«
       »Nichts ist so dauerhaft wie ein Provisorium.«
       »Lass deine Sprüche, Eugene. Alles, was wir in London erlebt haben, hat ultimativ zum Ziel, eine Weltregierung als formell existierende Institution zu schaffen.«
       »Richtig.«
       »Eben. Und ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wie das erreicht werden könnte.«
       »Man muss zuallererst eine Sprachregelung schaffen«, erwiderte Eugene. »Nicht Weltstaat, sondern Globale Demokratie . Nicht Weltregierung, sondern Friedenskommission . Die Idee der Weltregierung als weltweites Machtmonopol ist logischerweise nicht vermittelbar.« Mit einem vielsagenden Blick fügte er hinzu: »Außer in Akademikerkreisen, versteht sich.«
       »Natürlich. Ich bin übrigens Akademiker«, erinnerte Paul.
       Eugene seufzte.
       Paul war sicher, dass an einer Erkenntnis kein Weg vorbeiführte: Die USA würden sich niemals einer
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