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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse
Autoren: Jan Guillou
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Silverhielm verschwunden war.
    Er kannte alle Waldwege genau. Es war kein Problem, Silverhielm den Weg abzuschneiden und zu sehen, in welche Richtung er am Ende gehen würde.
    Er saß auf einer Anhöhe zwischen den beiden hohen Tannen, wo im Herbst die großen Champignons wuchsen, und sah Silverhielm ganz allein auf sich zukommen.
    Hier in der Nähe musste Silverhielm sich für einen Weg entscheiden, und dann war auch klar, welchen er auf dem Rückweg nehmen würde, wenn er es in den üblichen zwei Stunden und zwanzig Minuten schaffen wollte. Silverhielm entschied sich für den östlichen Weg. Also würde er in zehn oder zwölf Minuten um den großen Findling biegen. Das wäre eine hervorragende Stelle.
    Erik nahm eine Abkürzung durch den Wald. Er stand hinter dem Findling und sah Silverhielm näher kommen. Er setzte sich und ging noch einmal den Plan durch, den er sich schon hundertmal überlegt hatte. In der Hand hielt er einen kräftigen Ast.
    Silverhielm sah sich nicht um, als er um den Findling herumging, und war schon drei Meter weiter, als Erik ihn aus seinen Gedanken riss.
    »Jetzt möchte ich nicht in deinen Kleidern stecken, Otto«, sagte Erik.
    Silverhielm fuhr herum und starrte ihn an, dann blickte er sich hastig um.
    »Nein, Otto, es ist kein Mensch in der Nähe. Nur du und ich. Die nächste Straße ist drei Kilometer entfernt. Und die Schule vier.«
    Silverhielm stand ganz still, sagte aber nichts.
    »Du kannst ja versuchen wegzulaufen, Otto. Du bist ziemlich schnell, so schnell, dass du in der Schulmannschaft mitlaufen darfst. Ich werde fast hundert Meter brauchen, um dich einzuholen, wenn du gleich loswetzt. Aber dann wäre es immer noch so weit bis zum nächsten Menschen, dass niemand dein Schreien hören würde.«
    Silverhielm schluckte. Die Sache machte sich.
    »Du spinnst doch . du fliegst von der Schule, wenn du …«
    »Nein, das kann ich dir versprechen, Otto, das werde ich nicht. Die werden dich so schnell nicht finden. Diese Wege hier werden nur im Winter benutzt, wenn die Bauern Holz fahren. Und im Winter, Otto, liegt Schnee. Es kann Jahre dauern, bis du gefunden wirst.«
    Erik erhob sich langsam, genauso langsam wie schon hundertmal in seinen Gedanken, und hob den dicken Ast, den er zu seinen Füßen abgelegt hatte, er trat vor, bis er weniger als einen Meter von Silverhielm entfernt war, und nun konnte er deutlich dessen Zittern und kalten Schweiß sehen.
    Silverhielm fiel auf die Knie, als trügen seine Beine ihn nicht mehr. Es ging alles besser als erwartet.
    »Ich tu alles, wenn du nicht …«
    Silverhielm musste schlucken, ehe er weitersprach. Denn sein Mund war schon wie ausgedörrt. Hervorragend.
    »Du bekommst, was du willst«, sagte Silverhielm. »Zehntausend! Du kriegst schon morgen zehntausend Kronen, das schwöre ich!«
    Erik lachte und es fiel ihm ganz leicht.
    »Zehntausend, Otto! Das bist du deiner Ansicht nach also wert? Pro Kilo kaum mehr als Rinderfilet? Zehntausend …«
    »So viel kann ich in bar auftreiben, aber wenn du wartest … nur ein paar Tage …«
    »Sicher. Und du würdest natürlich nicht im Traum auf die Idee kommen, dieses Versprechen nicht zu halten.«
    »Ich schwöre, sag ich doch. Bei meiner Ehre als Adliger!«
    Jetzt musste Erik sich zum Lachen zwingen.
    »Deine Ehre als Adliger! Und wo war diese Ehre, als ihr Pierre Tanguy so lange gequält habt, bis er es nicht mehr ertragen konnte? Oder als du mich ins Gesicht geschlagen hast, damals, als ich mich nicht wehren durfte?«
    »Aber . du hast wirklich alles getan, um mich zu provozieren. Begreifst du nicht, welche Hölle du mir bereitet hast, reicht dir das nicht, wir sehen uns doch nie wieder, wenn …«
    »Wenn du hier lebend rauskommst, meinst du? Aber hallo würden wir uns wiedersehen, im Büro des Rektors nämlich, und zwar im Nu. Dieser Ring da übrigens, auf dem deine Ehre als Adliger beruht, hat mir fünfzehn Stiche eingebracht. Gib den mal her.«
    Erik nahm den Ast in die linke Hand und streckte die rechte aus, um sich den Ring geben zu lassen. Verzweifelt riss Silverhielm ihn vom Finger und reichte ihn Erik mit sichtbar zitternder Hand. Erik nahm den Ring und betrachtete ihn mit gespielter Neugier.
    »Die Krone über dem Wappen, diese Krone aus kleinen Kugeln, zeigt die, dass du Freiherr bist? Oder vielleicht sogar Baron?«
    »Jaa …«
    »An so einem Teil könnte man dich sofort identifizieren, egal, wie viele Jahre vergangen wären. Eine nackte, stark verweste Leiche, bei der dies und jenes
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