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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse
Autoren: Jan Guillou
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bist.
    Du wirst also nicht von der Schule verwiesen werden. Dagegen werden deine Betragensnoten, sagen wir, etwas eigentümlich wirken.
    Dazu gibt es nicht viel zu sagen, meine ich, den wichtigen Teil der Verhandlungen konnten wir dafür erfolgreich beenden. Was deine dramatischen Kopfnoten für deinen Wunsch bedeuten werden, dich für den Herbst an einem Stockholmer Gymnasium zu bewerben, steht noch nicht fest. Vermutlich werden deine übrigen Noten aber selbst den strengsten Anforderungen genügen. Ich stelle mir vor, wenn ich als dein Anwalt deiner Bewerbung und deinem Zeugnis einen Brief beilege, wird dein Mangelhaft in Betragen allenfalls eine gewisse komische Wirkung haben. Der Rektor der Norra Real, meiner eigenen alten Schule, ist übrigens ein guter Freund von mir.
    Und damit dürfte ich, so will ich hoffen, die Bedingungen für deinen kurzen, aber wichtigen restlichen Verbleib in Stjärnsberg klar genug zum Ausdruck gebracht zu haben. Die mehr persönliche Diskussion über diese Angelegenheit, auf die ich mich wirklich freue, sollten wir wohl besser unter vier Augen führen.
    Die noch vorhandenen Mittel in dem Fonds, den ich für deine Ausbildung verwalte, werden nach Ende dieses Schuljahrs ungefähr 8700 Kronen betragen. Wie diese Summe am besten zu verwenden ist, werden wir besprechen, wenn wir uns hier in Stockholm treffen. Ein kürzerer Studienaufenthalt in einem anderen Land könnte durchaus eine gute Idee sein.
    Mit den besten Grüßen Henning S. Ekengren Mitglied der Schwedischen Anwaltskammer Erik las diesen Brief immer wieder. So war das also gelaufen. Der Diebstahl des Briefes war ein Vergehen gewesen. Aber das war offenbar nicht das Wichtigste. Ein Prozess gegen die Schule würde einen Skandal bedeuten. Es war also nicht das Gesetz, das richtige Gesetz, das stärker war als Stjärnsbergs Gesetz, sondern etwas anderes.
    Blieb das Risiko, nach einem Verstoß gegen § 13 gefeuert zu werden. Aber hatte der Rat das wirklich kapiert? Der Rektor hatte sich mit dem Rat »in dieser Hinsicht« wohl kaum ausführlich besprochen.
    Aber schon in zehn Tagen war Abitur und Silverhielm schien nun doch ungeschoren davonzukommen: »Er führte außerdem noch etliche andere Punkte an, bei denen es generell um den Verdacht der Misshandlung von Mitgliedern des schuleigenen Vertrauensrates ging. In dieser Hinsicht war die Beweislage jedoch offenbar so, dass eine Bestrafung nicht infrage kam. Ich möchte dich aber unbedingt auf diesen Umstand aufmerksam machen …«
    Silverhielm, der sich offenbar darum sorgte, dass sein Notendurchschnitt nicht für eine Bewerbung an eine der besten Universitäten ausreichen könnte, machte nun öfter lange Spaziergänge. Erik hatte ihn über den Waldweg gehen sehen, der zu dem Gestrüpp führte, wo im vorigen Frühling die Auerhähne gebalzt hatten. Er war erst nach zwei Stunden und zwanzig Minuten zurückgekehrt. Zweimal hatte Erik ihn in diese Richtung verschwinden sehen, und beide Male hatte es bis zu Silverhielms Rückkehr ungefähr zwei Stunden und zwanzig Minuten gedauert.
    Doch erst musste er etwas noch Wichtigeres erledigen. Erik sprach auf dem Weg zum Kiosk eines der finnischen Dienstmädchen an und erklärte ihr, dass ihm Marjas Brief weggenommen worden sei, weshalb er ihre Adresse nicht mehr habe. Schon am nächsten Tag wurde ihm im Speisesaal (er hob gerade die Edelstahlschüssel für einen Nachschlag) ein Zettel in die Hand gedrückt. Darauf stand ihre Adresse.
    Er fing an, endlose Briefe zu schreiben, die er mit dem Fahrrad zum Briefkasten an der Hauptstraße brachte. Auf den Briefkasten in der Schule war ja kein Verlass.
    Dann saß er lange mit der topografischen Karte der Umgebung der Schule im Arrest. Pierre und er hatten alle ihre Vogelbeobachtungen dort eingezeichnet.
    Wenn Silverhielm über diesen Waldweg zum Auerhahngebüsch ging … und nach zwei Stunden und zwanzig Minuten zurückkam . dann war er vermutlich auf den östlichen Weg hinter dem leer stehenden Schuppen mitten im Wald abgebogen . war dann hier herausgekommen . und dort weitergegangen Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Wenn Silverhielm das nächste Mal losging, sollte es geschehen.
    Es geschah genau eine Woche vor dem Abitur.
    Silverhielm hatte den Blick zu Boden gesenkt und ging, ohne sich umzusehen, in die gewohnte Richtung.
    Erik ging auf sein Zimmer, zog einen Trainingsanzug und Laufschuhe an und lief los, als wolle er eine Trainingsrunde drehen, in eine ganz andere Richtung als die, in der
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