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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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selbstverständlich Englisch und natürlich seine Muttersprache Thai», fuhr Doc-Doc fort. «Somit konnte dieser Leser sich nur einen oberflächlichen Eindruck verschaffen. Der allerdings war höchst interessant. Einer der Archäologen drüben in Stralsund, ein Dr.   …» Der Direktor hob den Blick zur Decke und klickte sich in seinen BB ein. «Ja, da ist er. Ein Dr.   Beyer. Spezialist für das Zeitalter Dark Winter. Er hat sich den Inhalt gründlicher angeschaut, fühlte sich aber nicht kompetent genug, um dessen Bedeutung zu beurteilen.»
    «Warum das?», fragte Finn. «Dieser Übersetzer kennt Dr.   Beyer. Er ist einer der führenden Experten für den Dark Winter.»
    «Aber eben leider kein Fachmann für die Alltagskultur um die Jahrtausendwende. Das Dokument, das wir heute für Sie haben, stammt von einem Teenager aus dem Jahr 2003.»
    «Oh.» Finn spürte, wie Enttäuschung in ihm aufstieg. Ein Dokument von einem
Teenager
? Das war ganz sicher kein Millennium-Mirakel.
    «Sie scheinen enttäuscht», sagte der Direktor. «Haben Sie sich Hoffnungen auf ein Millennium-Mirakel gemacht?»
    Finn lachte verblüfft auf. Der Direktor war berüchtigt für seine genialische Intuition.
    Sriwanichpoom lachte mit. «Sie sind ehrgeizig, Finn Nordstrom. Das ist gut. Wie wir von den Kollegen unten im Archiv für die toten Sprachen hören, sind Sie Spezialist für das frühe einundzwanzigste Jahrhundert und verfügen über ein ausgezeichnetes Gespür für deutsche und englischeUmgangssprache. Beides werden Sie für dieses Projekt benötigen.
    «Dieser Übersetzer ist dankbar für die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen.»
    Der Direktor stand auf. «Ich will Ihnen zeigen, was wir für Sie vorbereitet haben. Wir haben eine Tru-Copy des Dokuments angefertigt. Ihr Historiker arbeitet ja bekanntlich lieber mit Hard-Docs als mit digitalen B B-Dateien . Ist im Übrigen sehr vernünftig, wenn es um Handschriften geht.»
    «Befand sich in dem Koffer denn nur
ein
Dokument?»
    «Es steht diesem Direktor nicht zu, Ihnen das mitzuteilen», erwiderte Sriwanichpoom kühl, beinahe herablassend.
    Das war keineswegs üblich. Die Bankgeschäftsberichte hatte er zwar einzeln und chronologisch erhalten, aber man hatte ihn vorab über Dauer und Umfang des Projektes in Kenntnis gesetzt.
    Der Bibliotheksdirektor hielt Finns Blick ganze Momente lang stand. Es waren kalte, fast bedrohliche Augen. Und Finn hatte das seltsame Gefühl, dass der Direktor ihn an irgendwen erinnerte. Aber an wen?
    Dr.   Rirkrit Sriwanichpoom drehte sich abrupt um, ging zu einer Wand und nickte knapp. Die Wand glitt auf, und dahinter kam ein Bücherregal zum Vorschein. Er nahm ein Buch heraus.
    Der glänzende Kunststoffumschlag   – Vinyl wahrscheinlich – war pink. Sehr pink. Grellpink. Sie hatten diese Farbe früher Hotpink genannt. Oder Neonpink. Er war mit winzigen roten Herzen bedruckt. Mit Herzen und Blumen und Schmetterlingen. Ein nicht besonders robust aussehendes Schloss war daran angebracht, und im Schlüssellochsteckte ein kleiner goldener Schlüssel an einem pinkfarbenen Seidenbändchen. Finn schaute Dr.   Dr.   Rirkrit Sriwanichpoom ratlos an. «Was ist das?», fragte er.
    «Das ist ein Tagebuch», sagte der Direktor. «Handgeschrieben, natürlich.»
    «Ein Tagebuch?», wiederholte Finn erstaunt.
    Finn hatte schon einige alte Tagebücher gesehen. Aber keines hatte so ausgesehen wie das da. Die meisten waren geschmackvoll, in Leder oder Leinen gebunden. Bei manchen standen die Wörter Moleskine ® oder Filofax ® auf dem Deckel oder dem Buchrücken. Doch dann fiel ihm ein, dass er mal das Tagebuch einer gewissen Anne Frank gesehen hatte. Das hatte auch so ein Schloss mit Schlüssel gehabt. Die Originaltagebücher des Holocaustopfers waren leider allesamt im Dark Winter verlorengegangen, aber zwei Reproduktionen ihres weiß-rot-grün karierten Tagebuchs, die Kunsthandwerker 2002 angefertigt hatten, waren in den Ruinen von Amsterdam geborgen worden. Sie befanden sich nun im Bestand der Europäischen Bibliothek.
    «Wer ist der Autor?», fragte Finn.
    «Das wissen wir nicht. Manche Einträge sind mit dem Buchstaben ‹E› unterschrieben. Man nimmt an, es handelt sich um ein Mädchen.»
    «Ein Mädchen?»
    «Ja, ein Mädchen. Dreizehn Jahre alt, meinte Dr   … . äh   …»
    «Beyer?»
    «Ja. Das Tagebuch beginnt offenbar am dreizehnten Geburtstag des Kindes.»
    Das Tagebuch eines dreizehnjährigen Mädchens aus dem frühen einundzwanzigsten
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