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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen
Autoren: Lisa Jackson
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ganzen Körper, und nur mit äußerster Beherrschung konnte sie sich davon abhalten, laut zu schreien. Sie wusste, dass es nichts nützen würde. Hatte sie nicht Simones erbarmungswürdige Schreie gehört? Zweifellos würde der Unhold ihr Jammern aufzeichnen und sich an ihrem Entsetzen weiden. Komischerweise nahm sie keinen Gestank wahr, nicht den widerlichen Geruch von faulendem Fleisch. Nur einen leisen Hauch von Zigarrenduft und Whiskey, genau die Mischung, die ihrem Vater anhaftete, die Gerüche, die sie mit Sicherheit und Vertrauen verband und …
    Sie erstarrte. Ihre Gedanken rasten. Dann realisierte sie die Wahrheit, die noch schrecklicher war, als sie bislang angenommen hatte.
    Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Der Kerl würde doch nicht… Er konnte doch nicht so bestialisch sein und sie mit ihrem Vater in einen Sarg zwängen!
NEIN!
    Sie weigerte sich, das zu glauben, wollte es nicht wahrhaben. Und doch …
    War ihr Vater bei der Ankunft in ihrem Elternhaus nicht tot oder zumindest dem Tode nahe gewesen? War die Leiche unter ihr nicht frisch … noch nicht einmal kalt? Und der Körper war groß und roch nach …
O Daddy!
Sie schluckte die Tränen hinunter, rang ihre Angst und ihre Wut nieder. Behutsam, eine Gänsehaut am ganzen Körper, betastete sie die Kleidung der Leiche unter ihr. Sie spürte den festen Hosenstoff und die kalte Gürtelschnalle, die Hände unter ihren waren groß und behaart.
Nein …
    Die Galle stieg ihr in den Hals. Als ihr die grauenhafte Tatsache bewusst wurde, würgte sie heftig. Sie lag tatsächlich mit ihrem toten Vater in einem Sarg! Wutentbrannt ballte sie die Hände zu Fäusten. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie wollte schreien und toben und um sich treten, bekämpfte aber diesen Drang. Darauf wartete der Dreckskerl ja nur. Daran geilte sich das perverse Schwein auf.
    Nikki war nicht bereit, ihm die Befriedigung auch nur des kleinsten Wimmerns zu geben, auch wenn die Luft dünn war und das Atmen von Minute zu Minute beschwerlicher wurde. Obwohl die Panik in ihrem Kopf kreiste und sie den Hang spürte, sich durch Treten und Kratzen und Hämmern aus ihrem Gefängnis zu befreien.
    Du widerlicher Scheißkerl!
    Sie zitterte unkontrolliert. Ihre Emotionen schwankten zwischen unbändigem Zorn und lähmender Angst.
    Denk nach, Nikki, denk nach. Du darfst jetzt nicht den Kopf verlieren. Das ist deine einzige Chance. Du musst den Kerl drankriegen. Eine Möglichkeit finden, ihn auszuschalten. Den Spieß umdrehen!
    Aber wie? Sie war gefangen.
    Die einzige Waffe, die du gegen ihn besitzt, ist dein Verstand. Aber er ist stärker. Und durchtrainiert. Wild entschlossen. Er ist ein Psychopath!
    Aber er findet keine Befriedigung wenn du ihm die weinerlichen, flehenden Schluchzer verweigerst, die er erwartet. Vielleicht öffnet er dann sogar den Deckel … Du musst dich in Geduld üben. Ganz gleich, wie erbärmlich du dich fühlst, du musst abwarten …
    Sie grub die Fingernägel in die Handflächen. Ihre Lungen brannten. Die Chance, dass sie sterben würde, war groß. Verdammt groß.
    Vermutlich wachte sie jetzt auf. Spürte vielleicht noch die Nachwirkungen des Betäubungsmittels, verstand aber immerhin, wo sie sich befand, was ihr Schicksal war. Der Überlebende saß hinterm Steuer und lächelte vor sich hin. Und jetzt wusste sie, dass er überlebt, das System besiegt hatte.
    In dieser Gegend war es so dunkel, dass er um ein Haar die Abzweigung zu dem alten, vergessenen, verwilderten Fried hof übersehen hätte, doch ein dünner Streifen Licht am Horizont war ihm zu Hilfe gekommen. Der Sturm raste über ihn hinweg, die Scheibenwischer arbeiteten wie verrückt, und die Sicht war schlecht. Ideale Bedingungen.
    Er nahm den Fuß vom Gas und hielt an der alten Familiengrabstätte an. Als er hinaus in das Unwetter trat, ließ er die Tür des Pick-ups offen. Auf seinem Weg über die überwucherten Furchen, die einstmals ein Schotterweg gewesen waren, fielen Regen und Wind über ihn her. Das rostige Tor öffnete sich auf seinen Druck kreischend nach innen. Er war schon vorher einmal hier gewesen, hatte das Tor offen vorgefunden und das Grab – die letzte Ruhestätte für Richter Ronald Gillette und seine Tochter – vorbereitet. »Ruhe in Frieden, du Scheißkerl«, knurrte der Überlebende. Wasser tropfte ihm von der Nase. Richter Gillette war ausgewählt gewesen, Gerechtigkeit walten zu lassen, aber er war eine Witzfigur, eine Schande für das Justizwesen.
    LeRoy Chevalier hätte das
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