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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen
Autoren: Lisa Jackson
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anderen, und wenn sie es am wenigsten erwarteten, würde er zuschlagen. Die nächsten Morde, in einem Jahr vielleicht, mussten wie Unfälle aussehen, damit er keinen Verdacht auf sich lenkte. Als ein Polizeiauto an ihm vorbeifuhr und in entgegengesetzter Richtung die Straße entlangraste, lächelte er vor sich hin.
    Im Rückspiegel erblickte er das Blaulicht des Streifenwagens, das aufleuchtete und dann hinter einer Kurve verschwand.
    Er lachte leise, fühlte sich unbesiegbar. Er wünschte sich nur, dabei sein zu können, wenn Pierce Reed den Sargdeckel öffnete und begreifen musste, dass er zu spät gekommen war. Wenn der Deckel endlich aufgestemmt wurde, war Nikki Gillette längst tot.

30. Kapitel
    R eeds Eingeweide zogen sich vor Angst zusammen. Stammte das Blut im Haus der Gillettes von Nikki? Was hatte der Dreckskerl ihr angetan? Die Scheinwerfer seines Wagens schlugen eine Schneise von Licht in den Le-Blanc-Friedhof, beleuchteten die alten Gedenksteine und Gräber. Reed ermahnte sich durchzuhalten, zuversichtlich zu sein. Wenn er jetzt die Nerven verlor, konnte er Nikki nicht helfen. Und trotzdem fraß eine Angst an ihm, wie er sie bislang nicht gekannt hatte. Weitere Streifenwagen folgten ihm durch das kunstvoll geschmiedete Friedhofstor, das der Wärter vor ein paar Minuten für sie geöffnet hatte.
    Bitte, Gott, lass es nicht wahr sein, betete er still. Im strömenden Regen parkte er den Eldorado.
    Gleich als er aus dem Wagen stieg, sah er ihn: einen frisch aufgeworfenen Erdhügel nahe der hinteren Mauer, an dessen Fuß sich bereits Pfützen bildeten. Er rannte los. Kam er zu spät?
    Nein, nein, nein! Es war doch nicht möglich, dass sie in diesem Grab lag, in diesem Moment versuchte, sich mit bloßen Händen aus dem Sarg zu befreien!
    »Hierher!«, brüllte er. Seine Hose war schon bis über die Knöchel nass. Taschenlampen leuchteten auf, Leute riefen sich etwas zu, und Polizisten in Regenmänteln, ausgerüstet mit Schaufeln, Spitzhacken und Stemmeisen, schwärmten auf dem Friedhof aus.
    Ein stämmiger Polizist reichte Reed eine Schaufel, und sie fingen an, hastig zu graben, in dem Bemühen, ein Leben zu retten.
    Zum Teufel mit der Spurensicherung, dachte Reed und schaufelte noch wilder. Wichtig war nur, Nikki lebend zu befreien. Er lauschte angestrengt auf irgendwelche Geräusche aus der Erde und nahm das Treiben ringsum kaum wahr. Handys klingelten, und der Polizeifunk knisterte monoton. Weitere Polizisten riegelten das Gebiet ab und begannen, es in ein Raster zu gliedern.
    Er pflügte wie ein Verrückter. Erfüllt von Angst. Wissend, dass jede Sekunde, die verstrich, Nikkis letzte sein konnte. Halt durch, Liebling, sagte er im Stillen und warf Schaufel um Schaufel voll nasser Erde über seine Schulter. Ich hin gleich bei dir. Bitte, halt durch!
    Immer hektischer schuftete er. Mittlerweile goss es wie aus Kübeln, die Grabsteine glänzten vor Nässe. Reed verschwendete keinen Gedanken daran, sich Ölzeug überzuziehen, war nur darauf aus, mit aller Kraft und so schnell wie möglich zu graben. Wie standen die Chancen, dass sie noch lebte? Zur Hölle mit Chevalier! Falls Nikki tot war, würde Reed alles tun, um ihn zu fassen. Das Schwein sollte nie wieder aus dem Knast rauskommen.
    Bitte, Nikki, halt durch, flehte er stumm und entsann sich einer anderen Nacht in San Francisco, erinnerte sich, wie er in der Dunkelheit gesessen und diese Frau überwacht hatte. Wie er etwas beobachtete, was er für ein Sexspielchen hielt, bis ihm klar wurde, dass die beiden, die er beäugte, schon lange nicht mehr spielten, sondern dass er Zeuge eines brutalen Kampfes auf Leben und Tod war. Reed hatte das Gebäude gestürmt, auf dem Weg in die Wohnung der Frau immer zwei Stufen auf einmal genommen und war dennoch nicht rechtzeitig da gewesen. Diesmal würde er nicht zu spät kommen. So etwas durfte ihm nicht noch einmal passieren. Nicht bei Nikki. Reed schickte ein neuerliches Stoßgebet zum Himmel. Und schaufelte weiter. Der Schweiß floss ihm über den Rücken, und kalter Regen prasselte auf seinen Kopf. Wütende Stimmen drangen an sein Ohr. Diane Moses lamentierte über die Zerstörung von Spuren. Du kannst mich mal!, dachte Reed, und in diesem Augenblick stieß seine Schaufel auf Holz.
    »Da ist was!«, sagte ein Polizist, als seine Schippe auf den Deckel einer großen Kiste schlug.
    Sie gruben wie wild mit Schaufeln und Händen, kratzten die Erde fort, legten den Sargdeckel frei. Über das Rauschen des Windes, das
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