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Evolution

Evolution

Titel: Evolution
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Schimpanse, der eine
Zeichensprache erlernte, war eine Bonobo-Schimpansin. Hast du schon
einmal von ihr gehört? Und nun sind die Bonobos ausgerottet. Ausgelöscht. Das heißt, sie sind für immer
verschwunden. Wie vermögen wir uns selbst zu verstehen, wenn wir
nicht einmal sie verstanden haben?«
    Bex hörte höflich zu, wobei ihr Blick aber in die Ferne
schweifte. Sie ist mit solchen Vorträgen aufgewachsen, sagte
Joan sich. Das wird ihr kaum etwas oder gar nichts bedeuten -Echos
einer Welt, die schon unterging, als sie noch nicht einmal geboren
war.
    Alyce gab es auf. Ein Ausdruck der Frustration erschien auf ihrem
Gesicht. Das Flugzeug flog derweil langsam durch den rauchigen
Himmel.
    Um die leichte atmosphärische Störung zu beheben –
sie hatte dem Mädchen schließlich keinen Vortrag halten,
sondern sie nur ablenken wollen –, wechselte Joan das Thema.
»Alyce studiert Lebewesen, die heute leben. Ich dagegen studiere
Lebewesen aus der Vergangenheit…«
    Bex schien interessiert, und auf ihre Fragen hin sagte Joan ihr,
dass sie in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten sei, und
erzählte von ihrer Arbeit. Ihr hauptsächliches
Einsatzgebiet war die Wüste in Zentral-Kenia. »Von Menschen
gibt es nicht viele Fossilien, Bex. Ich brauchte Jahre, um
menschliche Knochen überhaupt zu identifizieren. Sie sind als
kleine Bruchstücke im Erdboden begraben. Es ist ein
ungünstiger Arbeitsplatz. Er ist knochentrocken, und die
Büsche sind alle mit Dornen bewehrt, damit man nicht an ihr
Wasser herankommt… Und dann kehrt man ins Labor zurück und
verbringt die nächsten paar Jahre mit der Analyse der Fragmente.
Man versucht mehr über die Lebensweise dieses seit Millionen
Jahren toten Hom herauszufinden, woran er gestorben ist und wer er
war.«
    »Hom?«
    »Entschuldigung. Hominiden. Ein salopper Fachbegriff. Als
Hominide wird ein jedes Lebewesen bezeichnet, das dem Homo sap näher steht als den Schimpansen – die Pithecinen, Homo erectus, die Neandertaler.«
    »Und nur anhand von Knochenresten?«
    »Ja, nur anhand von Knochenresten. Weißt du, selbst
nach zwei Jahrhunderten Arbeit haben wir nicht mehr als zweitausend
Individuen aus unsrer Vorzeit ausgegraben: sage und schreibe zweitausend Individuen von mehreren Milliarden, die vor uns im
Dunkel der Zeit verschwunden sind. Und aus dieser Handvoll Knochen
müssen wir die ganze verworrene Geschichte der Menschheit und
alle Vorläufer-Spezies zurückzuverfolgen versuchen, die
ganze Linie zurück bis zu dem Zeitpunkt, als der
Dinosaurier-Killerkomet einschlug…« Weil wir leider keine
Zeitmaschine haben, sagte sie sich sehnsüchtig, ist die
geduldige Arbeit der Archäologen das einzige Fenster in die
Vergangenheit.
    Bex hatte schon wieder diesen entrückten Blick.
    Joan erinnerte sich an einen Ausflug, den sie mit dreizehn oder
vierzehn Jahren – also im Alter dieses Mädchens – zum
Hell Creek in Montana unternommen hatte. Dort, an einer
berühmten Grenzschicht-Fundstätte des Dinosaurier-Sterbens,
hatte ihre Mutter gearbeitet. Man erkannte im Gestein die Spuren des
großen Ereignisses, das das Dinosaurier-Zeitalter beendet
hatte: in einer grauen Lehmschicht, die nicht dicker war als ihre
Hand. Es war dies der so genannte Kreidezeit-Tertiär-Grenzlehm,
der sich in den ersten Jahren nach dem Einschlag abgelagert hatte.
Die Schicht war mit Asche gesättigt, die nach einer gewaltigen
Naturkatastrophe ausgefällt worden war.
    Und unter dem Lehm hatte ihre Mutter eines Tages einen Zahn
gefunden.
    »… Joan, das ist nicht nur ein bloßer Zahn. Ich
glaube, das ist ein Purgatorius-Zahn.«
    »Was für ein Ding?«
    Das Gesicht ihrer Mutter, einer großen, stämmigen Frau,
war mit Schweiß und Staub überzogen. »Purgatorius. Ein Säugetier aus der Zeit der Dinosaurier.«
    »Das alles sagt dir dieser eine Zahn?«
    »Sicher. Ich meine, schau ihn dir doch mal an. Das ist ein
präzises Stück Zahntechnik, das Ergebnis von immerhin
hundertfünfzig Millionen Jahren Evolution. Wie du siehst, ist er
vollständig verbunden. Als Säugetier braucht man
spezialisierte Zähne, um die Nahrung schnell abzuscheren, da man
einem schnellen Stoffwechsel Brennstoff zuführen muss. Weil die
Mutter ihre Babys aber säugt, müssen sie nicht schon mit
dem kompletten Gebiss geboren werden; die spezialisierten Zähne
können später nachwachsen. Hast du dich schon einmal
gefragt, weshalb du Milchzähne hattest? Joan, viele Leute werden
sehr daran interessiert sein. Und weißt du auch weshalb?
    Weil es
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