Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
Autoren: Anna Carey
Vom Netzwerk:
abrasiert, sie hatte zehn Kilo abgenommen und ihre Schulter blutete – doch sie war am Leben.
    »Du hast es geschafft«, sagte ich und drückte sie fester an mich.
    »Ja«, brachte sie heraus, ihre Tränen durchnässten mein Hemd. »Ich hab es geschafft.«

DREI
    An diesem Abend nahm ich Arden mit in Maeves Haus. Das schmale zweistöckige Gebäude war mit sechs weiteren verbunden, die ganze Reihe schmiegte sich an den Abhang. Da sich Unterkünfte einfacher verbergen ließen, wenn sie verteilt lagen, war von den sechs Häusern nur ihres bewohnt. Die Wände waren an vielen Stellen ausgebessert, der Boden ein Mosaik aus unterschiedlichen Fliesen. Arden und ich waren in einem kleinen Schlafzimmer im ersten Stock, im Laternenlicht schimmerte unsere Haut rosig. Maeve schlief nebenan, neben ihr Lilac.
    Arden zog ihr langes schwarzes Hemd aus, stellte sich im Unterhemd vor die Kommode und presste ein feuchtes Handtuch auf ihr Gesicht und ihren Hals. »Als ich hier ankam und du warst nicht da, habe ich schon das Schlimmste befürchtet«, sagte ich gegen das Etagenbett gelehnt, in dem ich schlief. Die Blümchentapete des Zimmers löste sich an mehreren Stellen, einige Bahnen waren mit Reißzwecken festgesteckt. »Ich dachte, die Soldaten hätten dich gefunden. Du würdest irgendwo festgehalten, gefoltert oder …« Ich hielt inne, ich wollte nicht weiterreden.
    Arden bearbeitete ihre Haut mit dem Handtuch und rieb die Schmutzflecken von den Armen. Im Licht der Laterne konnte ich jeden ihrer Wirbel erkennen, sie ähnelten unter ihrer Haut kleinen Kieseln. Ich erinnerte mich an den Tag, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, damals, als wir uns hinter dem Schuppen versteckt hatten. Ihre Wangen waren voll gewesen, ihre Augen wachsam. Nun war sie so mager, dass ihre Schulterblätter herausstanden. Ihre Kopfhaut war voller frischer Schorfstellen.
    »Sie haben mich nie gekriegt«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Sie betrachtete sich in dem zersprungenen Spiegel, der ihr Spiegelbild in zwei Teile schnitt. »An dem Tag, als ich dich bei Marjories und Otis’ Haus verließ, verfolgten mich die Soldaten durch den Wald. Als ich den Stadtrand erreichte, hatte ich sie abgehängt, doch ich konnte mich nirgendwo verstecken. Ich fand diese Metallklappe auf der Straße, einen Gulli, und stieg hinunter. Ich folgte einfach den Tunneln, watete durch den Abwasserschlamm und wartete darauf, dass sie mich dort aufspüren würden. Aber sie fanden mich nicht.«
    Der Riesenhund lag mit dem Kinn auf dem Boden zu ihren Füßen. Ich ließ ihn nicht aus den Augen, denn ich hatte noch die Warnungen aus der Schule im Kopf, dass Menschen von Rudeln wilder streunender Hunde zerfleischt worden waren. »Wo hast du ihn gefunden?«, fragte ich und deutete mit einem Kopfnicken auf das Tier, dessen Kopf fast so groß war wie meiner.
    »Sie hat mich gefunden«, lachte Arden und legte das Handtuch weg. »Ich habe ein Eichhörnchen gebraten. Vermutlich hat sie ihr Rudel verloren und hatte Hunger. Ich gab ihr also etwas zu fressen. Da fing sie an, mir hinterherzulaufen.« Sie kniete sich auf den Boden und umfasste den Kopf des Hundes. »Du darfst Heddy nicht nach ihrem Aussehen beurteilen – sie ist wirklich lieb. Stimmt’s, altes Mädchen?«
    Als Arden lächelnd zu mir hochsah, bemerkte ich eine dicke rote Wunde von ihrem Schlüsselbein zu ihrer rechten Brust hinunter. An manchen Stellen blutete sie noch leicht. Schon der Anblick ließ mich zusammenzucken. »Du bist ja verletzt«, sagte ich und stand auf, um mir die Wunde genauer anzusehen. »Was ist passiert? Wer hat dir das angetan?« Ich fasste sie an der Schulter und drehte sie ins Licht.
    Arden schlug meine Hand weg. Sie fischte das Handtuch aus dem Waschbecken und legte es auf ihren Hals. »Ich will nicht darüber reden. Jetzt bin ich hier und es fehlt mir weder ein Arm noch ein Auge. Belassen wir es dabei.«
    »Nein, das tun wir nicht«, erwiderte ich, doch Arden kletterte schon in das untere Bett. Sie warf sich neben Lilacs alte Puppen. Die meisten waren nackt, ihre Haare nach jahrelanger Vernachlässigung verfilzt. »Arden«, sagte ich noch einmal bittend. »Was ist passiert?« Die Hündin folgte mir zur Leiter und fiepte, als sie unentschlossen vor dem Bett stehen blieb.
    Arden seufzte. »Das willst du nicht wissen.« Sie presste das feuchte Handtuch auf ihren Oberkörper und wollte mich loswerden, doch ich rührte mich nicht.
    »Erzähl es mir.«
    Sie drehte sich zu mir, im Schimmer der Laterne sahen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher