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Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme

Titel: Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme
Autoren: Francesca Melandri
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Zum anderen sind da die Orte, an denen wir leben, zwischen denen wir uns bewegen, Orte, an denen wir körperlich anwesend sind und die aus Straßen und Häusern bestehen, aber auch aus Bäumen und Horizonten, aus verschiedenen Temperaturen, hohem oder niedrigem Luftdruck, der Geschwindigkeit, mit der ein Fluss fließt, Höhenlinien, kurz: unsere Geografie.
    In jedem Augenblick und an jedem Ort schneiden sich diese beiden Bahnen, über die zum Teil unser Schicksal, zum Teil aber auch unser freier Wille entscheidet, wie in einem kosmischen Koordinatensystem in einem Punkt. Und all diese Punkte fügen sich zu einer Linie, einer Kurve, mit einer manchmal sogar, wenn wir Glück haben, klaren Entwicklung, die vielleicht nicht harmonisch, aber doch deutlich auszumachen ist.
    Das ist die Gestalt unseres Lebens.
    An einem Frühlingsmorgen im Jahr 1998 wurden infolge des Schengener Abkommens im Beisein hochrangiger Vertreter der italienischen und der österreichischen Regierungen die Schlagbäume am Brenner entfernt. Damit war die sichtbare Grenze zwischen Südtirol und seinem verlorenen Mutterland gefallen.
    Schade nur, dass dieses Ereignis, von dem man achtzig Jahre lang geträumt, das man herbeizubomben versucht und mit Militärgewalt verhindert hatte, mittlerweile in der von der Globalisierung durcheinandergerüttelten Welt kaum noch Bedeutung hatte. Wollte sich die Geschichte einen Spaß erlauben, war das Datum gut getroffen: der 1. April.
    Eva hat einen Entschluss gefasst. Sollte es eine weitere Volkszählung geben, wird sie in der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung unter »Volksgruppe« CHINESIN angeben.
    Schließlich ist ihre Mutter in Schanghai zur Welt gekommen.

Einige Bemerkungen
    In den objektiven Grenzen eines frei erfundenen Romans habe ich versucht, mich so getreu wie möglich an die historischen Fakten zu halten. Insbesondere die Episode mit der Razzia zeichnet die Ereignisse nach, wie sie sich nach Augenzeugenberichten im September 1964 in Montassilone/Tesselberg (Pustertal) zutrugen. Von dem Offizier der Alpini, der »alle zu erschießen« befahl, sowie der Tatsache, dass dieser Befehl zu einer umfassenden Strategie gehörte, berichtete 1991 in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Repubblica der pensionierte General Giancarlo Giudici: Er selbst war damals der junge Tenente Colonnello, der die Operation leitete – und sich dem B efehl widersetzte.
    Die Kapitel zu Silvius Magnago basieren zum großen Teil auf dem hervorragenden Buch von Hans Karl Peterlini: Silvius Magnago. Das Vermächtnis. Bekenntnisse einer politischen Legende (Edition Raetia, 2007).
    Für den Handlungsverlauf schien es mir vorteilhaft, so zu tun, als sei im Jahr 1973 die von Umberto von Savoyen erlassene Ver ordnung zu »akzeptablen« Eheschließungen von Carabinieri noch in Kraft gewesen. Tatsächlich aber wurde sie 1971 abgeschafft. Ebenso habe ich Minas Rückkehr ins Fernsehen nach der Geburt ihres Kindes um ein Jahr auf 1963 vorgezogen.
    Schließlich noch eine Bemerkung zu den Begriffen »Alto Adige«, »Südtirol« und ihren Ableitungen. Eben weil es bei dem Thema auch um die Streitfrage geht, wie die Provinz genannt werden sollte oder durfte, wurden die Begriffe jeweils bewusst gewählt und nur in seltenen Fällen neutral verwendet. Im Allgemeinen bin ich der Linie gefolgt, dass es »Alto Adige« heißt, wenn die Situation vom italienischen Standpunkt aus, »Südtirol«, wenn sie vom deutschen Standpunkt aus betrachtet wird, und dass mit »Altoatesini« die italienischsprachigen und mit »Südtirolern« die deutschsprachigen Bewohner der Provinz gemeint sind. Doch natürlich gibt es im Sprachgebrauch viele Ausnahmen von dieser Regel. Deswegen habe ich auch im Roman immer wieder die Karten etwas anders gemischt.
    Sollte das hin und wieder beim Lesen für Verwirrung sorgen, kann ich nur sagen: Herzlich willkommen in Alto Adige/Südtirol.

Danksagungen
    Ohne meine Mutter würde es dieses Buch nicht geben. Seit den sechziger Jahren wohnten wir im Sommer immer in Alto Adige/Südtirol, und so konnte ich von ihr das Interesse – und die Bewunderung – für eine Gegend und seine Bewohner lernen, von der, heute wie damals, viele Italiener nur die landschaftlichen Vorzüge kennen, ohne etwas über ihre Geschichte zu wissen.
    Darüber hinaus möchte ich einer ganzen Reihe von Carabinieri danken – pensioniert oder noch im Dienst, Veteranen im Kampf gegen den Terrorismus in Alto Adige oder von Friedenseinsätzen im
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