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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse
Autoren: Christopher Ransom
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vorne um die große weiße Fahrerkabine herumhastete und vor seiner Tür stehen blieb.
    »Hey!« Meine Kehle war so trocken, als hätte ich gerade einen Zweikilometerlauf hinter mir. Ich warf einen Blick zurück zu den Toiletten, aber sie war nirgendwo zu sehen, auch nicht auf dem Picknickgelände.
    »Hallo, hallo, ich brauche Hilfe«, rief ich lauter und versuchte, den Motorenlärm zu übertönen. Sechs Schritte hinter mir stand der andere Lastwagen mit dunkler Kabine und abgestelltem Motor. Dieser Typ war meine einzige Chance.
    Ich klopfte gegen die Tür. »Hallo, hören Sie mich?«
    Er richtete sich plötzlich auf und sah mich von oben an. Nach einer kurzen Pause glitt die Fensterscheibe herunter.
    »Hilfe?« Sein Gesicht war seltsam schmal für einen Mann von seiner Statur. Eingefallene Wangen, krummer Kiefer. Seine Hakennase lief in einem Fleischknubbel aus, als würde er an einer seltenen Krankheit leiden, die nur das Gesicht befiel. Die Haut hing am Hals lose herunter, sackartig wie bei einem Pelikan.
    »Tut mir leid«, keuchte ich. »Ich brauche Hilfe. Ich bin – sie haben mich gekidnappt. Ich brauche einen Arzt. Haben Sie sie gesehen?«
    Er blickte mich finster an und bewegte tonlos die Lippen. Er schob den Schirm seiner Netzkappe zurück und kratzte sich an der Stirn. Sein Blick glitt über den Parkplatz zu Ricks Wagen.
    »Was ist passiert?«
    »Ich … Sie müssen mir helfen. Rufen Sie die Polizei. Rufen Sie Hilfe, sofort.«
    Sein Kinn ruckte nach vorne. »Die Polizei?«
    »Ich glaube, mein Rücken ist verletzt. Diese Leute … Sie haben mich gefoltert. Ich kann nicht … Haben Sie ein Handy? Kann ich bei Ihnen einsteigen? Bitte? Bitte, Sie müssen mir helfen! «
    »Sie wollen hier rein?«
    »Sie ist gefährlich!« Ich merkte, dass mein Geschrei ihn einschüchterte. »Bitte, ich kann alles erklären, aber wir müssen zuerst hier weg. Sie müssen Hilfe anfunken.«
    »Mit wem sind Sie unterwegs, sagen Sie?«
    »Die Frau. Eine blonde Frau. Haben Sie sie gesehen? Sie ist verrückt …«
    Er wandte stirnrunzelnd den Blick ab und ließ ihn über den Rastplatz gleiten, dann zurück zu mir. Er hatte keine Vorstellung, wie eilig es war. Seine Lippen teilten sich, und er schnaubte zwei Mal obszön. Ich wartete darauf, dass er ausspuckte, aber er sah mich nur an.
    »Ist das Ihr Interceptor?«
    »Ja, das ist ihr …«
    »Was zum Teufel machen Sie mit einem Bullenauto?«
    »Sie hat ihn gestohlen. Er gehört ihrem Bruder – hören Sie, Sie verstehen nicht …« Mir war schwindelig, und ich musste mich auf den Oberschenkeln abstützen. Er saß hoch oben in seiner Kabine, in Sicherheit. Gleich würde ich zu heulen anfangen. »Ich brauche nur eine Mitfahrgelegenheit. Würden Sie mir bitte helfen? «
    Er befeuchtete die Lippen. »Okay, ich kann die Highwaypolizei anfunken. Die schicken Ihnen jemanden mit einem Kanister Sprit vorbei. Kann ein oder zwei Stunden dauern, aber ich regele das.«
    Ein Kanister Sprit? Er glaubte, ich bräuchte Benzin ? »Nein, nein, ich brauche kein Benzin! Dies ist ein Notfall! Verstehen Sie? Sie hat versucht, mich umzubringen! Sie hat eine Kanone!«
    Der Trucker versteifte sich. »Eine Kanone? Wer hat eine Kanone?«
    »Die Frau, die mich gekidnappt hat!«
    »Sind Sie high?«
    »Was? Nein, ich bin verletzt …«
    »Häh?« Es klang wie eine Anklage.
    »Ich verblute!«, schrie ich ihn an. »Rufen Sie verdammt noch mal die Polizei!«
    »Also gut«, sagte er. »Immer mit der Ruhe, Freundchen.«
    Sein Fenster glitt nach oben. Ich stellte mich dem Laster brüllend und mit erhobenen Händen in den Weg. Der Motorenlärm schwoll an, der Fahrer trat aufs Gas, setzte ein Stück zurück und fuhr dann los. Seine Scheinwerfer leuchteten auf, und eine Wolke schwarzen Rauchs stieg in die Nacht. Die Karre kam mit dröhnender Hupe direkt auf mich zu. Er beschleunigte, schwenkte träge um mich herum und rollte auf die Auffahrt zur Interstate.
    Ich schrie ihm hinterher, versuchte ihm nachzulaufen, aber er schaltete jetzt durch die Gänge hoch, röhrte davon, bis die orangefarbenen Leuchten über den Ladetüren sich flimmernd in der Nacht auflösten.
    Ich starrte dumpf in die Dunkelheit, wo gerade noch der Laster gestanden hatte. Es gab keine anderen Autos. Ich drehte mich im Kreis. Ich war allein.
    »Dreckskerl!«
    Alles in mir wurde taub. Erstarrte. Die Erde drehte sich weiter.
    Ich wollte mich gerade abwenden und zu Ricks Wagen zurückgehen, als schwache rote Punkte am fernen Horizont
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