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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung
Autoren: Claudia Gray
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diejenige, die verzweifelt hoffte, ihren Bruder zurückzubekommen; er jedoch brauchte sie nun nicht mehr. »Du stehst auf der falschen Seite«, schrie sie. Balthazar rührte sich noch immer nicht. Charity schauderte, und ich glaubte, sie wäre kurz davor zu weinen. Sie taumelte zum Fenster, öffnete es mit einem Ruck und flüsterte: »Ich hatte wirklich geglaubt, du würdest mitkommen.«
    Balthazar ignorierte sie und rannte auf den Flur. Charity warf sich aus dem Fenster, und ich holte entsetzt Luft, bis mir dämmerte, wie dumm das war. Charity war diejenige, die von uns allen am ehesten in Sicherheit war. Wir befanden uns zwar viele Stockwerke über dem Boden, aber ein tiefer Fall konnte einem Unsterblichen nichts anhaben.
    »Wie sollen wir nur alle hier rausbringen?«, fragte ich.
    »Selbst wir müssen die staatlichen Auflagen erfüllen.« Mrs. Bethany rannte durch den Gang und tat etwas so Banales, dass ich niemals darauf gekommen wäre: Sie löste den Feueralarm aus. Sofort heulte eine Sirene los, und da die Steinmauern den Ton zurückwarfen, war der Lärm ohrenbetäubend. Ich zog eine Grimasse und hielt mir die Ohren zu.
    »Geh zum Schlaftrakt der Mädchen!«, rief mir Balthazar über das Getöse hinweg zu. Er stand am anderen Ende des Flures, beinahe außer Sichtweite. »Ich helfe den Leuten hier!«
    Mrs. Bethany stürmte bereits die Treppe hinab. Obwohl sie nicht bewaffnet war, wollte ich nicht die erste Jägerin des Schwarzen Kreuzes sein, die ihr in die Arme lief.
    Aber was, wenn der erste Jäger Lucas war?
    Ich rannte hinter Mrs. Bethany her, aber ich schaffte es nicht so schnell nach unten wie sie. Auf den unregelmäßigen Steinstufen geriet ich ins Stolpern, und ich war einer Panik nah. Alle sind in Gefahr. Einfach alle. Lucas. Balthazar. Mom. Dad. Raquel. Ranulf. Dana. Vic. Was ich empfand, ging über bloße Angst hinaus. Es war der ursprüngliche, drängende Trieb, zu überleben und andere zu retten - zu kämpfen und zu fliehen -, aber gegen wen sollte ich kämpfen?
    Jemand schrie, und dann waren ein Knirschen und ein dumpfer Schlag zu hören. Ich rannte die Treppe hinunter und sah die zusammengekrümmte Gestalt eines Mannes auf dem Fußboden; er hielt noch immer einen Pflock in einer seiner Hände. Blut war an die Wand hinter ihm gespritzt, und Mrs. Bethany stand dort und begutachtete zufrieden ihr Werk - aber nur für einen Augenblick. Dann stürzte sie sich ins Getümmel.
    Ich glaubte, einen Mann von der Einheit des Schwarzen Kreuzes in Amherst erkannt zu haben, aber ich war nicht ganz sicher. Sein Gesicht war voller Blut. Das Gebrüll rings um uns herum wurde immer lauter, und ich konnte mehr und mehr Schritte auf der Treppe hören, als die Schüler zu fliehen begannen. Ich rannte hinter Mrs. Bethany her …
    … in die Schlacht hinein.
    Im Hauptgang vor den Klassenräumen wimmelte es von Jägern des Schwarzen Kreuzes. Ich entdeckte den kleinen Mr. Watanabe mit einer Armbrust im Anschlag und Kate im Nahkampf mit Professor Iwerebon auf dem Flur. Neben mir wich Mrs. Bethany geschickt einem Pfeil aus, wirbelte herum und rammte einem Jäger ihre Faust in die Kehle. Er stolperte zurück und würgte, aber schon hatte sie nachgesetzt, seinen Kopf in den Schwitzkasten genommen und mit einem Ruck umgedreht. Ich hörte ein entsetzliches Knacken, kurz bevor er schlaff zu Boden sank. Sofort wirbelte Mrs. Bethany herum und stellte sich dem nächsten Jäger vom Schwarzen Kreuz, dem sie die Beine wegtrat, um sich seine Armbrust zu schnappen. Während er stürzte, erschoss sie ihn mit seiner eigenen Waffe. Zwei Tote in zehn Sekunden - und sie war noch immer dabei, noch immer am Kämpfen, während ich nur mit ungläubigem Schrecken zusehen konnte.
    »Bianca!« Das war Dana, die mich von etwas weiter unten im Flur rief. »Zur Hölle, verschwinde von hier!«
    »Weg!« Das war meine Mutter, die sich vor Dana aufbaute. »Süße, weg!« Sie und Dana sahen einander eine Sekunde lang verwirrt an, dann aber warf sich Mom auf Dana und brachte sie zu Fall.
    Ich rannte. Jemand musste dem Ganzen hier ein Ende machen, aber ich vermochte es nicht. Ich wusste einfach nicht wie. Wenn ich nur Lucas finden würde; er wüsste sicherlich, was zu tun wäre. Bestimmt würde er das Schwarze Kreuz zum Rückzug bewegen können. Aber wo steckte er?
    »Alle nach draußen!« Das war Balthazar. Ich drehte mich um und sah ihn, wie er die Schüler die Treppe hinabscheuchte, und mein Blick fiel kurz auf Vic in Boxershorts und Unterhemd, der
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