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Evolution

Evolution

Titel: Evolution
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stattfindet, wenn man sich im Umkreis von ein paar
hundert Kilometern befindet…«
    »Ich heiße Bex. Bex Scott.«
    »Bex – für Rebecca?… Scott.« Natürlich. Alison Scott war eine der prominentesten
Teilnehmerinnen der Konferenz – eine medienfreundliche
genetische Programmiererin mit einer Schar wunderschön genetisch
modellierter Töchter. »Bex, der Rauch da draußen
kommt wirklich von Waldbränden. Wir sind nicht in
Gefahr.«
    Bex nickte, aber Joan spürte dennoch die Angst hinter der
altklugen Fassade.
    »Nun«, sagte Joan leichthin, »wenn wir schon in
einem Vulkankessel geröstet werden, sollten wir uns vorher noch
bekannt machen. Mein Name ist Joan Useb. Ich bin
Paläontologin.«
    »Eine Fossilienjägerin?«, fragte Bex keck.
    »Sozusagen. Und diese Dame…«
    »Mein Name ist Alyce Sigurdardottir.« Alyce streckte
eine kleine Hand aus. »Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu
machen, Bex.«
    Bex schaute sie an und sagte: »Tschuldigung, aber Ihre Namen
klingen irgendwie… komisch.«
    Joan zuckte die Achseln. »Useb ist ein San-Name –
das heißt die anglisierte Version. Der eigentliche Name ist ein
richtiger Zungenbrecher. Meine Familie ist tief in Afrika
verwurzelt… sehr tief.«
    »Und ich«, sagte Alyce, »hatte einen amerikanischen
Vater und eine isländische Mutter. Eine Soldatenliebschaft. Ist
eine lange Geschichte.«
    »Wir leben in einer durcheinander gemischten Welt«,
sagte Joan. »Die Menschen sind seit jeher eine Spezies auf
Wanderschaft gewesen. Namen und Gene sind über die ganze Welt
verstreut.«
    Bex schaute Alyce mit einem Stirnrunzeln an. »Ihr Name kommt
mir bekannt vor. Haben Sie was mit Schimpansen zu tun?«
    Alyce nickte. »Ich führe einen Teil von Jane Goodalls
Arbeiten fort.«
    »Alyce entstammt einer langen Linie prominenter
Primaten-Forscherinnen«, sagte Joan. »Ich frage mich schon
die ganze Zeit, weshalb gerade Frauen auf diesem Gebiet so
erfolgreich sind.«
    Alyce lächelte. »Bitte keine Stereotypen, Joan. Aber es
ist schon so, dass Verhaltensstudien an Primaten in freier Wildbahn
eine Jahrzehnte lange Beobachtung erfordern – erforderten
–, weil dieser Zeitraum den Lebenszyklus der Tiere umfasst.
Also muss man sich in Geduld üben und die Fähigkeit zur
Beobachtung besitzen, ohne ins Geschehen einzugreifen. Vielleicht
sind das typisch weibliche Eigenschaften. Oder vielleicht ging es
ihnen auch nur darum, dem von Männern dominierten akademischen
Betrieb zu entfliehen. Der Urwald ist in dieser Hinsicht nämlich
viel zivilisierter.«
    »Trotzdem hat es eine lange Tradition«, sagte Joan.
»Goodall, Birute Galdikas, Dian Fossey…«
    »Ich bin allerdings die Letzte meiner Art.«
    »Wie Ihre Schimpansen«, sagte Bex in schonungsloser
Offenheit und lächelte über das Schweigen der Frauen.
»Sie sind aus den Urwäldern verschwunden, nicht wahr? Durch
die Klimaveränderung ausgelöscht.«
    Alyce schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht. Es war der
Handel mit dem Fleisch der Buschtiere.« Sie erwähnte am
Rande, dass sie zuletzt in Kamerun gearbeitet hätte. Die
Holzfäller waren in den noch unberührten Regenwald
vorgedrungen, und die Jäger waren ihnen gefolgt.
    »War das denn nicht illegal?«, fragte Bex. »Ich
dachte, diese alten Spezies seien alle geschützt.«
    »Natürlich war es illegal. Mit dem Fleisch der
Buschtiere vermochte man aber viel Geld zu verdienen. Die
Eingeborenen hatten immer schon Affen gegessen. Und Gorillafleisch
galt als Delikatesse; wenn der Schwiegervater zu Besuch kam, konnte
man ihm schließlich kein Hühnchen vorsetzen. Mit der
Ankunft der europäischen Holzfäller wurde es aber noch
schlimmer. Das Fleisch von Buschtieren wurde zu einem
Modegericht.«
    Die Schwarze-Loch-Theorie des Artensterbens, sagte Joan sich:
Alles Leben verschwindet irgendwann in den schwarzen Löchern in
den Gesichtern der Menschen. Und was kam als Nächstes? Werden
wir uns weiter durch den großen Baum des Lebens fressen, bis
nichts mehr übrig ist außer uns und den Blaualgen?
    »Aber es gibt doch noch immer Schimpansen und Gorillas in den
Zoos, nicht?«, fragte Bex.
    »Nicht alle Arten haben überlebt«, sagte Alyce.
»Und die Populationen, die wir gerettet haben, zum Beispiel die
gemeinen Schimpansen, vermehren sich in Gefangenschaft nur sehr
zögernd. Sie sind schließlich nicht blöd. Schau: Die
Schimpansen sind unsre nächsten überlebenden Verwandten. In
der Wildnis lebten sie in Familien. Sie benutzten Werkzeuge. Sie
führten sogar Krieg. Kanzi, der
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