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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit
Autoren: Alastair Reynolds
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einen Menschen tatsächlich für immer am Leben erhalten würde. Als er das Geschenk überreicht hatte, waren sie schließlich noch damit beschäftigt gewesen, jemanden davon abzuhalten, eine Seuche aus winzigen Maschinen auf E2 zu verbreiten. Das UR würde einen Menschen von allen Krankheiten heilen, an denen er im Moment der Einnahme litt, und die Maschinchen würden lange genug überleben, um ihren Wirt zu voller Gesundheit und durch eine anschließende Gnadenfrist zu führen. Doch anschließend würden sie leise zerfallen und den menschlichen Körper in Form mikroskopisch feinen Metallstaubs verlassen. Die entsprechende Person konnte noch viele Jahre leben, aber genauso gut konnte sie einen Monat später mit einer anderen Krankheit darniederliegen. Wenn es dazu kam, wären die Maschinen nicht mehr da, um ein zweites Mal rettend einzugreifen.
    Also keine Unsterblichkeit. Aber aus Floyds Perspektive war es sehr viel besser als nichts.
    Er nahm die Hand aus der Tasche, ohne das Röhrchen herauszuziehen. »Du musst jetzt gehen, Auger.«
    »Was wäre, wenn ich sagen würde, dass ich bleibe?«
    Er lächelte. Sie hatte eine entschlossene Miene aufgesetzt, aber tief in seinem Innern wusste Floyd, dass ihre Entscheidung bereits gefallen war. Er musste ihr nur ein besseres Gefühl geben.
    »Dein Zuhause ist da draußen.«
    »Das hier könnte mein Zuhause sein.«
    »Du weißt, dass das nicht stimmt. Weder jetzt noch irgendwann. Es ist ein schöner Traum, Auger. Es war ein netter Urlaub. Mehr nicht.«
    Sie zog ihn an sich und küsste ihn. Floyd erwiderte den Kuss, ließ sie nicht los, hielt sie im Nebel fest, als könnte er allein durch seinen Willen die Zeit innehalten lassen, als würde die Zeit in ihrem Fall eine mitfühlende Ausnahme machen.
    Dann löste er sich behutsam von ihr. Sie weinte. Er wischte ihr die Tränen ab. »Nicht weinen.«
    »Ich liebe dich, Floyd.«
    »Ich liebe dich auch, Auger. Aber das ändert nichts.«
    »Ich kann dich nicht einfach so verlassen.«
    »Du hast keine Wahl.«
    Sie blickte zum wartenden Schiff zurück. Er wusste, was sie dachte – wie ihre Chancen, aus der AGS zu entkommen, mit jeder verstreichenden Sekunde schlechter wurden. »Du bist ein guter Kerl, Floyd. Wir werden uns wiedersehen. Das verspreche ich dir. Wir finden einen anderen Weg hinein, einen anderen Weg nach Paris.«
    »Vielleicht gibt es keinen anderen Weg.«
    »Aber ich werde nicht aufhören, danach zu suchen. Nicht nur für dich, sondern auch für die anderen Agenten, die hier festsitzen – diejenigen, die uns beiden nie begegnet sind. Sie sind immer noch irgendwo hier, Floyd, irgendwo auf dieser Welt, in Amerika oder Afrika, ohne zu wissen, dass es keinen Weg mehr nach Hause gibt. Vielleicht haben ein paar von ihnen gerade so viel mitbekommen, dass sie sich auf den Weg nach Paris gemacht haben. Aber sie werden noch nicht eingetroffen sein. Einige von ihnen werden erst in Wochen oder Monaten hier sein. Wenn es so weit ist, werden sie zur Cardinal Lemoine gehen oder zu Susans Wohnung … sie werden nach Antworten suchen. Sie werden verwirrt und ängstlich sein, Floyd. Und sie werden einen Freund brauchen, der ihnen erzählt, was geschehen ist. Jemanden, der sich für sie interessiert, der ihnen Hoffnung geben kann. Jemand, der ihnen sagt, dass wir zurückkommen, ganz gleich, wie schwer es ist und wie lange es dauert.« Sie zog ihn an sich, aber diesmal war es nur eine Umarmung. Die Zeit für Küsse war vorbei.
    »Du solltest gehen«, sagte er schließlich.
    »Ich weiß.« Sie ließ ihn los und trat auf die Rampe. »Ich habe es ernst gemeint, als ich gesagt habe, dass ich nicht eine Minute von allem bereue.«
    »Nicht einmal den Dreck, die Schrammen und den Teil, als man auf dich geschossen hat?«
    »Nicht eine Minute.«
    Floyd legte grüßend einen Finger an die Schläfe. »Gut. Genauso sehe ich das auch. Und jetzt – würdest du bitte, verdammt noch mal, von meinem Planeten verschwinden?«
    Sie nickte und ging ohne ein weiteres Wort die Rampe hinauf, das Gesicht ihm zugewandt. Floyd trat einen Schritt zurück. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er wollte nicht, dass sie es sah. Nicht aus dummem männlichem Stolz, sondern weil er die Sache nicht noch schwerer für sie beide machen wollte, als sie es ohnehin schon war.
    »Floyd?«
    »Ja?«
    »Ich will, dass du an mich denkst. Wenn du durch diese Straßen gehst … denk daran, dass auch ich in Paris bin. Es ist vielleicht nicht das gleiche Paris, aber …«
    »Es
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