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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
Autoren: Anna Carey
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können wir nicht zulassen.« Sie lief die Reihe der Frauen ab und drückte jeder die Schultern in die richtige Position, um sie auf ihr Ziel auszurichten.
    Ich sah über den Gewehrlauf auf die Brücke und das graue Meer und versuchte, nicht weiter über Maeves Ausführungen nachzudenken. Sie hatte nicht erwähnt, was mit mir passieren würde. Vielmehr hatte ihre Feststellung etwas Anklagendes – als hätte ich die Soldaten persönlich eingeladen.
    Ich lauschte auf Harriets Atem. Wir beobachteten weiter die Gestalten, die über die Brücke kamen. Aus dieser Entfernung konnte ich nur zwei dunkle Umrisse erkennen – einer kleiner als der andere – die sich zwischen den ausgebrannten Autos hindurchschlängelten. Nach einer Weile legte Isis den Feldstecher weg.
    »Er hat einen Hund dabei«, sagte sie. »Einen Rottweiler.«
    Maeve nahm das Fernglas. »Haltet die Gewehre im Anschlag und zögert nicht, beim ersten Übergriff zu schießen.« Die zwei Gestalten kamen näher. Der Mann ging gebeugt, sein schwarzes Hemd tarnte ihn auf dem verkohlten Asphalt.
    »Er trägt keine Uniform.« Quinn lockerte den Griff um das Gewehr.
    Maeve hielt das Fernglas vors Gesicht. »Das hat nichts zu bedeuten. Wir haben sie früher auch schon ohne Uniform gesehen.« Ich musterte die Gestalt und suchte nach Ähnlichkeiten mit Caleb.
    Als er nur noch zweihundert Meter entfernt war, blieb er neben einem Auto stehen, um sich auszuruhen. Er spähte forschend zum Hügel hinauf und suchte wahrscheinlich nach einem Lebenszeichen. Wir duckten uns noch tiefer hinter den Felsvorsprung, doch der Mann wandte seinen Blick nicht ab. »Er sieht uns«, zischte Harriet, die Wange gegen den Stein gepresst. Der Mann griff in seinen Rucksack und zog etwas heraus.
    »Ist das eine Waffe?«, fragte Isis.
    »Das kann ich nicht erkennen«, erwiderte Maeve. Isis legte den Finger auf den Abzug.
    Der Mann kam näher, er wirkte plötzlich entschlossen, Quinn richtete das Gewehr auf ihn. »Stehen bleiben!«, schrie sie ihm entgegen, dabei hielt sie sich so tief hinter dem Vorsprung, dass er sie nicht sehen konnte. »Keinen Schritt weiter!« Doch nun rannte der Mann. Der Hund hielt sich neben ihm, sein schwerer schwarzer Körper keuchte vor Anstrengung.
    Maeve rutschte vorsichtig nach vorn und flüsterte Quinn etwas ins Ohr. »Lass ihn nicht von der Brücke. Egal, was passiert.«
    Ihre Augen verrieten nicht, was sie dachte. An dem Tag, als ich mit Caleb über die Brücke kam, waren wir unsäglich müde gewesen, die vergangenen Wochen lasteten auf uns und machten jeden Schritt zur Qual. Calebs Hosenbein war von der Stichwunde blutdurchtränkt gewesen, der Stoff an den Stellen, wo das Blut bereits getrocknet war, steif und zerknittert. Maeve hatte mit demselben harten Gesichtsausdruck am Eingang nach Califia gestanden und einen Pfeil auf meinen Oberkörper gerichtet. Ganz gleich, welche Bedrohung der Mann darstellte, in diesem Augenblick bestand seine Schuld bloß darin, dass er sich zu weit vorgewagt hatte – weiter nichts. Ich nahm Maeve den Feldstecher aus den Händen.
    Der Mann näherte sich zügig dem Ende der Brücke. »Keinen Schritt weiter!«, brüllte Quinn erneut. »Stehen bleiben!«
    Ich hielt das Fernglas ruhig, um ihn besser sehen zu können. Plötzlich blickte er für einen Augenblick auf. Sein Gesicht hatte mit den tief liegenden Augen und den eingefallenen Wangen etwas Leichenhaftes. Seine Lippen waren nach Tagen ohne Wasser grau und aufgesprungen, der Kopf war kahlrasiert. Doch irgendetwas kam mir vertraut vor.
    Ich sah auf Quinns Gewehr und dann auf die Gestalt, die auf das Ende der Brücke zurannte und dabei umgestürzten Autos und verkohlten Trümmerbergen auswich. »Nicht schießen!«, brüllte ich.
    Ich lief den Berg hinunter, das dichte Gebüsch zerkratzte meine Beine. Ich ignorierte Maeves Rufe hinter mir. Stattdessen klemmte ich mir das Gewehr unter den Arm und behielt die Gestalt im Blick, während ich auf sie zurannte. »Arden«, flüsterte ich mit einem Kloß im Hals. Sie war stehen geblieben, einen Arm auf die Kühlerhaube eines Lasters gestützt, stand sie vornübergebeugt und rang nach Luft. Sie sah mich an und lächelte, Tränen liefen ihr über die Wangen. »Du bist hier.«
    Der Hund wollte sich auf mich stürzen, doch Arden hielt ihn zurück und flüsterte ihm etwas Beruhigendes ins Ohr. Ich rannte auf sie zu und blieb erst stehen, als wir uns gegenüberstanden. Ich schlang fest die Arme um ihren zerbrechlichen Körper. Ihre Haare waren
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